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Das irische Erbe

Das irische Erbe

Titel: Das irische Erbe
Autoren: Dagmar Clemens
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Arbeitslosenunterstützung würde von der örtlichen Polizei ausgezahlt.
    Wie unkompliziert, dachte Claire. Dann nahm der Anblick der Cliffs of Moher sie gefangen. Majestätisch erhoben sich die steilen Felsen und sie hielt einen Moment den Atem an. Tim hatte richtig gehandelt, als er nach Irland ging. Und sie ebenfalls, als sie ihm folgte. Sie schloss einen Moment die Augen, bis jemand rief »Delphine«. Einer der Jungen zeigte aufgeregt aufs Wasser, aber sie konnte nichts sehen.
    Von den drei bewohnten Inseln war die Inishere die östlichste. In Zoes Reiseführer stand, dass es dort unter anderem eine Kirche aus dem zehnten Jahrhundert gab. Beim Näherkommen erkannte sie die vielen kleinen Gärten, die von Steinmauern umgeben waren, womit die Bewohner den wenigen fruchtbaren Boden vor den heftigen Winden zu schützen suchten. Die lange Zeit unfruchtbare Erde war in mühseliger Arbeit mit Meeresalgen und Sand fruchtbar gemacht worden. Mittlerweile wurden dort Kartoffeln angebaut.
    Aber als sie von der Fähre ging, war sie enttäuscht. Der erste Eindruck von der Insel war unwirtlich. Die Landschaft war karg, es gab wenig Bäume, dafür Steine, Kies und Geröll. Durch die starke Brandung, die mit Gewalt auf die Klippen peitschte, war die Küste mit einem Salzmantel überzogen, und sie fragte sich, was Maureen hier so angezogen hatte.
    Die Gruppe folgte ihr in kurzem Abstand. Wieder lauschte sie der Stimme des Mannes, der die Kartoffeln der Inseln als die besten des Landes anpries.
    Langsam schlenderte sie auf das Dorf zu, dessen reetgedeckte Häuser sich an die Erde zu kauern schienen. Das gefiel ihr schon besser. Die Häuser standen nebeneinander, als wollten sie sich gegenseitig vor der Kälte und den Winden schützen. Sie fand kleine Geschäfte, die so aussahen, als habe sich dort seit über fünfzig Jahren nichts mehr verändert, und wahrscheinlich war es auch so. In einem Geschäft, einem winzigen Raum, in dem es stark nach Kohl roch, gab es gestrickte Pullover. Sie kaufte bei einer alten Frau, die traditionell einen roten Flanellrock und ein Häkeltuch trug, einen für sich und einen für Nina.

    Wieder auf der Straße hörte sie Musik, der sie folgte, bis sie an ein Pub kam. Sie blieb stehen und zog einen Zettel hervor und bog dann hinter dem Pub rechts ab. Die Gasse war so schmal, dass sie die Mauern rechts und links berühren konnte, wenn sie die Arme seitlich ausstreckte. Nach ungefähr hundert Metern führte links eine Treppe zu einem oberhalb liegenden Weg. Das musste er sein. Sie stieg die unebenen Stufen hoch und blieb oben einen Moment atemholend stehen. Vor ihr lag die kleine mittelalterlich anmutende Kirche, die sie gesucht hatte. Im Gegensatz zu der bekannteren St. Gobnait war diese Kirche unscheinbar. Aber auch sie musste über siebenhundert Jahre alt sein. Langsam ging sie weiter. Das Gemäuer lag auf einer Anhöhe, der höchste Punkt der Insel, wie es im Zeitungsartikel hieß. Der Weg war nicht befestigt, immer wieder musste sie größeren Steinen und Löchern ausweichen, bis sie vor dem schweren Eisengitter, das einen Spaltbreit offen stand, stehen blieb.
    Es war die richtige Kirche. Sie konnte im Hintergrund einige windschiefe Grabsteine erkennen. Und das Wasser. Sie betrat den Kirchhof und ging zu der zweiflügeligen, verwitterten Eingangstür des Gotteshauses. Sie war verschlossen, aber damit hatte sie gerechnet. Wie sie in den alten Zeitungsberichten gelesen hatte, wurde sie wegen Einsturzgefahr nicht mehr benutzt.
    Sie drehte sich um und ging langsam an den Gräbern vorbei. Der Friedhof wurde nicht mehr gepflegt. Auf den Wegen wucherte Unkraut, die meisten Steinkreuze hatten sich der Macht des Windes gebeugt und standen schief. Zwei waren umgefallen und lagen auf der Grabstätte.
    Plötzlich tauchte ein Mann im schwarzen Priestergewand auf. Ungerührt sah er zu ihr hin. Sie überlegte, ob sie zu ihm gehen solle, ließ es aber sein.
    Claire ging von Grab zu Grab. Die Inschriften mancher Grabsteine waren nur noch schwer zu entziffern. Auf dem dritten Stein stand kein Name, sondern nur eine Art Beschreibung. Soweit sie erkennen konnte, bedeutete es › Mann mit Hund ‹ . Dann kamen wieder Steine mit Namen und Geburts- und Sterbedaten. Dann stand sie vor dem nächsten anonymen Grab, dessen kurze Inschrift sie aber nur teilweise übersetzen konnte. › Seanmháthair ‹ , das bedeutete Großmutter, und › bainne ‹ Milch, soweit sie wusste.
    Sie hatte sich wieder daran erinnert, was Bridget
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