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Das Impressum

Das Impressum

Titel: Das Impressum
Autoren: Hermann Kant
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auch noch ein für allemal, und traf ihn zwischen Kinn und Kragen, und erst auf dem schnellen Heimweg sagte ich: »Nie!«
     
    Als ich ein Spottgedicht auf die Babypille witzig gefunden und es hatte drucken lassen, da sagte Schwester Turo zu mir: »Wieviel Kinder haben Sie eigentlich, Herr Groth? Wenn ich richtig mitgezählt habe, haben Sie den einen David. Ich will Sie nicht fragen, wie Sie das machen; es wird wohl auch nichts Originelles sein; wenn man ein Dutzend Jahre Hebamme ist, übersieht man das Gebiet ungefähr – aber wie Sie dazu kommen, so einen miesen Witz zu drucken, das frage ich Sie einfach mal. Mir darf wahrhaftig keiner sagen, ich liebte die Kinder nicht; dazu habe ich zu vielen auf die Welt geholfen, und ich habe sie alle gemocht, alle, Herr Groth, und ich wollte, ich könnte nach denen allen sehen, so wie ich hin und wieder den David sehe. Das ist schön, können Sie mir glauben, wenn ich die Bengels mit ihren großen Klappen höre, Autos undBeat und Mathematik, dann denke ich: Ach, Kleiner, jetzt gibst du so an, aber ich weiß noch, wie du nach Luft geschnappt hast und wie du gerochen hast und hast getan, als würden wir dich verhungern lassen. Und manchmal möchte ich dann sagen: Du, Großmaul, Drachentöter, was meinst du denn wohl, wer dir als erste eins auf deinen Hintern gegeben hat? Was würdest du sagen, wenn ich dir sage: Du, und gepudert habe ich ihn dir auch. Jeder Beruf hat seine Haken und Ösen, aber jeder Beruf hat auch etwas, warum man ihn gegen keinen andern tauschen würde. Meins ist vielleicht, daß ich in der Straßenbahn sitze und mir die jungen Damen betrachte und denke: Na, Fräulein, haben wir uns nicht schon mal gesehen? Aber manchmal denke ich bei denselben jungen Damen: Und wann werden wir uns wiedersehen, wann kommst du mit deinem Köfferchen und hast deine Art von Angst? Noch bin ich nicht so lange in dem Beruf, daß meine Ersten kommen, um ihr Erstes zu kriegen, aber lange dauert das nicht mehr. Denen werden schon die Knie rund, und oben rum ist die sogenannte Beschleunigung am Werke; an dem Tag, an dem die erste auftaucht, weiß ich: Jetzt bin ich so eine Art Oma. Aber reden wir nicht weiter von mir, und reden wir nicht von den ganz Jungen; wir wollten ja von dem Gedicht in Ihrer Zeitung reden. Das soll also nun sehr komisch sein, daß es jetzt etwas gibt, damit die Akrobatik aufhört und die Nachttisch-Mathematik und die Industrie mitten zwischen den gehobenen Gefühlen – das finden Sie witzig, wenn ein Stück Angst abgeschafft wird? Das ist mir aber sehr seltsam, denn so kenne ich uns sonst gar nicht. Sonst sind wir doch immer dabei, wenn es auf die Angst losgeht; wieso ist denn dies nun zum Lachen? Neulich hab ich im Radio einen singen hören, so schwarze Lieder, wie sie das nannten; das ist allgemein nicht mein Fall, und die meisten Sachen von dem waren auch nicht mein Fall, aber ein Lied war dabei, das hat mir auch nicht gefallen, und doch. Da hat er den Lebenslauf von einem gesungen; ein ziemlich sinnloses Leben war das, entweder ist ihm alles danebengegangen, oder wenn es geklappthat, hat man nicht gewußt, wozu. Und der Sänger hatte schon ein gewisses Recht, wenn er in jeder Strophe den, von dem er gesungen hat, gefragt hat: ›Für was bist du gekommen?‹ Nicht gefallen hat mir das Lied, weil man den Eindruck haben konnte, es war nicht nur der eine Pechvogel gemeint; es waren alle Menschen gemeint, das ganze Leben, und da bin ich anderer Meinung. Aber gefallen hat mir die Frage: ›Für was bist du gekommen?‹ Die kenne ich nämlich, die kenne ich aus meinem Beruf. Manchmal denke ich das selbst, wenn ich mir die Eltern ansehe: Hängen so im Leben rum, sind sich selber nicht gut, können sich nicht ausstehen, weil sie wissen, daß sie nichts taugen, daß sie ihren Punkt verpaßt haben, schlurren so durch die Weltgeschichte und werden nur noch lebendig, wenn es in die Federn geht; da haben sie denn sechs Kinder, und denen sieht man auch schon an, daß die Schule allein gegen die Schlurrigkeit nicht ankommt – und nun kommt Nummer sieben, und ich denke: Für was bist du gekommen? Aber für diese Art Leute ist die Pille auch nichts, da mache ich mir nichts vor, weil sie einfach nicht die Disziplin haben. Aber die vielen anderen; da gibt es Krankheit, anatomische Besonderheiten, Kummer mit der Wohnung, einen Beruf, den man nicht aufgeben möchte, ein Studium, das man unterbrechen muß, oder auch bloß einen Mann, mit dem das wohl Spaß macht, aber zum
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