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Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Titel: Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut
Autoren: Rebecca Gabl
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ausgebreitet vor ihm. Der Raum war ziemlich dunkel, aber der Kerzenstummel auf dem Tisch brannte nicht. Im Kamin lag kalte Asche. Robin schauderte in der plötzlichen Kühle. Die Sonne war nicht bis hierher gedrungen.
    Der Abt ließ die Schriftrolle los; die Enden rollten sich langsam ein, und das Pergament raschelte leise. „Du bist Waringham?“
    Robin hielt den Blick gesenkt und versteckte die Hände in den Ärmeln seiner Kutte. „Ja, Vater.“
    „Robert, nicht wahr?“
    „Ja, Vater.“
    „Setz dich, mein Sohn.“
    Robin sah sich verstohlen um und entdeckte einen weiteren Schemel unter dem Tisch. Er trat näher, zog ihn hervor und setzte sich auf die Kante.
    Der Abt sprach nicht sofort weiter, und Robin betrachtete ihn aus dem Augenwinkel. Er sah einen alten, weißhaarigen Mann mit den brennenden Augen eines wahren Auserwählten. Das bleiche, schmale Gesicht wurde beherrscht von einer beachtlichen Hakennase, die die Seite seines Charakters zu verraten schien, die ihn zu seinem einflussreichen Amt hatte aufsteigen lassen.
    „Wie alt bist du, Robert?“
    „Zwölf, Vater.“
    „Und wie lange bist du schon hier?“
    „Fünf Jahre, Vater.“
    „Und bist du glücklich in St. Thomas?“
    „Natürlich, Vater.“
    Der alte Mönch regte sich und schüttelte fast unmerklich den Kopf. „Sei ehrlich, Junge. Es ist eine wichtige Frage.“
    Robin sah verwundert auf und betrachtete den ungebeugten, alten Mann mit den langen Gliedmaßen zum ersten Mal offen. Er kannte ihn kaum. Der Abt des Klosters hatte zu viele wichtige Aufgaben, um sich regelmäßig um die Schüler und damit den Nachwuchs seines Hauses kümmern zu können. Diese Aufgabe musste er anderen überlassen. Er wies lächelnd auf den Korb Äpfel vor sich. „Bist du hungrig?“
    Robin nickte wahrheitsgemäß. Seit er nach St. Thomas gekommen war, hatte es keinen Tag gegeben, an dem er nicht hungrig aufgewacht und hungrig zu Bett gegangen war. Die Rationen im Kloster waren mager. Seine unablässige Gier nach Essen hatte ihn nicht selten beschämt, denn keiner seiner Lehrer hatte ihm erklärt, dass ein Junge, der viel wächst, auch viel essen muss.
    Jerome schob ihm den Korb hin. „Dann greif zu.“
    Robin wählte einen Apfel aus und biss hinein. Die Frucht war reif und süß; der Saft tropfte ihm auf die Hand.
    Nach einem kurzen Schweigen nahm der Abt das Gespräch wieder auf. „Fünf Jahre sind eine lange Zeit, Waringham. Glaubst du, du würdest gerne für immer hierbleiben?“
    Robin hörte auf zu kauen. Das blanke Entsetzen trieb ihm den Schweiß auf die Stirn, und er schwieg beharrlich. Ihm fiel keine höfliche Antwort ein.
    Jerome lächelte milde. „Sei ganz offen, mein Sohn.“
    „Nein, Vater.“
    „Und was willst du tun, wenn du uns verlässt?“
    „Ein Ritter des Königs werden. Wie mein Vater.“
    Jerome hörte auf zu lächeln, und sein Gesicht wurde seltsam still. „Glaubst du, das ist die beste Weise, auf die du Gott dienen kannst?“
    Robin biss noch einmal in seinen Apfel, um Zeit zu gewinnen, kaute langsam und schluckte. „Vor allem will ich meinem König dienen.“
    „Wie kommt es, dass du den König mehr liebst als Gott?“
    Der Junge überlegte seine Antwort genau. Er fürchtete eine Falle. „Das tue ich nicht. Nur in anderer Weise. Es ist so viel leichter, den König zu lieben. Er ist ein Mann, ein mächtiger Kriegsherr, er hat die Schotten aus dem Norden vertrieben, und er wird auch die Franzosen besiegen. Er ist …“ Leibhaftig , hatte er sagen wollen und besann sich im letzten Moment.
    Der Abt drängte ihn nicht. Er faltete die Hände vor der Pergamentrolle. „Wieso bist du so sicher, dass der König den Krieg gewinnt?“
    „Weil er bisher jede Schlacht gewonnen hat. Weil er tapfer und klug ist, und viele tapfere und kluge Männer an seiner Seite hat, wie den Schwarzen Prinzen und meinen Vater.“
    Jerome nickte langsam, als habe er solch schlagkräftigen Argumenten nichts entgegenzusetzen.
    Robin hielt seinen abgenagten Apfel am Stiel und ließ ihn kreisen. Er wusste nicht, wohin damit.
    „Du bist also stolz auf deinen Vater?“
    „Oh ja, Vater.“
    Jerome beugte sich leicht vor. „Und was ist Stolz?“
    Robin presste die Lippen zusammen und ärgerte sich über sein unbedachtes Eingeständnis. „Sünde“, murmelte er und zweifelte insgeheim, dass es auch Sünde war, auf jemand anderen, nicht für sich selbst stolz zu sein.
    „So ist es“, erwiderte der Abt leise, seine Stimme klang wie ein Seufzen. „Und du weißt,
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