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Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Titel: Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut
Autoren: Rebecca Gabl
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und er erzählte ihnen Geschichten aus der Zeit vor dem Krieg. Als der König nicht viel älter gewesen war als die Schüler von St. Thomas jetzt, bevor der Schwarze Tod gekommen war, und man konnte glauben, England sei damals ein dicht bevölkertes Land voll unbeschwerter Fröhlichkeit gewesen. Sie liebten Bruder Cornelius. Die Ausflüge mit ihm waren wie ein Hauch von Freiheit.
    Robin spürte seine Enttäuschung wie einen großen, grauen Ozean, der sich vor ihm auftun wollte. Es würden mehr als drei Monate vergehen, bevor er wieder an der Reihe war. Für einen Augenblick fürchtete er, er werde in Tränen ausbrechen. Stattdessen wurde er zornig. „Ihr seid ungerecht, Bruder Anthony.“
    Betroffenes Schweigen breitete sich aus.
    „Was sagtest du?“, erkundigte der Lehrer sich leise.
    Robin rang um seinen Mut. „Ich … habe überhaupt nichts getan. Ich habe meine Aufgaben gelernt, alles, was Ihr uns aufgetragen habt. Aber Ihr fragt mich nicht einmal danach. Warum?“ Er hätte wirklich gerne den Grund gekannt, warum Bruder Anthony ihn so verabscheute.
    Der kleine, drahtige Mönch betrachtete ihn ungläubig. „Du willst mit mir disputieren?“
    Robin nickte kurz. „Warum nicht? Es kann nicht so verwerflich sein, denn das ist es doch, was wir in der Rhetorik lernen sollen, oder nicht? Bruder Jonathan sagt, sie sei der Schlüssel zu allen weiteren Freien Künsten. Und Latein“, fügte er in einer plötzlichen Anwandlung bitteren Hohns hinzu, „hat er nicht erwähnt.“
    Noch während er sprach, dachte er, meine Güte, habe ich das wirklich gesagt? Ich muss wahnsinnig sein. Ich wünschte, ich würde nicht immer das Maul aufreißen. Ich wünschte, ich wäre nicht so furchtbar müde.
    Die anderen Schüler starrten ihn an wie einen grotesken Krüppel auf dem Jahrmarkt. Bruder Anthony war noch ein bisschen blasser geworden. Steif ging er zu seinem Pult zurück und nahm seinen Stock auf. „Komm her, Waringham.“
    Robin erhob sich langsam; seine Knochen erschienen ihm bleischwer. Er ließ den dürren Mönch nicht aus den Augen. Als er vor ihm anhielt, standen sie Auge in Auge.
    „Beug dich vor, du Höllenbrut. Hochmut und Ungehorsam sind eine Eingebung Satans. Wir wollen doch sehen, ob wir ihn dir nicht austreiben können.“
    Robin glaubte nicht, dass der Teufel irgendetwas mit dieser Sache zu tun hatte. Und er glaubte auch nicht, dass Bruder Anthony das glaubte. Er biss die Zähne zusammen.
    Ein schüchternes Klopfen gewährte ihm Aufschub. Zögerlich öffnete sich die Tür, und ein Laienbruder steckte den Kopf hindurch. „Entschuldige, Bruder Anthony.“
    „Was gibt es?“ fragte der Lehrer barsch.
    Der Bruder ließ seinen Blick über die Klasse schweifen. „Robert of Waringham?“
    Robin wandte sich um. „Das bin ich.“
    „Vater Jerome will dich sprechen. Jetzt gleich. Komm mit mir.“
    Robin rührte sich nicht und starrte ihn verblüfft an. Was in aller Welt mochte das zu bedeuten haben? Dann ging ihm auf, dass vermutlich alles besser war, als jetzt hierzubleiben. Er sah fragend zu Bruder Anthony.
    Der Mönch scheuchte ihn mit einer ungehaltenen Geste weg. „Geh schon. Ich werde es nicht vergessen.“
    Robin lächelte dünn. „Nein. Da bin ich sicher, Bruder Anthony.“
    Der Laienbruder führte ihn schweigend aus dem Schulhaus, durch den Kreuzgang, am Refektorium vorbei zu dem bescheidenen Häuschen, das der Abt von St. Thomas bewohnte. Mochte er auch der Vorstand eines der mächtigsten Klöster Südenglands sein, Jerome folgte dennoch der Benediktinerregel wortgetreu. In seinem Haus gab es nicht mehr Komfort als im Dormitorium seiner Mitbrüder. Er hielt jeglichen weltlichen Pomp für Teufelswerk. Er war ein Asket, und seine Contemptus Mundi -Schriften hatten einige Beachtung gefunden. Von den Mönchen und den Schülern seines Klosters wurde er gleichermaßen gefürchtet und geachtet, und Robin überlegte unbehaglich, was diese unerwartete Audienz zu bedeuten hatte. Nervös überdachte er die Bilanz seiner Verfehlungen der letzten Wochen. Nichts davon war schlimm genug gewesen, um diese Unterredung zu erklären. Und wenn ihr Ausflug der vergangenen Nacht aufgeflogen war, warum wurde er dann alleine zu Vater Jerome zitiert?
    Der Laienbruder nickte auf das kleine Holzhaus des Abtes zu und entfernte sich eilig. Schüchtern klopfte Robin an, und auf eine gemurmelte Aufforderung von drinnen trat er ein.
    Jerome of Berkley saß auf einem Holzschemel an einem niedrigen Tisch. Eine Pergamentrolle lag
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