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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery
Autoren: Phil Rickman
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bist ganz offensichtlich total durcheinander, aber lass mich eins klarstellen: Das Schloss zu verklagen hat keinen Sinn. Robbie war illegal dadrin, als es schon geschlossen hatte.»
    «Na, das werden wir dann ja sehen, nicht? Mister Klugscheißer-
Ex
-Detective.»
    Mumford nickte und nahm es hin, was sollte er auch sonst tun?
    «Sie hat noch nicht mal gewusst, wo er ist, das ist echt zum Kotzen. Wahrscheinlich hatte sie sogar vergessen, dass er im Moment bei ihr ist.»
    Lächerlich, und das sagte ausgerechnet Ange. Es war immer Mumford gewesen, der Robbie abgeholt und nach Ludlow gebracht hatte, und das traurigste Bild des Jungen war nicht der Anblick des gekrümmten Körpers am Fuß des Turms, sondern der des blassen Kindes mit dem Koffer, das wie eine Waise oben an der Treppe auf ihn wartete.
    In Ludlow war er ein vollkommen anderer Junge gewesen, aber davon wollte Ange nichts hören.
    Er hatte jetzt die Taxizentrale am Apparat. «So schnell es geht, ja, Paul?»
    «Und noch was, Mister – du kannst der alten Ziege sagen, dass sie die Scheißbeerdigung bezahlen kann …»
    «Um Himmels willen, Angela!»
    So war es schon, seit er denken konnte. Mom war fünfundvierzig gewesen, als sie Ange bekommen hatte, und der Altersunterschied war schon immer zu groß gewesen – und Mumford stand seit jeher zwischen den beiden und hielt sich die Ohren zu.
    «Sie war nicht in der Lage, sich um ihn zu kümmern. Und du hast weggeguckt, du warst ja immer zu beschäftigt damit, Leute zu verfolgen, die bloß ein bisschen Spaß haben wollen.»
    Womit sie Mathiessons Bruder meinte, den Andy und Bliss einmal mit so viel Crack hochgenommen hatten, dass man die halbe Wohnung damit hätte pflastern können. Zum persönlichen Gebrauch. Seitdem hatte Mumford Anges Wohnung nie wieder betreten.
    «Du hast zugelassen, dass sie ihn seiner eigenen Mutter wegnimmt, gerade als ich Hilfe gebraucht hätte. Du hast ihn mir weggenommen, sie hat ihn mir weggenommen –»
    Ange hatte wieder angefangen zu heulen und taumelte auf Lennox Mathiesson zu, der sie in seine tätowierten Arme schloss.
    Zeit zu verschwinden. Andy musste Gail bei Mom abholen. Gail in ihrem schönsten Kleid, weil sie eigentlich hatten ausgehen wollen.
    «Du weißt ja, wo du mich findest», sagte Mumford und ging.
    «Sag ihr, dass ich hoffe, sie kann nie wieder ruhig schlafen!», schrie Angela hinter ihm her.
     
    Im Haus seiner Eltern brannten alle Lichter, gerade ging der letzte Nachbar. Sie waren gut zu ihr, die Nachbarn aus diesen Reihenhäusern am Stadtrand, zwischen dem Bahnhof und dem neuen
Tesco
.
    Mumford saß im Auto und wäre am liebsten dort geblieben. Durch das große Frontfenster sah er Gail und seinen Vater, der den Kopf in die Hand gestützt hatte und inzwischen bestimmt erschöpft war. Er hatte noch nie besonders viel Geduld mit weiblichen Gefühlen gehabt. Gail trug eine Strickjacke über ihrem neuen Kleid, und sie beugte sich hinab wie über ein Krankenbett. Unterhalb des Fensters musste seine Mom in ihrem Sessel sitzen, und sicher lief leise der Fernseher.
    Als Krankenschwester wusste Gail, wie man mit Trauernden umging. Mumford wusste nur, wie man die Leute schnappte, die diese Trauer verursacht hatten. Was in diesem Fall nichts nützte, ganz gleich, was Ange sagte. Und selbst wenn es was genützt hätte, er durfte sowieso nichts mehr tun.
    Es sei denn, Ange hatte doch irgendwie recht, und er war der Schuldige.
    Er legte die Hände oben auf das Lenkrad, ließ seine verschwitzte Stirn darauf sinken und atmete langsam aus. Er war jenseits der Erschöpfung.
    Ja, er hatte gewusst, in welchem Zustand das alte Mädchen war, aber er hatte auch gewusst, wie viel es ihr bedeutete, Robbie bei sich zu haben. Er wusste nicht viel über degenerative Veränderungen des Gehirns, aber er wusste, dass es mit seiner Mom ohne den Jungen sehr viel schneller bergab gegangen wäre.
    Als er aufsah, bemerkte er, wie hell der nächtliche Himmel war. Und er bemerkte einen Menschen, der am Rand des
Tesco
-Parkplatzes stand, starr wie eine Säule, und über die Straße hinweg das Haus seiner Eltern betrachtete.
    Es war eine Frau mit hellen Haaren, die unter der Kapuze eines bodenlangen grauen Umhangs hervorsahen. Die Nacht war so windstill, dass der Umhang sich nicht bewegte, die Falten wirkten wie die Steinfalten im Gewand einer Statue. Die einzige Bewegung war ein weißes Flackern wie von einer Altarkerze. Es
war
eine Kerze, sah Mumford. Durch einen Schlitz in dem Umhang hatte die
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