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Das Knochenhaus

Das Knochenhaus

Titel: Das Knochenhaus
Autoren: Stephen Lawhead
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seinen Knüppel und rief: »Na, so was! Wen haben wir denn da?«
    »Oh!«, keuchte Douglas, wirbelte herum und stand sogleich dem Beamten gegenüber. »Guten Abend, Constable. Sie haben mich ganz schön erschreckt.«
    »Hab ich das!« Er betrachtete das Paar von oben nach unten und von unten nach oben. Sein Gesichtsausdruck legte nahe, dass er seinen Augen nicht traute. »Darf ich fragen, warum Sie zu dieser nächtlichen Zeit in der Gasse da herumgeschlichen sind?«
    Douglas’ Hand fuhr zu der Pistole in seiner Tasche. »Ist es denn schon so spät?«, fragte er leutselig. »Das habe ich gar nicht bemerkt ... Aber ja, ich nehme an, dass es bereits recht spät ist.« Er blickte kurz zu Snipe, der neben ihm stand. Die Lippen des Jungen hatten sich so verzerrt, dass sein Gesichtsausdruck bösartig und mürrisch wirkte. »Es ist wegen des Burschen hier«, log Douglas. »Er ist früh am Abend weggelaufen, und ich habe ihn seitdem gesucht. Hab ihn gerade erst vor wenigen Minuten gefunden.«
    Der Polizist runzelte die Stirn und trat näher heran. »Das ist also Ihr Sohn?«
    »Um Himmels willen, nein«, antwortete Douglas. »Er ist ein Diener. Ich bringe ihn jetzt nach Hause.« Als ob er diesen Sachverhalt unterstreichen wollte, legte er seine Hand auf Snipes Kragen.
    Die Stirn des Polizisten legte sich in Falten, als der Junge mit den fahlen Gesichtszügen ihm einen Blick entgegenschleuderte, der beinahe puren Hass ausdrückte. Es war etwas Sonderbares an diesem Heranwachsenden, sodass er sicherlich niemals irrtümlich für den geliebten Sohn irgendeines Mannes gehalten werden könnte. »Ich verstehe«, erklärte der Polizeibeamte. »Läuft er denn häufiger weg?«
    »Nein, nein, noch nie zuvor«, versicherte Douglas hastig. »Es gab ein wenig Theater mit der Haushälterin, wissen Sie, und der Bursche war deswegen verärgert. Bloß ein dummes Missverständnis. Ich denke, ich habe es wieder in Ordnung gebracht.«
    »Nun, ich nehme an, solche Dinge passieren eben manchmal«, meinte der Polizist und befestigte seinen Knüppel am Gürtelhaken. »Am besten, Sie sehen zu, dass Sie beide nun nach Hause kommen. Für alle anständigen Leute wird es höchste Zeit, ins Bett zu gehen.«
    »Genau dasselbe habe ich auch gedacht, Constable. Und ein Plätzchen mit einer Tasse Kakao wäre auch nicht verkehrt, könnte ich mir denken.« Douglas löste die Finger von seiner Pistole, hielt jedoch den Kragen des Jungen weiterhin fest gepackt. »Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht.« Douglas machte sich auf den Weg und zog den finster dreinblickenden Snipe mit sich.
    »Gute Nacht, Sir.« Der Polizist beobachtete die beiden, während sie fortgingen. »Passen Sie unterwegs auf!«, rief er ihnen hinterher. »Hier gibt es Diebe und ähnliches Gesindel. Es ist ein Wetter wie das hier, das sie dazu bringt, draußen ihr Unwesen zu treiben.«
    »Damit liegst du keineswegs falsch, Kumpel«, murmelte Douglas leise vor sich hin. »Lass uns fortgehen, Snipe. Heute Nacht lassen wir ihn am Leben.«

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ZWEITES KAPITEL

    K it stand einfach nur da, starrte die von Sphinxen gesäumte Allee hinunter und fühlte sich sehr allein. Es war noch früh, und kein anderer befand sich in seiner Nähe. Die saubere, trockene Luft sog er tief in seine Lungen hinein. Er fühlte sich unendlich erleichtert, dass er – den Tod vor Augen – durch Wilhelminas unerwartetes, zum Glück noch rechtzeitiges Eingreifen gerettet worden war. Dennoch war es ihm unmöglich, sich durch ihre schroffe Art nicht ein wenig verletzt zu fühlen. Direkt nach ihrer Flucht aus dem Wadi und dem Grabmal, wo er und sein Gefährte gefangen und den Launen von Lord Burleigh ausgeliefert waren, hatte Mina ihn doch tatsächlich auf den Arm geschlagen.
    »Au!«, jammerte Kit, der den Klaps nicht hatte kommen sehen. »Wofür war das denn?«
    »Das war dafür, dass du mich damals in jener Londoner Gasse im Stich gelassen hast«, erwiderte sie. »In jener dunklen, stinkenden Gasse bei Sturm und Regen – erinnerst du dich?«
    »Ich erinnere mich; es war jedoch nicht ganz meine Schuld.«
    Sie gab ihm erneut einen Klaps. »Das war nicht sehr nett.«
    »Tut mir leid!« Kit rieb sich den Oberarm.
    »Ich vergebe dir.« Sie lächelte – und schlug ihn abermals.
    Damit hatte sie das Maß vollgemacht! »Ach du Schande! Was ist denn jetzt?«
    »Das ist, damit du dich daran erinnerst, so etwas nicht noch einmal zu machen.«
    »Richtig. Okay, ich hab ’s begriffen. Es tut mir leid, und ich werde dich niemals wieder im
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