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Das Kriegsbuch

Das Kriegsbuch

Titel: Das Kriegsbuch
Autoren: James Sallis (Hrsg)
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und die Männer der Bande wa ren schlecht. Die Männer der Bande haben grundlos gehandelt; Sie tun das nicht.«
    »Ich helfe Ihnen aber völlig grundlos.«
    »Das ist etwas anderes.«
    »Wieso?« Er schwieg einen Augenblick, doch Saura wollte kein Grund einfallen. »Die Männer haben Ihren Mann umgebracht. Sie hatten einen Grund. Er hatte etwas, das sie nicht besaßen und von dem sie wußten, daß er es ihnen nicht geben würde. Also brachten sie ihn um.«
    »Es gibt Dinge, die man einfach nicht weggibt.«
    »Aber Sie haben versucht, Ihre Tochter wegzugeben.«
    Saura schlug sich mit der Faust auf das Knie. »Die Männer haben versucht, Verie und mich zu vergewaltigen. Sie nicht.«
    »Ich hätte Sie mühelos vergewaltigen können. Nichts hätte mich davon abgehalten. Aber ich brauchte das nicht. Sie haben’s sogar weggeben wollen.«
    Saura biß sich wieder auf den Knöchel und versuch te ihre Gedanken zu ordnen. Sie war noch nicht davon überzeugt, daß es den Hof, den Ted beschrieben hatte, tatsächlich gab. Weed hatte ihr gesagt, daß im Norden niemand leben konnte, und er hatte sich selten geirrt. Sie musterte Teds Gesicht, dessen scharf hervortreten de Züge von der Sonne geschwärzt waren. Sie war sich nicht sicher, ob ein solcher Dummkopf für ihre Verie der richtige Mann war. »Hätten Sie den Männern denn an Weeds Stelle angeboten, alle Besitztümer mit ihnen zu teilen?«
    »Das hat nichts damit zu tun.«
    Da wußte Saura, daß er doch der Richtige war. »Sie haben uns nicht vergewaltigen wollen, also sind Sie gut.«
    »Die Männer aber auch nicht.«
    »Aber sie hätten es versucht.« Sie sah, daß sie zu weit gegangen war. Er sprang auf und versetzte ihr eine heftige Ohrfeige. Sie fiel schreiend zu Boden. Ted folgte ihr, ergriff ihre Beine und warf sie auf den Rüc ken. Er packte ihre Bluse und zerrte sie ihr über den Kopf, so daß ihre Brüste entblößt waren. Dann stand er über ihr, die Bluse in der Hand.
    »Ich könnte dich jetzt vergewaltigen«, sagte er.
    »Warum tust du’s dann nicht?« fragte sie. Wenn er es tat, das wußte sie, dann würde er ihnen später helfen. Sie versuchte sich nicht von der Stelle zu rühren.
    Saura starrte ihm in die Augen. Schließlich warf er ihr die Bluse ins Gesicht. Sie schleuderte sie zur Seite und sah, wie er auf die andere Seite des Holzstapels ging und sich dort setzte. Sie zog die Bluse wieder an und folgte ihm. »Wenn du schlecht bist«, sagte sie, »warum hast du mich dann nicht vergewaltigt?«
    Ted zuckte die Achseln. »Ich wollte es nicht, das ist alles. Das hat nichts mit gut oder schlecht zu tun. Nichts ist gut oder schlecht. Nur das Wetter ist gut oder schlecht …«
    »Vielleicht …«
    »Bringen wir lieber das Holz ins Haus«, sagte er und deutete auf den Stapel. Er schulterte Bogen und Köcher, nahm drei Stämme auf und ging durch den Lehm davon.
    Saura stemmte sich einen Holzklotz in die Hüfte, nahm die Axt auf und hastete hinter ihm her. Ted schlug ein so scharfes Tempo an, daß sie nicht mehr zum Sprechen kam. Sie versuchte einen Weg zu fin den, ihn zum Bleiben zu bewegen oder ihn wenigstens zu überreden, sie mitzunehmen. Sie wünschte sich einen Mann wie Ted im Haus. In seiner Gegenwart fühlte sie sich sicherer. Er hatte ihr kein Leid getan, auch wenn er King umgebracht hatte. Sie fühlte, daß er ein guter Mensch war. Wenn nur Veries Füße nicht so verbrannt gewesen wären, hätte sie bei ihm in der Küche schlafen können. Er machte nicht den Eindruck, als hätte ihm dieser Gedanke gefallen können, aber Saura spürte, daß er sich an Verie schon gewöhnt hätte, wenn sie nackt zu ihm unter die Decke gekrochen wäre. Und das hätte ihn vielleicht für eine Weile ans Haus gefesselt, oder vielleicht hätte er sie auch beide mit auf seinen Hof genommen. Das war ein schöner Gedanke. Sie war noch längst nicht überzeugt, daß es einen solchen Ort, an dem es immer genug zu essen gab und an dem die Menschen keine Angst vor Banden zu haben brauchten, wirklich gab. Das alles hörte sich zu sehr nach den Beschreibungen der Ruinen an, wie sie angeblich vor dem Kampf gewesen waren. Aber wenn es einen solchen Ort gab, dann lebten Menschen wie Ted dort, das fühlte sie. Auf jeden Fall wäre es schön, das Bauernhaus zu verlassen.
    Vor Teds Füßen sprang ein Kaninchen auf. Saura sah, wie es mit langen, niedrigen Sprüngen vor ihnen den Hang hinaufhüpfte. Als es den Kamm erreichte, blieb es einen Augenblick auf den Hinterpfoten stehen und schaute
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