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Das Karpaten-Projekt

Das Karpaten-Projekt

Titel: Das Karpaten-Projekt
Autoren: Werner Schmitz
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passierte, schilderte Herrero
vergleichsweise trocken.

    Als er unbewaffnet
am Erlegungsort ankam, stellte Young fest, dass Bären ihn übernommen hatten −
sie hatten die zurückgelassenen Innereien mit Stöcken und Moos abgedeckt.
Forest ging zu dem Baum und begann gerade, das Fell herunterzuholen, als er
hundert Yards entfernt zwei Bären bemerkte. Er nahm an, es seien Grizzlys, war
aber nicht beunruhigt. Aufgrund seiner Erfahrungen mit Bären war er überzeugt,
dass sie ihn nicht belästigen würden.

    Schreiber dachte an das gemütliche Jagen in Deutschland,
wo allenfalls Kolkraben auf ihren Anteil warteten, wenn er ein erlegtes Reh im
Wald ausweidete. In Alaska war das anders.

    Sofort griff ihn
eines der Tiere an. Immer noch unaufgeregt schwenkte Forest die Arme und rief −
das normale Verhalten in solch einer Situation. Aber dieser Bär ließ sich nicht
bluffen. Forest sprang auf den untersten Ast eines Baumes. Er war kaum zwei
Meter geklettert, als der Grizzly das Unterholz wegräumte, sein rechtes Bein
umklammerte und ihn vom Baum zerrte.

    Auf dem Boden
gelandet hielt der Bär ihn mit einer Tatze fest und biss in seine rechte Hüfte.
Er riss eine Menge Fleisch heraus. Forest stieß dem Petz seine Fäuste ins Gesicht
– was dem Angriff einer Maus auf eine Katze gleichkam. Ihre Gesichter trennten
nur drei Handbreit Luft, während der Bär Forests Fleisch und Kleider zerfetzte.
Beim Einprügeln auf den Bärenkopf brach Forests Hand, und der Bär zerschredderte
seine unteren Extremitäten.

    Young beschloss,
sich tot zu stellen, und fiel auf die Seite. Der Bär hielt sofort inne und wäre
vielleicht verschwunden, wenn Forest nicht unwillkürlich gestöhnt hätte. Der
Bär biss ihn in die Seite und legte seine Blase frei. Der Schmerz war fürchterlich,
aber Forest bewegte sich nicht. Der Bär biss noch ein paar Mal, riss drei
Rippen los und öffnete den Brustkorb. Forest blieb still und bewegungslos. Der
Bär ging weg.

    Young versuchte,
sich zu entspannen. Er redete sich ein, der Bär sei gegangen, aber das Tier kam
zwei- oder dreimal brüllend zurück und inspizierte sein Opfer. Der Boden bebte
unter ihm. Forest lag da und wartete darauf, dass der Bär ihn jeden Moment in
Stücke risse. Nach einer Weile musste der Mann den Kopf drehen, um die Atmung
zu erleichtern und die Flüssigkeit in seinem Mund ablaufen zu lassen.

    Das war zu viel.
Hier kam der Bär wieder! Er musste die veränderte Position des Mannes
mitbekommen haben, denn er attackierte Forest von Neuem, fasste seinen Hintern,
biss auf den Knochen, hob sein Opfer hoch und schüttelte es. Forest fürchtete,
sein Kopf flöge weg oder seine Wirbelsäule bräche durch. Dann ließ der Bär ihn
fallen und verschwand.

    Schreiber schluckte. Es hieß, amerikanische Grizzlys
seien aggressiver als ihre europäischen Vettern. Ursus arctos horribilis,
Schrecklicher Braunbär, hatten Biologen ihn einst benannt, während der
europäische Bär ohne Horror im Namen auskommen musste. Der Biologe, der ihm das
Buch geliehen hatte, hielt das für Haarspalterei. »Ich würde mich an deiner
Stelle nicht darauf verlassen, dass ein rumänischer Braunbär weniger
schrecklich ist als ein amerikanischer, Hannes.«

    Worauf hast du dich da wieder eingelassen?, fragte sich
Schreiber. Er klappte das Buch zu, trank den letzten Schluck Gin Tonic aus dem
Plastikbecher und schloss die Augen. Eine Stimme aus dem Bordlautsprecher holte
den Reporter aus seinen Gedanken. »Meine Herren, wir beginnen nun unseren
Landeanflug auf Sibiu. Legen Sie bitte Ihren Sicherheitsgurt wieder an und
bringen Sie die Stewardess in eine aufrechte Position.«

    Es saßen tatsächlich nur Männer im Billigflieger,
Monteure im Auslandseinsatz, die über den Spruch des Stewards von Herzen lachen
konnten, und die unvermeidlichen Koofmichs im Geschäftsanzug, die sich nach dem
Durchblättern des FOCUS zur Info-Elite
zählten.

    Als die Maschine fast am Boden war, gab der Pilot plötzlich
Gas. Die Motoren brummten bedenklich. Weiter vorn sprang die Klappe eines
Gepäckfachs auf. Die Turbo-Prop gewann wieder an Höhe.

    »Neulich hatten sie hier ein Pferd auf der Landebahn«, sagte
der Typ auf der anderen Seite des Ganges, »das hat beim Start einen Reifen vor
den Kopf gekriegt.«

    »Und?«, fragte Hannes.

    »Das Pferd war tot.«

    »Und der Flieger?«

    »Dem fehlte nichts.«

    Es dauerte eine Weile, bis der Witzbold in der nachtblauen
Uniform sich wieder zu Wort meldete. Am Aufstöhnen der Rumänen an
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