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Das Hotel

Das Hotel

Titel: Das Hotel
Autoren: Heyne
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durch das gesamte Haus. Eleanor sackte zusammen, doch Maria hatte sich bereits Felix zugewandt und sah, wie ihm das Blut aus der Brust quoll.
    Maria befreite sich mit Händen und Zähnen aus ihren Fesseln. Sie tastete die alte Frau ab und fand den Blutstiller. Sie eilte zu Felix hinüber, riss das blutige Hemd von seinem Körper und streute das Pulver über ihn, stopfte es in die vom Schrot gerissenen Löcher in Felix’ Brust und Schulter.
    » Bitte«, flehte sie. » Ich habe so lange auf dich gewartet. Bitte verlass mich nicht, Felix.«
    Sie legte die Finger auf seinen Hals und suchte nach einem Puls, aber sie zitterte viel zu sehr.
    » Du darfst nicht sterben, Liebling. Das darfst du nicht. Nicht jetzt, nicht nach all dem.«
    Sie legte den Kopf auf seine Brust und lauschte vergeblich nach einem Herzschlag. Verzweifelt umschlang sie ihn, drückte ihre Wange gegen seine und wiegte ihn vor und zurück.
    » Ich liebe dich, Felix. Ich liebe dich so sehr.«
    So darf es nicht enden. Nach all dem haben wir uns ein gutes Ende verdient.
    Ein ganzes Jahr lang habe ich von diesem Augenblick geträumt und gebetet, dass er wahr wird.
    Das darf nicht das Ende sein.
    Dann murmelte Felix etwas.
    » Felix? Oh, mein Gott. Felix? Was hast du gesagt?«
    » Ich liebe dich auch, Baby«, stammelte er. » Du bist so wunderschön.«
    » Ich habe dich vermisst.«
    » Und ich dich erst. Ich könnte ein Aspirin vertragen.«
    Maria fing so heftig zu lachen an, dass sie weinte.
    Deb spreizte die Arme, aber wurde nicht langsamer. Die Metallspitzen ihrer Prothesen glitten über den Stein, genau wie ihre Kletterschuhe an derselben Stelle vor all den Jahren.
    Über ihr betrachtete der Berglöwe das Schauspiel. Seine bösen Augen glänzten, und sein Schweif streifte hin und her.
    Nicht wieder. Nicht schon wieder. Mein schlimmster Albtraum wird wahr.
    Aus ihrer Erfahrung wusste Deb, dass sie noch sechs Sekunden hatte. Dann kam der Abgrund. Ganz gleich, wie stark Mal war, er hätte keine Chance, sie aufzufangen.
    Merkwürdigerweise verspürte sie neben der furchtbaren Angst auch Melancholie.
    Soll das der Sinn meines Lebens gewesen sein? Meine größten Fehler zu wiederholen?
    » Benutz dein Bein!«, schrie Mal ihr zu.
    Ich kann mein Bein nicht benutzen, du Schwachkopf! Damit finde ich keinen Halt. Was ich brauche, sind längere Arme, um mich an dem Felsenriff neben mir festzuhalten.
    Oh, du gewiefter Hund!
    Plötzlich verstand sie Mals Rat. Sie fuhr mit der Hand zu einer Prothese, drückte auf den Knopf und hörte, wie Luft in das Vakuum strömte. Dann nahm sie die Kletterprothese ab.
    Nur noch ein paar Sekunden! Mir bleibt nur ein Versuch!
    Sie streckte sich und benutzte die Prothese wie einen Pickel, indem sie sie am Gelenkende festhielt und mit dem Fuß in Richtung des Felsenriffs ausholte.
    Es hat geklappt!
    Deb hörte auf zu rutschen. Jetzt hing sie da und hielt sich an ihrer Prothese fest. Eine der Metallspitzen hatte sich am Felsenriff eingehakt.
    Okay, jetzt muss ich nur noch nach oben klettern und mich raufziehen.
    Es gab weit und breit keinen Halt. Deb musste sich also behutsam an dem provisorischen Pickel hochangeln. Die Prothese hing nicht fest genug, um ihr volles Gewicht tragen zu können. Vorsichtig kämpfte sie sich weiter hoch, bis sie das Felsenriff mit einem Finger zu fassen bekam.
    Jetzt waren es nur noch wenige Zentimeter bis zur Spalte. Sobald sie richtigen Halt fand, legte sie die Prothese wieder an und pumpte die Luft zwischen ihrem Stumpen und dem Kletterbein aus.
    Diese Route war schwieriger als die andere. Steiler. Weniger Halt. Allerdings hatte sie einen Vorteil. Hier gab es keinen Berglöwen, der auf sie wartete. Deb folgte also dem Spalt und wahrte stets gebührenden Abstand zu dem Felsvorsprung mit dem lauernden Berglöwen.
    Nach fünf Minuten war sie in ihrem Element. Halt mit der Hand, Halt mit Metallspitze, Halt mit Hand, Halt mit Fuß.
    Nach zehn Minuten konnte sie die Ranger-Station sehen. Deb wollte sich nicht zu früh freuen, aber schien es tatsächlich zu schaffen.
    » Deb!«, brüllte Mal herauf.
    Deb blickte nach unten … und sah den Berglöwen keinen Meter unter ihr, wie er sich mit gespreizten Vorder- und Hinterläufen an die Felswand klammerte. Mit einem Satz schnellte er hoch und erwischte sie mit seinen gewaltigen Krallen an der Kletterprothese.
    Natürlich kann er klettern. Deswegen heißen sie Berglöwen.
    Deb steckte die Hand tief in die Spalte und legte sie um einen Stein. Dann wartete sie seinen
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