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Das irische Erbe

Das irische Erbe

Titel: Das irische Erbe
Autoren: Dagmar Clemens
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es sogar noch weitergegangen, vielleicht hatten sie Sex auf seinem sonst immer so steril sauberen Schreibtisch gehabt. Von Patricia konnte sie sich vorstellen, dass es dabei laut zugegangen war. Und er? Sie musste grinsen. Patricia jedenfalls konnte ihr jetzt nichts mehr vormachen. Sex im Büro, wie billig. Das passte gut zu den engen Fummeln, die sie immer trug.
    »Na, was ist denn?«, murmelte Viktor und starrte auf das Rotlicht der Ampel, als könne er damit die Phasen verkürzen.
    Wahrscheinlich dachte Patricia jetzt, sie habe ihn an der Angel. Sie wollte sicher heiraten und Kinder haben und ihren Lebensstandard verbessern. Nicht länger die kleine Angestellte sein, sondern die Frau des Bereichsleiters.
    Die Ampel sprang auf Grün und Viktor gab etwas zu viel Gas, sodass die Reifen quietschten.
    Pessoa verdiente gut und konnte noch weiter aufsteigen. Aber er dachte sicher nicht im Traum daran, sie irgendwann zu heiraten. Er suchte sicher eine Frau mit Klasse und keine Sekretärin, die nicht einmal anständig englisch sprechen konnte.
    Claire lachte leise und Viktor fragte sofort: »Was amüsiert dich denn so?«
    »Ach, nichts«, sagte sie leichthin. Viktor hätte für die Geschichte kein Verständnis. Nicht für Pessoas zweifelhafte Affäre und auch nicht für ihr Amüsement darüber. Viktor war standesbewusst. Und diskret. Er hätte nicht an der Tür gehorcht, sondern sofort das Büro verlassen. Ganz leise.
    »Bist du denn überhaupt hungrig?«, fragte er nun.
    »Ja, und wie.«
    Das war gelogen. Sie hatte am Nachmittag noch eine Tüte Plätzchen gegessen.
    Er fuhr vor das › Xantos ‹ vor und sofort kam ein Angestellter im schwarzen Anzug und öffnete die Beifahrertür.
    Wie albern, dachte sie und stieg aus. Auch beim letzten Mal kam sofort jemand gesprungen und sie war davon sehr beeindruckt gewesen. Jetzt aber fand sie es übertrieben. Der Angestellte verbeugte sich vor Viktor und übernahm den Wagen. Dann gingen sie hinein. Während sie auf den Maître warteten, sah sie sich um. Wie immer war das › Xantos ‹ dezent, aber stilvoll dekoriert, vorwiegend in den Farben Rot und Grün. Die noch wenigen Gäste passten zu den eingedeckten Tischen mit den hochstieligen Gläsern und der üppigen Blumendekoration. Ganz in der Nähe saß eine ältere Frau, die eine Kette mit einem funkelnden Diamanten trug. Bestimmt ein echter Stein. Eine andere Frau sah mit ihrem weißen Abendkleid wie eine Braut aus. Ihr Begleiter trug sogar einen Smoking. Sicher wollten die Herrschaften noch in die Oper.
    Ein Mann in mittleren Jahren, der von einem ganz jungen Mädchen in einem kleinen Schwarzen begleitet wurde, sah immer wieder auf die Uhr, so als könne er es nicht erwarten zu gehen. Wahrscheinlich in ein Hotelzimmer.
    Ein Kellner brachte eine Flasche Wein an einen anderen Tisch und präsentierte höflich das Etikett, und der Gast, ein Fünfzigjähriger mit angegrauten Schläfen, studierte die Angaben und nickte dann gnädig.

    Claire fühlte sich plötzlich fehl am Platze. Viel lieber würde sie zu ihrem Lieblingsitaliener gehen, eine kleine Pizzeria, in der die Reste unaufgefordert eingepackt wurden, damit man sie mit nach Hause nehmen konnte. Nur einmal war sie mit Viktor dort gewesen. Es wurde ein Reinfall. Er störte sich an der vertraulichen Art des Kellners, den jungen Gästen, die ihm zu laut waren, und den harten Bänken, die bei ihm sofort Rückenschmerzen verursachten. Nein, die Pizzeria war einfach nicht Viktors Welt.
    Sie drehte sich zu ihm. Viktor lächelte auf eine Weise, die sie einen Moment irritierte. Aber bevor sie darüber nachdenken konnte, hörte sie eine bekannte Stimme.
    »Na, so was. Habe ich doch richtig gesehen.«
    Auch das noch. Es war tatsächlich Lena. Und ein Schritt hinter ihr, wie ein Prinzgemahl, Max, ihr Dauerverlobter. Viktors beste Freunde.
    »Lena«, sagte Viktor in einem Ton, der ihr unecht vorkam. »Was macht ihr denn hier? Das ist aber eine Überraschung.«
    Lena begrüßte sie und Viktor mit Küsschen links, Küsschen rechts, Max mit dem üblichen schlaffen Händedruck.
    »Warum habt ihr nicht gesagt, dass ihr hier essen wollt? Dann hätten wir uns einen gemeinsamen Tisch bestellen können«, sagte Lena. Claire sah auf ihre Füße.
    Der Maître erschien und Viktor fragte ihn, ob sie einen größeren Tisch haben könnten. Was selbstverständlich ging. Der Livrierte führte sie in eine ruhige Ecke. Claire ärgerte sich. Am liebsten wäre sie gegangen. Warum zum Teufel mussten sie nun den
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