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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery
Autoren: Phil Rickman
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genug sind.
    Aber das ließ Siân unausgesprochen. Merrily saß im Kerzenlicht, und die Bilder der letzten Jahre umgaben sie wie heller Rauch – Ängste, Sorgen, Hoffnungen, Freuden. Es waren die verwirrendsten, aber auch die anregendsten Jahre ihres Lebens gewesen.
    War es das? Waren das die ersten Anzeichen des Endes, an einem kühlen Aprilabend?
    Siân Callaghan-Clarke verschränkte ihre langen Hände auf dem Tisch und beugte sich vor.
    «Wir haben heute Abend versucht zu klären, was wir unter dem Begriff ‹Spirituelle Grenzfragen› verstehen und mit welcher Vielzahl von Zuständen wir es dabei zu tun haben – von vermeintlichen Geistern und Poltergeistern über vermeintliche Flüche bis zu Besessenheit und sogenannten psychischen Anfällen. Wir haben die Fälle betrachtet, mit denen Merrily es Tag für Tag zu tun hat: mit den Verblendeten, den Gestörten, den pathologischen Lügnern –»
    «Nicht zu vergessen diejenigen, die das Gebet oder das verständnisvolle Gespräch suchen. Und diejenigen, die anscheinend von echten … Eindringlingen betroffen sind», sagte Merrily.
    «Anscheinend.» Nigel Saltash lächelte.
    «So schien es jedenfalls mir. Und zu dieser Einschätzung bin ich nicht so ohne weiteres gekommen.»
    «Der Punkt ist», sagte Siân, «dass die Entscheidung darüber, wer sich etwas einbildet und wer – egal, wie gering die Wahrscheinlichkeit ist – ähm, tatsächlich betroffen ist … bisher Merrilys alleiniger Verantwortung obliegt. Eine unmögliche Situation für eine einzige Person, die dazu noch einer Gemeinde vorsteht.»
    «Es war nicht so, dass ich keine Unterstützung hatte. Huw Owen war immer nur einen Anruf entfernt.»
    Merrily spürte die ungeöffnete Packung Silk Cut in der Tasche ihres Jeansrocks. Noch mehr Unterstützung.
    «Ah, richtig», sagte Siân und sah Merrily über ihre Halbbrille hinweg an. «Huw Owen.»
    «Entschuldigung», sagte Saltash. «Wer ist Huw Owen?»
    «Nigel, ich glaube, das wollen Sie gar nicht wissen.»
    Siâns Blick war ruhig und neutral. Merrily war wütend, schluckte ihre Wut aber hinunter. Sie brauchte jetzt wirklich dringend eine Zigarette. Alle sahen sie an.
    «Huw war mein wichtigster Ausbilder. Er hält Kurse ab für Berater für spirituelle Grenzfragen, in den Brecon Beacons.»
    «Wo einen niemand hört, wenn man schreit», sagte Siân. «Ich habe es so verstanden, dass Huw Owen das Leben eines Eremiten aus dem vierten Jahrhundert führt und selbst lange in einem so prekären psychischen Zustand war, dass –»
    Merrily fühlte sich wie eine Katze, die einen Buckel machte. «Das ist läch–»
    «– dass man sich weder darauf verlassen kann, dass er mit den derzeit vorherrschenden Ansichten vertraut ist –»
    «Und verdammt diffamierend!», sagte Merrily.
    In die darauffolgende Stille hinein klingelte das Telefon in der Spülküche, die Merrily als Büro benutzte.
    Siân sah auf und sagte milde: «Möchten Sie den Anruf entgegennehmen?»
    «Ich … lasse den Anrufbeantworter drangehen.» Merrily blickte zu der Tür, die in die Spülküche führte und nur angelehnt war. «Wenn es nicht dringend ist …»
    Sie saßen unbehaglich da und warteten ab, während Merrilys automatische Ansage zu hören war. Nigel Saltash warf ihr einen wohlwollend ironischen Blick zu. Er war es gewesen, der Siân dazugeholt hatte. Sie hatte mit ihm gearbeitet, während sie als Krankenhausgeistliche eingesprungen war. Sie hatte gesagt, sie sei bisher skeptisch gewesen, was spirituelle Grenzfragen betraf, aber wenn Nigel mitmache …
    Siân wiederum hatte Martin Longbeach dazugeholt, der ihr Vikar gewesen war und ganz offensichtlich ein friedlicher Zeitgenosse. Und der unter Garantie
nicht
für Merrily schwärmen würde.
    Es war ein Albtraum.
    Der Anrufbeantworter piepte, und ein Husten war zu hören.
    «Mrs. Watkins. Mumford. Andy Mumford. Ich … melde mich später nochmal, wenn es Ihnen recht ist.»
    Merrily nickte. «Ich rufe ihn zurück.»
    «War das Sergeant Mumford?», fragte Siân. «Von der Kriminalpolizei in Hereford?»
    «Ich glaube, er ist inzwischen nicht mehr bei der Polizei.»
    «Sie hatten immer mal wieder mit der Polizei zu tun, oder? Ich habe neulich mit der Vorgesetzten von Sergeant Mumford gesprochen – DCI Annie Howe?»
    «Ja, unsere Wege haben sich … gekreuzt.»
    «Das erwähnte sie, ja. Ich komme sehr gut mit ihr aus.»
    Kein Wunder. Wenn die eiskalte Annie sich für die Kirche entschieden hätte statt für eine Polizeikarriere auf
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