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Das Karpaten-Projekt

Das Karpaten-Projekt

Titel: Das Karpaten-Projekt
Autoren: Werner Schmitz
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sich
alles im Leben aus.

    »Ceausescu ist schon ein paar Jahre tot«, sagte Hannes.
Er wollte langsam wissen, was Diana Steinkamp mit den rumänischen Bären
vorhatte.

    Sie kräuselte die hohe Stirn, die der Vater ihr vermacht
hatte. »Nach Ceausescus Tod war für die Bären erst mal Schluss mit Fettlebe.
Vorher waren sie regelrecht gemästet worden. Jetzt wurden sie gewildert. Und
dann kamen die Trophäenjäger aus dem Westen. Die zahlten Zehntausende für einen
großen Bären, und Rumänien ist ein armes Land. Es gibt heute nur noch halb so
viele Bären wie vor der Revolution. Und es werden immer weniger.«

    »Dagegen wollen Sie was tun?«

    Sie nickte. Ein unter dem Haar versteckter Brilli blitzte
an ihrem Ohr. Klein war der nicht.

    »Was?«

    Die Steinkamp sah ihn spitzbübisch an. »Ich habe jemanden
kennengelernt, eine Art Bärenflüsterer.«

    »Robert Redford in Rumänien«, entfuhr es Schreiber. Am
Tonfall hörte man, was er von Flüsterern hielt.

    Das Lächeln in Steinkamps Gesicht gefror. »Ist es eigentlich
Pflicht, dass Journalisten sich über alles lustig machen?«

    »In meinem Alter schon.« Hannes war längst auf der
falschen Seite der fünfzig angelangt und nahm vieles nicht mehr ernst. Das
Lachen schmeckte manchmal bitter, aber es schützte ihn vor dem Wahnwitz der
Welt. Nicht jedem gefiel diese Art Humor. Schreiber dachte an Bartelmus und
ruderte zurück. »Es tut mir leid, wenn Sie sich hochgenommen fühlen«,
samtpfötelte er, »für einen schlechten Spruch möchte ich keine gute Geschichte
verlieren.«

    »Schon gut. Sie sind nicht der erste Mann, der mich nicht
ernst nimmt. Manche merken, dass das ein Fehler ist. Den Rest lass ich dumm
sterben.«

    Oder über die Klinge springen, dachte Hannes den Satz
weiter. Der Reporter war an die Sorte Frau geraten, die ihm am meisten Mühe
machte. Powerfrauen waren Machtmenschen. »Dumm sterben stell ich mir
schrecklich vor«, sagte er.

    Diana Steinkamps Gesicht verzog sich ins Süßsaure. Sie
rückte sich zu einem neuen Anlauf im Sessel zurecht. »Also gut. Der Mann ist
Deutscher, hat hier Biologie studiert und war danach lange in Alaska unterwegs.
Er hat Grizzlys in Nationalparks vor Wilderern beschützt. Jetzt treibt er sich
in den Karpaten rum und versucht, den Trophäenjägern die Tour zu vermasseln.«

    »Wie macht er das?«

    »In Rumänien werden die Bären an der Fütterung abgeknallt.
Vom sicheren Hochsitz auf fünfzig Meter Distanz. Wer den Bären helfen will,
muss sie von der Fütterung fernhalten.«

    »Stell ich mir schwierig vor, einen hungrigen Braunbären
vom Fressen abzuhalten.«

    »Der Typ schafft das.« Der Bärenflüsterer schien der
Steinkamp mächtig imponiert zu haben. Ihre Augen, von denen Schreiber nicht
sagen konnte, ob sie blau, grau oder grün waren, strahlten so siegesgewiss wie
vorher unter der Kappe. Das stand ihr wirklich gut.

    »Wie macht er das?« fragte Hannes freundlich.

    Diana Steinkamp hatte den neuen Ton registriert. »Betriebsgeheimnis«,
flötete sie und schwang sich aus dem Sessel. Sie stand vor Schreibers Tisch und
lächelte auf ihn herab. »Wenn Sie nach Rumänien kommen, zeigt er es Ihnen.«

    Der Reporter beeilte sich, aus dem Drehstuhl hochzukommen.
»In Rumänien war ich noch nicht. Hab ich da was verpasst?«

    Die Steinkamp strich ihren Pullover in Form. Lange, feingliedrige
Finger glitten über den Stoff. »Lassen Sie sich überraschen«, sagte sie.

     

3

    Im Flugzeug von München nach Sibiu las Schreiber das Buch, das
ihm ein befreundeter Biologe geliehen hatte. Das heißt, er las nicht, er
verschlang die Schwarte. Bear Attacks wimmelte
von Bärenangriffen. Stephen Herrero hatte Hunderte Attacken auf Menschen
untersucht, ihre Ursachen erforscht und Ratschläge für das Verhalten im
Bärengebiet entwickelt. Hatte es Sinn, auf einen Baum zu klettern, wenn ein Bär
angriff? War es empfehlenswert, sich tot zu stellen? Wann kämpfte man besser
mit allem, was man hatte, gegen den attackierenden Petz?

    Das sind dann wirklich die letzten Fragen, dachte Hannes.
Aber er konnte das Buch einfach nicht aus der Hand legen. Am meisten erregte
ihn die Geschichte von den beiden Jägern, die in Alaska einen Elch geschossen
hatten. Sie brauchten mehrere Tage, um das Fleisch zum Camp zu schleppen. Nur
das Fell des Elchs hing noch in einem Baum nahe der Stelle, an der sie das Tier
zerlegt hatten. Forest Young, einer der beiden Jäger, entschloss sich zu einem
letzten Gang, um die Elchhaut zu bergen. Was dann
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