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Das Hotel

Das Hotel

Titel: Das Hotel
Autoren: Heyne
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vorwärts.
    Hatte Kelly sich verletzt? War sie tot?
    Hatten sie Kelly gefangen genommen?
    Was, wenn ich nicht rechtzeitig da bin?
    Was, wenn ich sie überhaupt nicht finde?
    » Kelly!«
    Letti hinkte eine leichte Steigung hoch. Ihr Fuß hatte nicht aufgehört zu bluten, seit sie auf die skelettierte Hand getreten war, und die viel zu großen Schuhe der Leiche scheuerten an ihren Versen. Sie achtete stets auf den Boden, suchte nach Spuren, doch ihr kam alles gleich vor. Vielleicht war Kelly hier entlanggegangen, vielleicht auch nicht.
    » Kelly!«
    » Verdammt, schrei nicht so!«
    Letti blickte sich blitzschnell um.
    Millard .
    Er hatte Schaumstoffanzug und Helm abgelegt und stand in der Uniform der Hinterwäldler vor ihr: Latzhose und karogemustertes Flanellhemd. Seine Augen waren blutrot unterlaufen, und seine langen Haare wehten ihm wild um das verzerrte Gesicht.
    » Da will jemand Hallo sagen«, sagte Millard, hob einen blutgetränkten Kopfkissenbezug in die Höhe und schüttelte ihn. Etwas fiel zu Boden.
    Nein … Nein!
    Florences Kopf rollte vor ihre Füße.
    Millard nahm den Viehtreiber. » Und das ist nichts gegen das, was ich jetzt mit dir …«
    Letti schwenkte die Hüfte, riss ihr Bein herum und trat den Riesen gegen das Kinn. Millard stolperte, und Letti setzte mit einem Tritt zwischen die Beine nach, sodass Millards Eier Richtung Kopf schossen.
    Das war nicht alles. Das jahrelange Training im Kampfsport, das ihr ihre Mutter auferlegt hatte, explodierte plötzlich in ungeahnter Gewalt und Wut in ihr. Sie brach ihm die Nase und die Wangenknochen.
    Sie ließ sein Trommelfell platzen, schlug ihm zwei Zähne aus, gefolgt von drei weiteren, brach ihm erneut die Nase und schlug ihm mit solcher Wucht auf ein Auge, dass es augenblicklich zuschwoll.
    Aber der kranke Freak gab nicht auf.
    Er schien es zu genießen.
    Ich werde diesen Mann zu Tode prügeln. Ich werde weiter auf ihn einprügeln, bis meine Hände und meine Füße brechen. Ich werde …
    Millard klemmte ihr Bein zwischen Arm und Seite ein und riss sie zu Boden.
    Sie wand und drehte sich, doch Millard war zu groß und zu stark. Außerdem hielt er noch immer den Viehtreiber in der Hand.
    Er verpasste ihr einen Schock in den Magen, und Letti krümmte sich vor Schmerzen.
    » Du bist ja ’ne ganz Wilde«, sagte Millard und grinste. Blut floss durch die Lücken zwischen seinen wenigen restlichen Zähnen. » Der alte Millard kann gut zähmen.«
    Er hob den Viehtreiber wie einen Schlagstock, holte aus und zielte auf Lettis Kopf. Sie schaffte es gerade noch rechtzeitig, den Arm zu heben.
    Zuerst glaubte sie, dass das Krachen, das sie gehört hatte, vom Viehtreiber kam.
    Dann spürte sie den Schmerz und wusste, dass der Viehtreiber noch ganz war.
    Letti legte die Hand um ihren gebrochenen Arm. Ihr war übel, und sie bekam kaum noch Luft.
    » Die ganze Gewalt hat mich richtig scharf gemacht«, zischte Millard.
    Er spuckte Blut aus, warf den Viehtreiber beiseite und zog sich die Latzhose aus.
    Als Cam das zweite Mal mit dem Skalpell zustach, drehte Kelly sich um und rannte davon. Das Gelände war rau und steinig, der Wald dicht bewachsen. Sie hörte Cams Schritte wenige Meter hinter sich. Er folgte ihr durch das Dickicht und gab dabei Geräusche von sich, die irgendwo zwischen Kichern und Schluchzen angesiedelt waren.
    Der Wald ist zu dicht, das Gelände zu uneben. So schaffe ich es nicht.
    Sie trat daneben und stolperte über eine Wurzel. Schon war Cam über ihr und stach ein drittes Mal zu, diesmal in ihren Oberschenkel. Dann ließ er sie wieder fortrennen.
    Kelly merkte, dass er sie nicht umbringen wollte. Zumindest nicht sofort. Es schien ihm zu genügen, sie immer wieder mit dem Skalpell zu verletzen.
    » Im Obduktionsbericht hieß es, dass mehr als hundertdreißigmal zugestochen wurde. Aber keine Wunde war tödlich. Mein bester Kumpel ist verblutet.«
    Das ängstigte Kelly noch mehr, und ihr Panikpegel stieg. Sie versuchte, sich auf den Waldboden zu konzentrieren, darauf zu achten, wo sie als Nächstes hintrat, doch sie war nicht schnell genug, und Cam holte auf und stach sie in den Rücken.
    Das tat weh. Jeder Stich war schlimmer als der einer Wespe.
    Ich entkomme ihm nicht. Er wird so weitermachen, bis mein ganzer Körper blutet.
    Kelly wusste nicht, worauf sie sich fokussieren sollte, den Waldboden oder Cam. Dann stolperte sie erneut.
    Er stach ein fünftes Mal auf sie ein.
    Kelly sah keine Möglichkeit zur Flucht. Er war stärker. Er besaß eine Waffe. Im
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