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Das Knochenhaus

Das Knochenhaus

Titel: Das Knochenhaus
Autoren: Stephen Lawhead
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bahnbrechendem Werk Opticks ein Vorwort zu verfassen. Einstein wusste das ein oder andere über Physik, und neben der Fähigkeit, die »Kraftpaket«-Gleichung E = mc 2 zu erfinden, hatte er auch ein Geschick für kurze, prägnante Zitate. Seine Feststellung: »Der Unterschied zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist eine Illusion«, spricht direkt eines der zentralen Themen von Das Knochenhaus an, in dem die Figuren mit den unterschiedlichen, doch miteinander verbundenen Realitäten eines Universums ringen, das räumlich und zeitlich unbegrenzt ist.
    Obwohl die Idee eines mehrdimensionalen Universums schon seit geraumer Zeit in der Luft gelegen hatte – der Begriff »Multiversum« wurde um 1895 von dem Philosophen William James geprägt –, war es Einstein vorbehalten, die theoretischen Grundlagen für diesen Gedanken zu erarbeiten: eine Anregung, die später von Physikern und Kosmologen wie Hugh Everett, Max Tegmark, John Wheeler und anderen aufgegriffen wurde und eine genauere Ausgestaltung erhielt. Während der Siebziger-und Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts gewann diese Idee in der Forschergemeinschaft an Boden, bis sie ein solch anerkannter Bestandteil der wissenschaftlichen Gedankenwelt geworden ist, dass sie nun eine nützliche Konstruktion darstellt, um über die offensichtlichen Anomalien zu theoretisieren, denen man begegnet, wenn man sich mit dem Universum in seinen größten und allerkleinsten Ausdrucksformen befasst.
    Diese Idee ist auch eine höchst nützliche Konstruktion für einen Schriftsteller, der fantasievolle Romane verfasst. Denn bei den Figuren, die in der Schimmernden-Reiche -Suche verstrickt sind, handelt es sich nicht um Zeitreisen-Forscher, wie man sie in H. G. Wells Roman Die Zeitmaschine und in Robert Zemeckis’ Filmtrilogie Zurück in die Zukunft antrifft – also nicht um Personen, die entlang einer Zeitschiene nur zurück oder vorwärts reisen und die auf Gleise beschränkt und für immer fixiert sind, welche nur in eine einzige Richtung verlaufen. Vielmehr springen Kit, seine Gefährten und Gegner in einem multidimensionalen Universum herum, ähnlich wie ein Hubschrauber, der sich in der Luft in tausend verschiedene Richtungen bewegen kann. Und wenn dieser hypothetische Helikopter ein Fahrzeug wäre, das auch in verborgene Dimensionen und zu Ländern in allen möglichen Alternativwelten »abdüsen« könnte – obendrein verbunden mit einem gehörigen Maß an zeitlicher Verschiebung –, dann hätten wir die Verhältnisse, die ich in Die schimmernden Reiche zu beschreiben versuche.
    Vor mehr als dreißig Jahren hat ein befreundeter Physiker, der bei Fermilab arbeitete, mit mir einen Rundgang durch das in einem der Vororte von Chicago angesiedelte Forschungszentrum gemacht. Es besitzt einen gewaltigen Teilchenbeschleuniger und ist eines der führenden Institute für Proton-Antiproton-Kollisionen. Das Forschungslabor selbst war zu jener Zeit noch ziemlich neu; und die Physiker dort hatten gerade eine Reihe neuer subatomarer Teilchen entdeckt: Quarks. Sie bereiteten sich damals darauf vor, mit Experimenten unter extrem kalten Bedingungen zu beginnen – bei Temperaturen, die sich dem absoluten Nullpunkt annäherten. Wenn ich jetzt so zurückschaue, glaube ich, dass die Erfahrung, dieser Hightech-Forschungsanlage persönlich nahe zu kommen und unter dem Bann der Begeisterung meines Freundes für Hochenergiephysik zu stehen, mein eigenes Interesse für ein Thema in Gang gesetzt hat, das mich anhaltend fasziniert: Aus diesem Grund befindet sich auf meinem Lesetisch auch ein Turm von Büchern über Physik – sowohl über Quanten-als auch Astrophysik – ebenso wie über Kosmologie, Philosophie, Anthropologie, Theologie und selbstverständlich Geschichte.
    Im gegenwärtigen Forschungsklima, wo fast jeden Tag neue Entdeckungen verkündet werden, ist es schwierig, sich daran zu erinnern, dass damals, als die Welt auf den Beginn des dritten Jahrtausends zumarschierte, die Wissenschaftler anfingen, darauf hinzuweisen – nicht ohne einen Hauch von Traurigkeit oder Bedauern, wie ich vermute –, dass die Naturwissenschaft schon sehr bald alles erklären könnte. Diese Geisteshaltung war so weit verbreitet, dass im Jahre 2000 in einem Artikel des Time magazine gefragt wurde: »Wird noch irgendetwas zum Entdecken übrig bleiben?« Die Wissenschaft, erklärten entschieden die lauteren Stimmen, habe das Universum erobert; alles, was noch an Arbeit übrig sei, bestehe darin, die
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