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Das Kleine Buch Der Lebenslust

Das Kleine Buch Der Lebenslust

Titel: Das Kleine Buch Der Lebenslust
Autoren: Anselm Gruen
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wird das Ziel erreichen. Doch wer sich Gewalt antut, der mag sich vielleicht kurzfristig zu Höchstleistungen animieren. Auf Dauer wird er sich ins eigene Fleisch schneiden. Die Überforderung wird ihn krank werden lassen. Und dann braucht es erst einmal Zeit, sich auszukurieren. Oder aber die Krankheit wird ihn dauerhaft daran hindern, die Leistung zu bringen, die er von sich erhofft hat. Also: Keine ungesunde Hektik. Immer mit der Ruhe.

Erwartungsfroh
„Nur wer warten kann, kann auch etwas erwarten.“ Karlheinz A. Geißler hat Recht: Nur wer warten kann, der hat auch etwas vor sich. Wer alles sofort erledigen muss, wer meint, er könne jedes Bedürfnis umgehend erfüllen, der wird unfähig, wirklich zu leben. Dessen Leben wird eintönig. Es wird zur sofortigen Bedürfnisbefriedigung. Doch das ist die Stufe des Tieres. Das Tier wartet nicht auf etwas Bestimmtes. Wenn man ihm Futter vor die Füße wirft, wird es fressen. Doch wenn es hungrig ist, kann es nicht warten und durch Warten die Freude auf die Erfüllung steigern. Dazu ist nur der Mensch fähig. Doch heute haben viele das Warten verlernt. Aber wer nicht mehr warten kann, in dem kann keine Weite entstehen, keine Vorfreude auf die Erfüllung. Das Warten weitet das Herz. Es erzeugt in ihm eine Spannung, die Leben schafft. In diesem inneren Gespanntsein erwartet uns wahres Leben, erfülltes Leben.

Ganz gegenwärtig
„Die misshandelte Zeit äußert sich zunächst im Entzug der Fähigkeit, gegenwärtig zu sein.“ Vom Religionsphilosophen Eugen Rosenstock-Hussey stammt diese zunächst irritierende Einsicht. Wie können wir die Zeit misshandeln? Rosenstock-Hussey meint: Wenn ich zuviel in die Zeit stopfe, misshandle ich sie. Wenn ich die Zeit achtlos vorbeiziehen lasse, wenn ich sie totschlage mit vielen leeren Aktivitäten, dann ist das Misshandlung der Zeit. Eine so missachtete Zeit bestraft mich dadurch, dass sie sich der Gegenwart entzieht. Sie geht meinem Leben verloren. In solcher verlorenen Zeit verliere ich mich selbst. Ich fühle mich nicht. Ich bin nicht bei mir. Ich bin nicht gegenwärtig. Die nicht mehr gegenwärtige Zeit macht es mir selbst unmöglich, im Augenblick zu leben. Die Zeit selbst entzieht sich mir. Ich laufe ihr hinterher oder ich übersehe sie. Sie geht an mir vorüber, ohne mir ihr Geheimnis zu erschließen.

Sechs Stunden Arbeit sind genug
„Sechs Stunden sind genug für die Arbeit. Die anderen Stunden sagen zum Menschen: Lebe!“ Die Gewerkschaften werden dieses Wort des antiken Schriftstellers Lukian gerne für sich in Anspruch nehmen. Doch Lukian lässt sich nicht einfach von den Gewerkschaften vereinnahmen. Er sagt nichts über bezahlte Arbeit und gerechte Entlohnung. Vielmehr rückt er die Maßstäbe zurecht. Wer sechs Stunden arbeitet, kann eine Menge zu Wege bringen. Sechs Stunden kreative Arbeit genügen. Das Ziel des Lebens ist nicht, möglichst viel zu arbeiten, sondern zu leben. Leben heißt aber nicht, möglichst viel erleben und sich nach der Arbeit dem Vergnügen widmen. Leben heißt vielmehr: ganz im Augenblick sein, das tun, was dem Herzen entspricht: wahrnehmen, was ist, und so dem Geheimnis des Lebens auf die Spur kommen.

Ruhestand
„Einem Menschen zu sagen, er solle ausruhen, bedeutet, ihm zu sagen, er solle glücklich leben“ (Blaise Pascal).
Keiner kann glücklich leben, ohne dass er fähig ist zur Ruhe. Aber es genügt wohl nicht, jemanden dazu aufzufordern, dass er ausruhen soll. Denn viele sind heute unfähig, zur Ruhe zu finden. Daher sind sie wohl auch nicht zum Glück geboren. Ruhe hat in der antiken Philosophie einen hohen Wert. Ausruhen, die Muße genießen, darin liegt die Würde des Menschen. Doch heute müssen wir es erst wieder lernen, wirklich zur Ruhe zu kommen. Ruhig kann keiner werden, der nicht bereit ist, sich der eigenen Wirklichkeit zu stellen.

Freude ist ein Abendbrot
Das Buch „Nachfolge Christi“ des niederrheinischen Augustinerchorherren Thomas von Kempen (1380–1471) war neben der Bibel das meistgelesene geistliche Buch des Mittelalters. Für unsere Ohren klingt es sehr fordernd. Und seine Askese erscheint uns eher lebensverneinend. Doch das Ziel der Askese ist auch für Thomas von Kempen die Freude. Wir finden bei ihm auch den Satz: „Freude wird jedes Mal dein Abendbrot sein, wenn du den Tag nützlich zugebracht hast.“ Doch die Freude ist für Thomas von Kempen an Bedingungen geknüpft. Wenn ich meinen Tag nützlich zubringe, das heißt, wenn ich die Zeit nutze, wenn ich
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