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Das Insekt

Das Insekt

Titel: Das Insekt
Autoren: Graham Masterton
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unter den Sofabeinen zu fixieren, knisterte die Folie.
    Sie hätte Ray und Duke auch in der Küche opfern können, immerhin gab es dort pflegeleichte, weiße Bodenfliesen. Aber sie wusste, dass die Fliesen selbst zwar leicht zu reinigen waren, nicht aber die Fugen dazwischen. Sogar die geringste Menge Blut würde im Verdachtsfall für einen DNA-Test ausreichen.
    Nun schleifte sie die Leichen ins Wohnzimmer und schälte sie aus ihrer Kleidung. Sie konnte gut leblose Körper ausziehen, schließlich hatte sie das fast jede Nacht mit Duke machen müssen. Nachdem sie nackt vor ihr auf dem Boden lagen, ging sie zurück in die Küche und wählte ein Ausbeinmesser mit schwarzem Griff und fünfundzwanzig Zentimeter langer Klinge.
    »Bonnie!«, rief Ralph. »Geht es dir gut? Ich hab dir schon dreimal Hallo gesagt, aber du antwortest gar nicht.«
    Sie stand an der offenen Haustür und blinzelte nur. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wie sie dorthin gekommen war. »Hallo Ralph.«
    »Irgendwie ist das eine komische Situation.«
    »Komisch? Was ist daran komisch?«
    »Weil ich mich vorher so komisch benommen habe. Ich habe überreagiert.«
    »Immerhin sind wir beide verheiratet. Das macht es nicht einfacher.«
    »Gibt es Neuigkeiten von Duke und Ray?«
    »Nein. Nichts. Komm rein. Willst du was trinken? Ich hab Bier, Seven-up. Milch.«
    Dem Anschein nach etwas peinlich berührt betrat Ralph das Wohnzimmer. Neugierig sah er sich um und entdeckte das Elvisbild. »Hübsch«, sagte er.
    »Ja, das ist gut, oder? Ein Freund von Duke hat es gemalt.«
    Er setzte sich auf die Sofakante und schwitzte unter seinem hellgrauen Jackett und rosa Hemd.
    »Gib mir doch deine Jacke«, sagte sie.
    »Nein danke, es geht schon.«
    »Das sieht aber wirklich nicht sehr bequem aus. Jetzt gib mir schon deine Jacke.«
    »Das ist nicht nötig, ehrlich, Bonnie. Ich bleibe eh nicht lange, ich wollte nur ein paar Dinge zwischen uns klären.«
    Was gibt’s denn da zu klären? Ich weiß, dass du weißt, dass ich Phil Cafagna nicht angemacht habe.«
    »Das weißt du?«
    »Phil Cafangna hat nichts mit dem Ende unserer Beziehung zu tun. Klar, er hat die Bestellung storniert, aber das war nur eine Kurzschlussreaktion. Er braucht Glamorex so, wie Glamorex ihn braucht. Wo sonst bekommt er Lipgloss für den Einkaufspreis von einem Dollar zwölf Cent bei einem Verkaufspreis von fünfzehn neunundneunzig? Der kommt schon wieder – wenn er es sogar nicht schon getan hat.«
    Ralph sagte nichts. Stattdessen zog er ein Taschentuch heraus und tupfte sich über die Stirn.
    »Du hast ganz einfach die Nerven verloren, Ralph. Ich verstehe das. Seine Ehe sausen zu lassen und etwas ganz Neues anzufangen ist ein großer Schritt, besonders, wenn man auf die vierzig zugeht und bei der Scheidung wahrscheinlich das Haus, das schöne neue Auto und die Hälfte des Geschäfts verliert. Wirklich, ich verstehe das. Ich dachte erst, mein Leben würde sich völlig verändern, aber letztlich habe auch ich Verantwortung, Ralph. Na ja, hatte ich Verantwortung… wenn Ray und Duke nicht zurückkommen.«
    »Wo, glaubst du, könnten sie sein, Bonnie?«
    »Wirklich, Ralph, ich habe keine Ahnung.«
    »Aber es ist doch irgendwie merkwürdig, dass du nicht mehr weißt, wann sie das Haus verlassen haben.«
    »Woher weißt du das?«
    »Was?«
    »Woher weißt du, dass ich mich nicht daran erinnern kann, wann sie das Haus verlassen haben?«
    »Von dir. Das hast du mir gesagt.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Ist doch ganz egal. Wichtig ist nur: Was ist ihnen zugestoßen?«
    »Wenn ich es doch nicht weiß. Was soll ich denn noch sagen? Ich dachte, wir würden über uns sprechen.«
    »Ich liebe dich, Bonnie«, sagte Ralph. »Das weißt du doch. Aber ich habe einfach zu viel zu verlieren und ich kann nicht mehr ganz von vorn anfangen, Bonnie. Dafür bin ich einfach ein zu großer Feigling.«
    »Aha. Ein Feigling. Das hätte ich eigentlich nicht von dir gedacht.«
    »Ich kann mein Leben nicht wie du völlig umkrempeln. So stark bin ich nicht.«
    »Was willst du denn damit sagen? Ich habe mein Leben nicht völlig umgekrempelt.«
    »Du weißt schon… Das mit Duke… das hast du ja jetzt geklärt… sozusagen.«
    »Das mit Duke habe ich geklärt? Ich habe nichts geklärt. Das mit Duke hat sich geklärt, weil das mit Duke Zigaretten holen gegangen ist, oder was weiß ich.«
    »Aber genau das hast du gar nicht mitgekriegt. Dass er gegangen ist?«
    Bonnie drehte sich ihm zu und blickte ihm gerade ins Gesicht.
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