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Das Knochenhaus

Das Knochenhaus

Titel: Das Knochenhaus
Autoren: Stephen Lawhead
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um Douglas durch das Fenster hereinzulassen.
    So weit, so gut.
    »Geh zur Tür und halte Wache!«, befahl Douglas und richtete den Schein der Lampe auf die nächsten Bibliotheksregale. Während sich der Diener zum Eingang begab, begann Douglas, die Regale abzusuchen. Wie er bald bemerkte, waren die Bücher in lockerer chronologischer Reihenfolge eingeordnet worden: Der Grund hierfür bestand zweifellos darin, dass man sie hauptsächlich als Artefakte schätzte und der Wert ihres Inhalts von zweitrangiger Bedeutung war. Als er den passenden historischen Zeitraum gefunden hatte, begann er, die Reihe Buch für Buch durchzuarbeiten. Was eigentlich eine Aufgabe von einigen Momenten hätte sein sollen, dauerte jedoch viel länger als geplant, denn bei vielen der älteren Bände gab es weder auf den Buchrücken noch auf den Deckeln einen Titel. Douglas musste sie daher einzeln herausziehen, sie öffnen und bis zu den Titelseiten durchblättern, bevor er sie wieder in das Regal zurückstellen konnte.
    Er hatte sich erst teilweise durch das sechzehnte Jahrhundert gearbeitet, als er ein scharfes Zischen vernahm – wie das von Gas, wenn es aus einer undichten Röhre entwich. Er hörte zu suchen auf, hielt den Atem an ... und wartete. Das Geräusch war erneut zu hören und wurde dann ein weiteres Mal wiederholt. Rasch blendete er den Docht ab, stellte die Lampe auf den Boden und eilte zum Eingang. Dort stand Snipe hinter dem Torpfosten und spähte hinaus in den großen Lesesaal.
    »Kommt jemand?«, flüsterte Douglas.
    Snipe nickte und hielt zwei Finger nach oben.
    »Zwei. Richtig.« Douglas drehte sich um und zog sich zwischen die Bibliotheksregale zurück. »Folge mir.«
    Sie krochen zur hintersten Ecke des Raums, sodass sich der Hauptteil der Regale zwischen ihnen beiden und dem Eingang befand.
    »Runter!«, befahl Douglas mit leiser Stimme.
    Die beiden pressten sich flach auf den Boden und warteten. Stimmen wehten durch den Raum; dann waren Schritte zu hören, als die Wächter ihre Runde durch den Lesesaal machten. Schatten sprangen zwischen den Bibliotheksregalen hin und her, als einer der Wachmänner am Eingang des kleinen Raums stehen blieb und mit einer Lampe hineinleuchtete, die er mit geübten Handbewegungen durch die Luft schwenkte. Anschließend entfernten sich die Schritte; und erneut waren Stimmen zu vernehmen. Die Wächter bewegten sich von ihnen fort.
    »Schon besser«, seufzte Douglas erleichtert. »Zurück an die Arbeit.«
    Die beiden kehrten an ihre jeweiligen Plätze zurück und widmeten sich wieder ihren Aufgaben. Mitten im sechzehnten Jahrhundert fand Douglas schließlich das Buch, nach dem er suchte – und es war genau so, wie er es sich auf der Grundlage seiner Untersuchungen vorgestellt hatte. Er warf nur einen flüchtigen Blick auf die seltsame Chiffren-Schrift und wusste sogleich, dass er es in Händen hielt.
    »Komm zu mir, meine Hübsche«, flüsterte er und stellte vorsichtig das Licht auf das Regal neben ihm. Mit zitternden Händen öffnete Douglas das Buch und deckte eine Seite nach der anderen eines dicht geschriebenen Manuskripts auf, das aus den fantastisch aussehendsten Buchstaben bestand, die er je erblickt hatte. »Du kleine Schönheit«, murmelte er nachdenklich und fuhr mit seinen Fingerspitzen behutsam über die Schrift. Ihm fuhr durch den Kopf, dass er eine wundervolle Stunde oder noch länger damit zubringen könnte, durch dieses alte, kuriose Werk zu blättern – und er hätte dies auch wirklich getan, wenn ihm nicht dafür jetzt die Zeit fehlen würde. Er steckte den dünnen Band in eine Innentasche seines Umhangs, nahm die Lampe wieder an sich und beeilte sich, um Snipe abzuholen.
    »Ich hab’s. Lass uns weggehen – es ist Zeit für einen guten Abgang.«
    Sie kletterten aus dem Fenster, durch das er eingestiegen war. Dann schlossen sie es vorsichtig hinter sich zu und gingen den selben Weg zurück, auf dem Douglas ins Gebäude hineingelangt war. An der Rückseite des Stadthauses hinter dem Museum legten sie die Leiter an ihren ursprünglichen Platz zurück, bevor sie durch die Gasse zur Montague Street spazierten. Douglas war in Gedanken so sehr mit dem Buch beschäftigt und den Schätzen, die es sicherlich hergeben würde, dass er den Polizisten übersah, der im Lichtkreis unter einer Straßenlaterne stand. Aus der dunklen Gasse tauchten die zwei wie schuldbewusste Diebe auf, was sie ja auch waren, und so zogen sie natürlich das Interesse des Gesetzeshüters auf sich.
    Er hob
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