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Das Insekt

Das Insekt

Titel: Das Insekt
Autoren: Graham Masterton
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Bonnie. »Bis später.«
     

 
    Das Puzzle
     
     
    Bonnie schreckte aus dem Schlaf hoch und streckte sofort die Hand nach Duke aus. Aber er lag nicht neben ihr. Es war erst Viertel nach fünf und der Himmel war blassblau wie getrocknete Kornblumen.
    Sie stand auf, ging ins Badezimmer und betrachtete sich im Spiegel. Ihre Haare standen wild ab und ihre Augen waren verquollen. Sie erkannte sich kaum und musste an eine dieser Frauen denken, die im Echo Park unter der Brücke schliefen.
    Sie hatte die Tat nur geträumt, sagte sie sich, nichts davon war wirklich geschehen. Konnte wirklich geschehen sein. Ein Albtraum, nichts weiter. Nie hätte sie ihren Mann und ihren Sohn erdrosseln können. Was hatte Juan Maderas gesagt? Selbst wenn sie es getan hatte: Wo waren ihre Leichen?
    Schlafen konnte sie nicht mehr, deshalb ging sie in die Küche und trank ein großes Glas eiskalten Orangensaft. Ihr Gaumen schmerzte von der Kälte. Dann stand sie am Fenster und starrte in die Dämmerung. Sie sah die leeren Liegestühle im Garten. Sie erinnerte sich daran, Duke und Ray darauf liegen gesehen zu haben, als sie mit Esmeralda sprach. Waren sie da noch am Leben oder schon tot?
    Sie ging ins Wohnzimmer und nahm das Elvisbild von der Wand. Der Bilderdraht schien unberührt. Wenn sie ihn als Mordwaffe benutzt haben sollte, würde niemand es je erfahren. Nicht einmal sie selbst.
    Sie stellte den Fernseher an und sah alte Folgen von I Love Lucy, bis die Sonne aufging.
    Kurz nach acht rief Ralph an.
    »Bonnie? Joyce Bach hat mir von der Sache mit Duke erzählt. Du hast mir gesagt, er hätte dich verlassen. Mir war nicht klar dass er, dass er… als vermisst gilt.«
    »Er und Ray. Ich weiß einfach nicht, wo sie sein könnten. Letzte Nacht habe ich geträumt, ich hätte sie umgebracht.«
    »Entschuldige, aber du klingst wirklich nicht gut.«
    »Ich fühle mich auch nicht gut.«
    »Also, ich wollte nur sagen, dass ich mich dir gegenüber nicht fair verhalten habe. Ich habe dir die Schuld für meine Probleme gegeben. Phil Cafanga ist einfach ein notgeiler Schweinehund, und abgesehen davon war es nicht besonders clever von mir, so viel auf eine Karte zu setzen.«
    »Soll das heißen, du hast deine Meinung geändert?«
    »Ich habe dich im Stich gelassen und ausgenutzt, Bonnie. Aber das war falsch, denn als ich dir gesagt habe, dass ich dich liebe, habe ich das ernst gemeint. Ich schwör’s.«
    »Vielleicht war es trotzdem besser so.«
    »Wir sollten uns treffen, Bonnie, über alles reden.«
    »Ich bin wirklich nicht so richtig auf der Höhe, Ralph.«
    »Du bist immer auf der Höhe. Bitte Bonnie, ich brauche die Chance, dir alles zu erklären.«
    Bonnie betrachtete den Kokon im Marmeladenglas. Bald würde der Falter schlüpfen.
    »Na gut. Komm doch einfach vorbei.«
    »Du meinst zu dir?«
    »Warum nicht. Wir sind unter uns und ich habe guten Kaffee.«
    »Genau. Ja, genau. Dann komme ich um – sagen wir Viertel nach zwölf?«
    »Ich bin da.«
    Bonnie legte den Hörer auf. Sie nahm das Glas. Der Kokon war aufgebrochen: »Was bist du? Was willst du? Meine Seele? Warum müssen wir die Menschen opfern, die wir am meisten lieben? Was hast du davon?«
    Und doch kannte sie die Antwort. Abraham musste seinen Sohn töten, um Gott die Stärke seines Glaubens zu beweisen. Vielleicht war es das, was auch Itzpapalotl verlangte.
     

 
    Ralph schüttet sein Herz aus
     
     
    Bonnie ging ins Schlafzimmer und ließ die Rollläden herunter, sodass es fast vollkommen dunkel in dem Raum war. Sie schlug die Decken zurück und glättete mit der Hand die Laken. Dann nahm sie das Marmeladenglas, schraubte den Deckel ab und stellte es zwischen die Kopfkissen.
    »Ich weiß, dass du kein Licht magst«, sagte sie laut.
    Sie schloss die Schlafzimmertür hinter sich und ging zurück in die Küche, um Kaffee zu kochen und einen Teller mit Shortbread und Kokosmakronen zu arrangieren. Duke hatte Kokosmakronen gehasst.
    Sie frischte ihr Make-up auf und warf Elvis eine Kusshand zu. In diesem Moment hielt Ralphs glänzender blauer Wagen vor dem Haus.
    Dukes nackte Füße schlingerten über den Teppich, als Bonnie ihn in die Küche zerrte. Danach holte sie Ray. Seite an Seite lagen Vater und Sohn auf dem Küchenboden. Bonnie schloss die Terrassentür. Rays angeschwollenes Gesicht sah friedvoll aus, aber Dukes Ausdruck war noch im Tod wütend und beleidigt.
    Im Wohnzimmer breitete sie die grüne Plastikfolie auf dem Teppich aus. Als sie auf Knien darüberkroch, um die Ecken
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