Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das irische Erbe

Das irische Erbe

Titel: Das irische Erbe
Autoren: Dagmar Clemens
Vom Netzwerk:
stümperhaft nannte, seinen Bildern fehle jeder Tiefgang, sie erinnerten eher an Malversuche von Hausfrauen, die einen Malkurs absolviert hätten. Seine ewig gleichen Blumenmotive langweilten sofort. Ein anderer Kritiker meinte aber, gerade in seiner Einfachheit spreche er die Menschen an. Darin offenbare sich eine versteckte Kraft.
    Auch er schien also eine Karriere vor sich zu haben. Von seiner Schwester und der verschollenen Mutter wurde aber nichts erwähnt. Ein kleines Foto zeigte den Künstler. Ein verträumtes, von leichter Melancholie umschattetes Gesicht, lockiges Haar. Er sah jünger aus als er war, dabei musste er auf die fünfzig zugehen. Maureens Sohn.

    Tim und Nina waren kurz in der Stadt, würden aber bald wieder da sein. Im Hotel lief alles bestens. Alice stand an der Rezeption und überprüfte neue Buchungen. Am Morgen waren weitere Gäste gekommen. Ein älteres Paar, das sich zum ersten Mal einen Urlaub leistete.
    Seitdem Nina von ihrem Besuch bei Ben berichtet hatte, war etwas von Claire abgefallen. Eine neue Energie durchströmte sie.
    Sie ging in den Stall, holte die Stute auf den Hof und putzte sie in aller Ruhe. Dann sattelte sie sie und überprüfte sorgfältig, ob alles richtig verschnallt war. Beim Aufsteigen schnaubte Samira laut. Vorsichtig nahm sie die Zügel auf und ritt los.
    Es war ein seltsames Gefühl. Noch nie war sie alleine ausgeritten und sie nannte sich immer noch einen blutigen Anfänger. Was würde sie tun, wenn die Stute nicht weitergehen wollte? Tim hatte einmal von einem Mann erzählt, der sich ein Pferd kaufte, aber nicht alleine ausreiten konnte, weil das Tier sich weigerte, sich weiter als hundert Meter vom Stall zu entfernen. Wenn er ausreiten wollte, musste immer jemand mitkommen.
    Aber die Stute marschierte munter los, sie schritt viel weiter aus als im Viereck. Offensichtlich machte es ihr Spaß, nach draußen zu kommen.
    Claires anfängliches Herzklopfen ließ allmählich nach. Sie ging eine Weile im Schritt und trabte dann vorsichtig an. Die Stute wurde schneller, reagierte aber auf ihre Zügelhilfen. Dann kamen sie an einen Grasweg. Sie nahm die Zügel etwas kürzer, gab vorsichtig die Galopphilfen und das Tier galoppierte an. Wieder wurde sie zuerst etwas schneller, ließ sich aber sofort zurücknehmen, als sie ganz sacht die Hände eindrehte. Claire versuchte den leichten Sitz und stützte ihre Fäuste am Widerrist auf. Die Mähne des Tieres flatterte munter im Wind. Die Büsche huschten an ihr vorbei. Sie hörte den dumpfen Hufschlag auf dem federnden Boden, spürte die Bewegung des Tieres unter sich. Aus den Augenwinkeln nahm sie einen hoppelnden Hasen wahr, der im Zickzackkurs über das Feld lief, als wolle er ihnen ein Wettrennen liefern.
    Am Ende des Weges nahm sie die Zügel vorsichtig auf und das Tier fiel sofort in Schritt. Glücklich klopfte sie sie am Hals und ließ die Zügel etwas länger werden.
    Sie gingen im Schritt zurück. Samira trottete zufrieden und ließ sich auch nicht von einem auffliegenden Vogel aus der Ruhe bringen. Erst als es allmählich dämmerte, zeigte ein Blick auf die Uhr, dass sie fast zwei Stunden unterwegs gewesen war. Als sie am Hof ankam, lief ihr Nina entgegen. Ihr folgte Tim, der kreidebleich war.
    »Mein Gott, Claire, wo bist du gewesen? Wir haben uns fürchterliche Sorgen gemacht.«
    Er wollte schon nach dem Zügel greifen, aber die Stute schnappte nach ihm. Er trat einen Schritt zurück.
    »Wie kannst du nur alleine ausreiten? So fit bist du noch gar nicht. Ich hatte furchtbare Angst, das Tier könne dich abwerfen und dich verletzt irgendwo liegen lassen.«
    »Wirklich Claire«, mischte sich auch Nina ein. »Draußen kann viel passieren. Es ist besser, wenn ich dich begleite.«
    Sie lachte.
    »Ihr habt recht, das nächste Mal sage ich euch Bescheid.«
    Nina wollte zu ihr treten, aber Samira machte Anstalten, auf die Hinterbeine zu steigen.
    »Schon gut«, brummte Nina und wich zurück.
    Abends saßen sie noch lange zusammen. Nina und Claire tranken eine Flasche Rotwein und wurden immer alberner. Tim trank Kakao, blätterte in Auktionsunterlagen und machte sich Notizen zu Pferden, die er sich vielleicht ansehen wollte.
    Am nächsten Tag ging sie mit Alex ins Theater. Er meinte, es sei eine gute Übung für sie, da das Stück natürlich in irischer Sprache aufgeführt werde. Er war wie immer pünktlich und unterhielt sich mit Tim, bis sie fertig war. Alice würde länger bleiben und sich um die Gäste kümmern.
    Als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher