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Das Imperium der Woelfe

Das Imperium der Woelfe

Titel: Das Imperium der Woelfe
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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werden.«
    Keine besonders gute Nachricht, wie dem ernsten Tonfall des Neurologen zu entnehmen war.
    »Und wo liegt das Problem?«, fragte Anna.
    »In der Ursache der Verletzung. Da trete ich, wie ich zugeben muss, auf der Stelle. Wir haben keinerlei Hinweise auf einen Tumor gefunden, keine neurologische Auffälligkeit. Du hast keine Schädelverletzung erlitten und auch keine geplatzte Ader, wegen der dieser Teil des Gehirns nicht mehr durchblutet würde.« Er schnalzte mit der Zunge. »Wir müssen neue, tiefer gehende Untersuchungen durchführen, um die Diagnose zu vervollständigen. «
    »Was für Untersuchungen?«
    Der Arzt setzte sich hinter seinen Schreibtisch, dann sah er sie an, seine Augen überzog ein seltsamer Glanz: »Eine Biopsie, bei der eine winzige Menge Hirngewebe entnommen wird.«
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis Anna begriffen hatte. Der Schreck fuhr ihr in die Glieder. Sie wandte sich Laurent zu und bemerkte, dass er mit Ackermann einvernehmliche Blicke austauschte. Wut trat an die Stelle ihrer Angst: Die beiden waren Komplizen, und das vermutlich seit heute Morgen.
    Ihre Lippen zitterten, als sie anhob: »Das kommt gar nicht in Frage.«
    Der Neurologe lächelte zum ersten Mal. Sein kaltes, künstliches Lächeln sollte Anna besänftigen, doch sie spürte, wie ihre Unruhe zunahm.
    »Du hast nichts zu befürchten. Wir werden eine stereotaktische Biopsie vornehmen. Dabei verwendet man eine Sonde, die...«
    »Ich lasse keinen an mein Gehirn ran.«
    Anna stand auf und rückte ihren Schal zurecht, der sich zu beiden Seiten des Halses wie ein goldener Rabenflügel über ihre Schultern spannte. Laurent ergriff das Wort: »Das darfst du so nicht sehen, Eric hat mir versichert, dass... «
    »Du bist wohl auf seiner Seite?«
    »Wir sind alle auf deiner Seite«, betonte Ackermann.
    Sie trat ein paar Schritte zurück, um die beiden nebeneinander stehenden Heuchler besser betrachten zu können. »Ich lasse niemanden an mein Gehirn ran«, wiederholte sie. Ihre Stimme klang kräftiger, selbstsicherer. »Lieber verliere ich mein Gedächtnis ganz oder sterbe an der Krankheit. Hierher komme ich jedenfalls nie wieder.«
    Und dann schrie sie laut, von Panik ergriffen: »Niemals, habt ihr mich verstanden?«

Kapitel 3
     
    Sie lief den menschenleeren Flur entlang, rannte die Treppe hinunter und blieb auf der Schwelle des Eingangsportals stehen. Sie spürte, wie der kalte Wind ihre blasse Haut belebte. Die Sonne beschien den Innenhof, und Anna träumte von der Helligkeit des Sommers, träumte von einem Sommer ohne Hitze und ohne Laub im Geäst der Bäume, die eine unsichtbare Hand mit einer Eisschicht überzogen hatte, um die Stimmung des Augenblicks festzuhalten.
    Vom anderen Ende des Innenhofs wurde sie von Nicolas, dem Chauffeur, erkannt. Er sprang aus dem Wagen, um ihr die Tür zu öffnen. Anna schüttelte den Kopf, sie würde zu Fuß gehen, zog mit zitternder Hand eine Zigarette aus ihrer Handtasche, zündete sie an und genoss den herben Geschmack, der ihr in die Kehle drang.
    Zum Becquerel-Institut gehörten mehrere vierstöckige Gebäude, die einen Innenhof umschlossen, der dicht mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt war. An den farblosen, grauen oder rosafarbenen Fassaden waren Warnschilder angebracht: Unbefugten Eintritt verboten - Zugang nur für medizinisches Personal - Achtung Gefahr! Jedes Detail in diesem verdammten Krankenhaus wirkte feindselig.
    Sie nahm erneut einen tiefen Zug, der Geschmack des verbrennenden Tabaks beruhigte sie, als wäre ihr ganzer Zorn in diesem winzigen Feuer in Rauch aufgegangen. Sie schloss die Augen und genoss den betäubenden Duft.
    Schritte in ihrem Rücken. Laurent überquerte den Hof und ging an ihr vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Dann öffnete er den hinteren Wagenschlag, sein Gesicht war verkniffen, die Sohlen seiner polierten Mokassins pochten ungeduldig auf den Asphalt. Anna warf ihre Marlboro zu Boden, kam auf ihn zu und sank auf den Ledersitz. Laurent schloss die Tür, er ging um den Wagen herum und setzte sich neben seine Gattin. Nach dieser schweigsamen Zeremonie startete der Chauffeur den Wagen und glitt mit der Langsamkeit eines Raumschiffs über den abschüssigen Parkplatz.
    Vor der weißroten Schranke des Tors hielten mehrere Soldaten Wache.
    »Ich hole eben meinen Pass«, sagte Laurent.
    Anna sah auf ihre Hände, die noch immer zitterten, nahm eine Puderdose aus ihrer Handtasche und betrachtete ihr Gesicht in dem ovalen Schminkspiegel. Sie hatte
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