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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery
Autoren: Phil Rickman
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Frau die Hand herausgesteckt und hielt damit den Henkel einer Metalllaterne fest.
    Mumford erlebte einen Moment abergläubischer Furcht – als sähe er vor dem Haus den Engel des Todes – und dann eine noch größere Furcht, als würde er wie seine Mom den Verstand verlieren, und fast panisch stieg er aus dem Auto.
    Als er den Parkplatz erreichte, wandte sich die Frau um und sah ihn an. Und es war hell genug, um zu erkennen, dass sie durch und durch menschlich war und dass sie weinte.
    «Alles in Ordnung, Madam?», fragte Mumford.
    Sie antwortete nicht, entfernte sich nur mit der schwingenden Laterne, in der die Kerze wie ein gefangener Stern leuchtete, und Mumford schüttelte den Kopf und ging über die Straße zum Haus seiner Eltern.

[zur Inhaltsübersicht]
Teil eins
    Robbie
     
    «Ich habe mit einem der Beamten gesprochen, und er hat mir erzählt, ihm werde immer wieder berichtet, dass im Schloss und um das Schloss herum seltsame Dinge geschehen.»
    Peter Underwood,
A Gazetteer of British Ghosts
(1971)
     
     
    «Es ist gut dokumentiert, dass die Hinterbliebenen in den Monaten nach dem Verlust ihrer Liebsten oft das Gefühl haben, dass diese ganz in ihrer Nähe sind.»
    Ian Wilson,
In Search of Ghosts
(1995)

1  Mit im Boot
    «Nein – bitte – ich möchte das verstehen», sagte Siân. «Sie wollen uns damit sagen, dass Sie selbst einen gesehen haben.»
    Ihr glattes zinnfarbenes Haar fiel um ihr Gesicht wie ein Kriegshelm. Sie saß am Kopfende des Tisches, und sie saß zu Gericht. Sie hatte einen Gesichtsausdruck wie … sag es, sag das Wort noch einmal.
    Das Wort, das, wie Merrily klar war, vermieden werden sollte.
    «Ich hatte einmal eine Erfahrung, anders kann ich es nicht beschreiben», sagte sie. «Eine Reihe von Erfahrungen, wenn Sie so wollen, die ich rational nicht erklären kann.»
    In der gewölbeartigen Küche des Pfarrhauses brannten Bienenwachskerzen auf ihren Tellern herunter, und der leere Aschenbecher verhöhnte Merrily. Dass es so schlimm werden würde, hätte sie sich niemals träumen lassen.
    «Ich habe mich also an die Kirche gewandt, die mich aber nicht gerade unterstützt hat. Stattdessen wurde ich wie eine hysterische Verrückte behandelt.»
    Siâns graue Augen blinzelten ein Mal. Wie die kleine Stahlklappe in einer Zellentür. Merrily starrte sie an. «Sorry – ich meinte, wie eine emotional gestörte Person mit fortgeschrittenem Lern-Handicap.»
    «Und wo genau haben Sie diese … Reihe von Erfahrungen gemacht, Merrily?»
    «Hier. Im Pfarrhaus. Oben. Direkt nachdem wir eingezogen waren, vor wenigen Jahren.»
    «Das ist ein ziemlich großes Haus», sagte Nigel Saltash.
    «Riesig – verglichen mit allem, worin ich bisher gelebt habe.»
    «Und Sie wohnen hier allein mit Ihrer Tochter?»
    Saltash neigte seinen Kopf ein wenig, als bräuchte er diese leichte Bewegung, um sein enormes Gehirn zu aktivieren. Außerdem knipste er dadurch sein Lächeln an. Er hatte ein Allzwecklächeln: fragend, erklärend, mitfühlend, bevormundend. Er war viele Jahre lang Psychiater gewesen; manche Dinge änderten sich nicht.
    «Nur wir beide, ja», sagte Merrily. «Ich und Jane. Genau wie jetzt.»
    «Wenn ich Ihnen nun in aller Bescheidenheit nahelegte – betrachten Sie mich einfach als
Advocatus Diaboli
 –, dass Sie sich zu der Zeit schrecklich unsicher gefühlt haben … eine Fremde im Ort, die noch nicht offiziell in ihr Amt als Pfarrerin eingeführt wurde … und dann saßen Sie in diesem riesigen, hallenden … ziemlich unheimlichen alten Haus …»
    «Und ich war noch nicht so lange verwitwet. Und wir hatten sehr wenig Geld. Auch genau wie jetzt.»
    «Haben diese
Erfahrungen
denn jetzt aufgehört?»
    Im Kerzenschein wirkte Nigel Saltashs Gesicht straff und gebräunt. Sein graues Haar war kurz geschnitten und ging in seinen Bart über. Er war rank und schlank und der lebende Beweis dafür, dass siebzig die neuen fünfzig waren.
    «Ja, es war alles ziemlich schnell vorbei», sagte Merrily. «Sobald wir ein paar Dinge geklärt hatten.»
    «Sie spielen mir in die Hände, Mrs. Watkins. Sollte das Absicht sein?»
    «Na ja, ich möchte vermutlich darauf hinweisen, dass jemand wie Sie jede persönliche Geschichte professionell in seinem Sinne auslegen kann.»
    «Aber liege ich dadurch notwendigerweise falsch?»
    Merrily zuckte mit den Schultern. «Ich werde immer sagen: ‹Ich weiß, was ich gesehen habe›, und Sie werden immer sagen: ‹Aber Sie haben es nicht wirklich
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