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Das kalte Gift der Rache

Das kalte Gift der Rache

Titel: Das kalte Gift der Rache
Autoren: Linda Ladd
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keine Sturmtür, nur eine alte Holztür, die vermutlich ursprünglich zum Haus gehörte. Sie hatte ein rechteckiges Fenster aus Milchglas, und nach wenigen Minuten öffnete sie sich einen Spalt weit, der gerade mal so groß war, dass ein Blatt Papier durchgepasst hätte.
    »Ja bitte?« Ein feines Omastimmchen klang so, als wäre sich die Alte nicht sicher, ohne gültigen Durchsuchungsbefehl überhaupt irgendjemanden in ihr Haus zu lassen.
    »Mrs Talbott? Edith Talbott?«
    »Ja?« Eine Spur weniger ängstlich, aber nicht viel. Die Tür ging gerade so weit auf, dass sich eine magersüchtige Raupe durchschlängeln könnte.
    »Ich bin Detective Claire Morgan vom Sheriff ’s Departement Canton County. Und das hier ist mein Kollege, Detective Bud Davis.«
    »Haben Sie Mr Classon schon gefunden?«
    »Noch nicht, Ma’am.« Ich lächelte das blassblaue Auge an, das nun durch den Spalt lugte. »Wir dachten, Sie könnten uns dabei helfen, ihn zu finden.«
    »Ich weiß nicht, wo er ist. Ich hab ihm nichts getan. Ich kümmere mich um meine eigenen Angelegenheiten und erwarte dasselbe von ihm.«
    Bud sagte: »Ja, Ma’am. Wir würden Sie nur gern für ein, zwei Minuten sprechen.«
    »Dann schießen Sie schon los. Sprechen Sie mit mir.«
    »Hier draußen ist es verdammt kalt, Ma’am.« Wie zum Beweis dafür schlug Bud ein paar Mal kräftig die behandschuhten Hände aneinander und stieß eine Atemwolke von sich.
    »Wollen Sie mich nun dafür auch verantwortlich machen, oder? Ich meine, in dieser Jahreszeit muss man mit so einem Wetter rechnen. Im Winter ist es kalt, und manchmal schneit es auch.«
    Bud warf mir einen Manometer-die-nervt-Blick zu, und dann äugten wir beide zu dem Auge in der Tür. Es zwinkerte. Zweimal.
    »Dann lassen Sie doch mal Ihre Abzeichen sehen. Ich schau genug fern und weiß, mit welchen Tricks Mörder arbeiten. Und ich weiß auch, wie Spielzeugabzeichen aussehen.«
    Wir zückten die Abzeichen und zeigten sie dem Zyklopen.
    »Nun, die dürften okay sein, aber sicherheitshalber rufe ich doch lieber noch beim Sheriff an. Ist ein bisschen spät am Abend, um bei wildfremden Menschen aufzutauchen, ohne vorher anzurufen, meinen Sie nicht? Sie bleiben, wo Sie sind, und machen keine Faxen.« Die Tür knallte uns auf die Nase, ein Schloss klickte, dann noch zwei weitere.
    »Zum Teufel noch mal, da kommt man ja mit einer Handgranate leichter ins Oval Office.« Bud scharrte mit den Füßen, um sich warm zu halten, während ich brav weiterzitterte und in meine Hände blies, um meine erfrorene Nase zu wärmen. Meine verletzte Wange begann wehzutun.
    Schließlich tat sich die Tür ganz auf und gab den Blick frei auf die misstrauische Mrs Talbott. Sie stützte sich auf eine große Krücke aus Aluminium mit gebogenem Griff und in den Farben rot, weiß und blau wie die amerikanische Flagge. Sie war klein, hutzlig und überaus proper wie Granny, die Großmutter aus Silvester und Tweety, haargenau bis hin zu ihrem weißen Dutt. Ich hielt nach einem Vogelkäfig Ausschau. Auf einem Tisch am Fenster zur Straße stand einer aus braunem Korbmaterial. Er war jedoch leer. Vielleicht hatte ja Silvester in der Zwischenzeit Erfolg gehabt.
    »Tut mir leid, dass Sie in der Kälte warten mussten, aber in meinem Alter kann man nicht vorsichtig genug sein. Sie müssen wissen, ich bin schon siebenundachtzig. Und ich sehe regelmäßig die New York Cops. Law & Order ist auch ziemlich gut, und Gerichts-TV ist in meinen Augen der reine Bürgerservice. Da sieht man mal, wie Kriminelle mit uns Senioren umgehen. Deshalb hab ich auch meine Fenster vergittern und eine Alarmanlage einbauen lassen. Ich besitze ja keine Reichtümer, aber was mir gehört, gehört mir.« Sie sah uns trotzig an, und wir lächelten immer noch nett; schließlich waren wir ja auch große Fans dieser Sendungen. »Wir wissen Ihre Vorsicht sehr zu schätzen, Ma’am.« Darauf ließ sie uns endlich herein, und im Vergleich mit der Engelhölle von vorhin war ihr Umfeld eine reine Erholung. Kein einziger Cherubim oder Seraphim in Sicht. Es gab viele Bücher, Zeitungsstapel und ein großer, auf stumm geschalteter Fernseher, in dem gerade Sex and the City lief. Hm. Mrs Talbott hatte offenbar noch jede Menge Temperament.
    »Also dann setzen Sie sich schon, und ich mach uns einen Tee. Kaffee biete ich Ihnen gar nicht erst an, weil er nicht gesund ist. Ich selbst trinke nur grünen Tee und hab auch gar nichts anderes im Haus.« Ihre Blicke trafen zunächst mich, dann Bud, als würden
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