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Das Hotel

Das Hotel

Titel: Das Hotel
Autoren: Heyne
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nächsten Versuch ab.
    Die Raubkatze sprang erneut und schnappte mit ihren gewaltigen Reißzähnen nach der Kletterprothese direkt unter Debs Stumpen.
    Rasch drückte sie auf den Knopf. Die Luft strömte in das Vakuum, und die Prothese löste sich von ihrem Bein.
    Der Berglöwe verlor das Gleichgewicht und stürzte zwei Meter tief auf die abfallende Felswand unter ihm, die Deb vor Jahren heruntergerutscht war.
    Wie damals Deb schaffte er es nicht, sich irgendwo festzuklammern. Er spreizte alle viere von sich, ohne den unausweichlichen Fall verhindern zu können.
    » Und? Wie gefällt es dir?«, schrie Deb dem Berglöwen hinterher. Er fauchte sie noch einmal an – ein wütendes, vergebliches Fauchen –, ehe das Monster, das Deb in so vielen Albträumen heimgesucht hatte, aus ihrer Sicht verschwand und zehn Meter tiefer in einer roten Explosion auf einem spitzen Felsbrocken aufkam.
    Das fühlte sich verdammt gut an.
    » Alles klar da oben?«, brüllte Mal ihr zu.
    » Ja! Und du?«
    » Alles in Ordnung! Pass aber auf, wo du die nächste Katze hinwirfst!«
    Deb lächelte.
    Bei der nächsten Gelegenheit werde ich ihn küssen.
    Die restlichen Meter liefen glatt, auch mit nur einem Bein. Maria schaffte es zum Vorsprung und krabbelte dann zur Aussichtsplattform. Sie war leer, doch der Ranger war nett genug gewesen, die Tür offen zu lassen. Innen fand sie ein aufgeladenes Radio.
    » Hallo? Hallo? Deb Novachek. Ich bin hier mit Mal Deiter. Wir haben über Handy angerufen, und ein Helikopter sucht nach uns. Können Sie mich hören?«
    » Ranger-Station Drei hier. Wir hören Sie laut und deutlich, Deb. Over.«
    Deb kamen vor Erleichterung die Tränen.
    » Ich bin in einer Ranger-Station, Radionummer Sechs-Vier-Acht-Sieben-Zwei.«
    » Verstanden. Wir schicken den Hubschrauber in Ihre Richtung.«
    Sie fand eine Kiste Wasser unter dem Radio, nahm sich eine Flasche und trank sie in einem Zug aus. Dann stöhnte sie, wie sie noch nie in ihrem Leben gestöhnt hatte, schloss die Augen und wartete darauf, gerettet zu werden.
    Eleanor Roosevelt hatte Kopfschmerzen. Sie spürte, wie ihr jemand die Wange tätschelte und öffnete die Augen, um dem Sohn, der sie weckte, gehörig die Leviten zu lesen.
    Aber es war keiner ihrer Söhne.
    » Ich habe eine Zahl zwischen eins und zehn in meinem Kopf«, sagte Maria. » Dreimal dürfen Sie raten, welche.«
    Eleanor blickte auf ihre Handgelenke. Die Lederriemen waren bereits angelegt.
    Nein. Alles, nur das nicht.
    Das dürfen die mir nicht antun.
    In meinen Adern fließt blaues Blut.
    » Die Antwort lautet…«, spuckte Maria sie an, » …du kannst mich mal.«
    Dann trat ihr der Mann, Felix, ins Gesicht.
    Eleanor fiel rückwärts durch das geöffnete Tor in den Abgrund.
    Wieder verspürte sie nur eins. Unerträgliche Kopfschmerzen.
    Sie blickte um sich. Sie war im Parterre.
    Diese Schwachköpfe. Die haben die Kette nicht richtig angelegt.
    Ich habe zwar Kopfschmerzen, aber sonst geht es mir gut.
    Eleanor wollte sich an den Kopf fassen, doch aus irgendeinem Grund funktionierte es nicht. Sie versuchte den anderen Arm, der ihr ebenfalls nicht gehorchte.
    Dann tropfte etwas auf ihre Stirn.
    Sie blickte auf und sah Maria und Felix, die auf sie hinabstarrten. Und sie sah die Ketten.
    An jeder Kette hing ein Arm. Aus jedem Arm hingen Venen und Arterien, Sehnen und Muskeln, die zu ihr herunterreichten und in ihren Schultern verschwanden.
    Um Gottes Willen. Das sind meine Arme.
    Dann kam der Schmerz. Unglaublicher, qualvoller, unerträglicher Schmerz.
    Eleanor brüllte ganze viereinhalb Minuten, ehe sie verblutete, doch es kam ihr wie eine Ewigkeit vor.
    Felix wandte den Blick von Eleanors Todeskampf ab und drehte sich zu Maria um, doch sie war verschwunden. Bevor ihn Panik übermannte, kam sie mit einem Baby im Arm aus einem der Zimmer.
    » Ihre Eltern sind tot«, erklärte Maria. Für jemanden, der in die Hölle und zurück gegangen war, machte sie einen quicklebendigen Eindruck. » Ich will sie behalten.«
    Das Baby war hinreißend, und Maria strahlte vor Glück.
    Aber das ist nicht richtig.
    Felix schüttelte traurig den Kopf. » Glaubst du nicht, dass wir erst etwas anderes tun müssen?«
    Marias Lächeln verschwand. » Was soll das heißen?«
    Felix nahm ihre Hand, was ihm ungeheuerliche Qualen bereitete. Mit seinem Daumen und dem kleinen Finger schob er ihr den birnenförmigen Verlobungsring über den Finger, den er Eleanor abgenommen hatte, als er ihr die Fesseln angelegt hatte.
    » So«, sagte er
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