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Das Leben, das uns bleibt (German Edition)

Das Leben, das uns bleibt (German Edition)

Titel: Das Leben, das uns bleibt (German Edition)
Autoren: Susan Beth Pfeffer
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wo immer wir etwas zu essen finden und Menschen und Arbeit. Wenn nötig, wenden wir uns dann nach Süden. Es wird nicht leicht sein, das alles hier zu verlassen. Für mich wird es das Schwerste sein, was ich je tun musste. Und für dich wird es noch schwerer sein, weil du Julie hier zurücklassen musst. Aber wir können hier nicht bleiben. Das Haus stürzt sonst über uns ein. Es bricht zusammen, Alex, aber du musst mir glauben, dass die Welt immer noch da ist. Das Haus ist weg und Howell vielleicht auch, aber es gibt immer noch eine Welt, in der man leben kann, eine Welt, die uns braucht. Wir sind eine Familie, Alex. Du gehörst zu uns, und das wird auch so bleiben, genauso wie Julie und Charlie zu uns gehört haben und Mrs Nesbitt.«
    Vor vier Tagen hatte Mom noch Angst, auch nur vor die Tür zu treten, weil sie befürchtete, ihre Welt würde dann zusammenbrechen und alles, was sie liebte, wäre verloren. Und jetzt ist Mom diejenige, die uns allen erklärt, dass wir morgen fortgehe n müssen.
    Alex wird mit uns kommen. Er will es vielleicht nicht, aber er wird es tun, weil ich es ihm sage und weil er mich liebt. Außerdem muss er Carlos erzählen, was passiert ist. Carlos hat schließlich auch eine Schwester verloren.
    Irgendwann wird der Augenblick kommen, vielleicht schon morgen, vielleicht erst in einer Woche, wo Alex mich nach dem Messbuch fragen wird. Ob ich es gefunden habe. Ob ich es mitgenommen habe. Das ist es, was mir jetzt ständig im Kopf herumgeht: Alex, der mich nach dem Buch fragt, nach dem Umschlag, nach den Passierscheinen, nach den Tabletten.
    Ich könnte ihn belügen. Ich könnte sagen, ich hätte es nie gefunden. Wir würden unser Leben führen, nicht das mit Julie, aber irgendeine Art von Leben, das sich auf Familie, Liebe und Lügen gründet.
    Oder ich könnte ihm einen Teil der Wahrheit sagen. Ich könnte ihm den Umschlag zurückgeben und ihn bitten, Lisa, Gabriel und Jon die Passierscheine zu überlassen. Das waren die Menschen, die Julie, nach ihm und Carlos, am meisten geliebt hat. Julie wäre froh, sie in Sicherheit zu wissen. Sie hätte ihnen dieses Geschenk gemacht, wenn sie noch könnte.
    Aber Alex würde mit Sicherheit sofort merken, dass nur noch vier Tabletten übrig waren. »Ich hab zwei davon genommen, in der Nacht nach Julies Tod«, könnte ich sagen. »Charlie war gestorben und dann Julie, mein Zuhause war zerstört. Und ich dachte, dich hätte ich auch verloren. Ich konnte einfach nicht schlafen, deshalb hab ich sie genommen.«
    Zunächst würde er mir vielleicht glauben, weil er es mir glauben wollte. Und vielleicht hätte er bis dahin auch noch nicht begriffen, in welchem Zustand Julie sich befunden hatte, und dass der Moment, den er so gefürchtet hat, gekommen war – der Moment, wo ihr Tod dem Leben vorzuziehen war.
    Aber ich kenne Alex, wie man nur jemanden kennen kann, den man liebt. Er würde mich immer wieder nach Julies letzten Momenten fragen. Wie sah sie aus? Was hat sie gesagt? Hatte sie ihren Frieden mit Gott gemacht?
    Und irgendwann würde ich mich verplappern. Oder ich wäre seine Fragen so leid, dass ich ihm die Wahrheit einfach ins Gesicht schleudern würde. Sollte er es doch endlich erfahren!
    Vielleicht wäre es mir aber auch ein Bedürfnis, ihm davon zu erzählen, ihm alles zu gestehen, denn erst wenn er mir verzieh, konnte ich mir auch selbst verzeihen.
    Aber es kann natürlich auch sein, dass er mir niemals verzeihen wird. Nicht weil ich Julie getötet habe. Das hätte er selbst auch getan. Aber weil ich nicht darauf vertraut habe, dass er zurückkommen würde, dass er sich seiner Verantwortung stellen und seine eigene Verdammnis in Kauf nehmen würde.
    Ich werde es ihm erst sagen, wenn Jon, Lisa und Gabriel in Sicherheit sind. Bis dahin muss ich es eben noch aushalten. Wir gehen zusammen los, als eine Familie, quer durch Pennsylvania und dann runter nach Süden, nach Tennessee. Es wird Monate dauern, aber wir sind stark, jeder von uns, und wir haben einen Grund zu leben. Wenn Alex mich zwischen hier und McKinley fragt, ob ich ihn heiraten will, werde ich Nein sagen. Ich werde sagen, dass Julies Tod noch nicht lange genug zurückliegt, dass wir beide noch nicht so weit sind, dass ich ihn erst heirate, wenn er in Texas bei Carlos war und ihm alles erzählt hat.
    Vielleicht hat Alex bis dahin auch längst erraten, was passiert ist, und ist erleichtert, wenn ich es endlich zugebe. Vielleicht ist seine Liebe zu mir groß genug, um mir zu verzeihen. Aber
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