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Das Kleine Buch Der Lebenslust

Das Kleine Buch Der Lebenslust

Titel: Das Kleine Buch Der Lebenslust
Autoren: Anselm Gruen
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Gemeinschaft. Wer lacht, findet immer Menschen, die gerne mit ihm lachen. Ich erfahre es oft bei Kursen. Bei den Mahlzeiten gibt es da oft Tischnachbarn, die herzlich miteinander lachen. Sofort wenden sich die übrigen am Tisch, manchmal auch der ganze Saal, ihnen zu und möchten mitlachen. Lachen zieht die Menschen an. Sie möchten auch dabei sein.
Weinen macht oft einsam. Manchmal erfährt der Weinende auch zärtliche Anteilnahme und Zuwendung. Aber häufig haben die Menschen in der Nähe Hemmungen, auf den Weinenden zuzugehen und ihn anzusprechen. Der Sponti-Spruch drückt auf sarkastische Weise aus, dass der Weinende allein bleibt. Er macht nur sein Gesicht nass. Er hat nichts davon.
Das ist natürlich nur eine Seite der Medaille.Manchmal kann Weinen auch heilsam sein. Es kann mich innerlich befreien von der Trauer, die in mir ist. Doch wenn ich aus Selbstmitleid weine, dann bewegt sich nichts in meinem Innern. Ich bleibe in meinem Weinen stecken – und mache mir tatsächlich nur das Gesicht nass.

Wer lacht, der lebt
„Wer lacht, gibt damit zu erkennen, dass er lebt.“ In zahlreichen Mythen und Märchen der verschiedensten Völker hat die italienische Volkskundlerin Maria Caterina Jacobelli diese eine Grundidee erkannt: das Lachen ist dem Menschen als lebendigem Wesen eigentümlich.
Das Lachen steht bei vielen Völkern nicht nur am Beginn des Lebens, sondern es gilt sogar als Lebensspender. Sara nennt ihren Sohn Isaak: „Gott ließ mich lachen“ (Gen 21, 6). Die Griechen sahen das Lachen als eine Eigenschaft der Götter an. „Das Lachen ist dann Lebensfülle und Lebensdichte, es ist eine Weise, Götter zu sein.“

Homerisches Gelächter
Die griechische Religion der Antike war eine Religion der Heiterkeit. Die Götter des Olymps lachten gerne. Homer schildert ihr Lachen immer wieder. Nicht umsonst sprechen wir immer noch sprichwörtlich vom homerischen Gelächter. Dass die Griechen viele Ausdrücke für die verschiedenen Arten des Lachens kennen, zeigt schon, wie wichtig ihnen dieses Thema war. Da gibt es den Witz, den derben Spaß (bomolochia), das Lustige, das Komische (geloion), das Hohnlachen (gelos), den Spaß und das Spiel (paidia) und die Heiterkeit (hilarotes). Seit Friedrich Schiller, der die Heiterkeit und das Lachen als charakteristisch für die hellenische Religion ansah, spricht man von den „heiteren Griechen“.
Auch die griechische Philosophie hat sich der Heiterkeit und des Lachens angenommen. Demokrit gilt als der lachende Philosoph, weil er die Dummheit der Menschen durchschaut. Sokrates zeigt selbst angesichts des Todes eine heitere Haltung. Platon meint, von den höchsten Dingen, auch den göttlichen Dingen, könne man nur in einer Mischung von Scherz und Ernst sprechen. Für ihn ist die Heiterkeit Wesender Götter. Der Mensch ist nach seiner Feststellung das einzige Wesen, das die Fähigkeit zu lachen besitze. Daher soll er den Göttern ähnlich werden und die Heiterkeit als seine beständige Haltung anstreben. Für die stoische Philosophie ist die „Heiterkeit des Gemüts“ das Lebensideal.

Heitere Seelen
Die Kirchenväter haben die positive Sicht der Heiterkeit aus der Antike übernommen. Sie wehren sich nur gegen verletzende Formen und kritisieren das Hohnlachen und das Verlachen eines anderen. Am intensivsten hat Clemens von Alexandrien über das Lachen und die Heiterkeit des Christen geschrieben. Er stellt sogar Regeln für das christliche Lachen dar. Das Lachen ist dem Menschen natürlich. Daher soll er es nicht unterdrücken. Allerdings besagt die Fähigkeit zu lachen nicht, der Mensch solle immer lachen. Auch ein Pferd wird schließlich nicht immer wiehern. Clemens entwickelt folgerrichtig sogar ein christliches Ideal der Heiterkeit. Die heitere Seele ist innerlich klar. Sie lässt sich nicht trüben von den dunklen Wolken am Firmament des eigenen Herzens.
Auch Augustinus, der große Theologe des Westens, schätzt die Heiterkeit. Er empfiehlt dem Katecheten, etwas Lustiges zu erzählen, wenn er sieht, dass die Schüler zu gähnen beginnen. Er selbst macht beim Predigen Witze. So findet sich bei ihm oft der Ausdruck „ioco dictum = mit einem Witz gesagt“. In unserer Zeit haben Theologen wie Karl Barth, HelmutThielicke und Karl Rahner zu herzlichem Lachen und innerer Heiterkeit ermuntert. Gerade in unserer Zeit einer diffusen Depressivität wäre es eine wichtige Aufgabe der Theologie und Spiritualität, die lebensfördernde Kraft der Lust, der Heiterkeit und des Lachens
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