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Das Hotel (German Edition)

Das Hotel (German Edition)

Titel: Das Hotel (German Edition)
Autoren: Susanna Calaverno
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sondern verschwand im Badezimmer. Während in der Dusche das heiße Wasser an ihr herabplätscherte, überdachte sie die neuesten Entwicklungen. Hinrichsen hatte ihr erklärt, dass er ihr Konzept gerne übernehmen würde: kleine, feine Villen, die nicht mehr als fünf Gäste aufnehmen sollten. Natürlich mit entsprechendem Preisniveau, damit die Exklusivität gewahrt würde. An dem Punkt hatte sie ihn spöttisch unter gesenkten Lidern angesehen und gemeint: «Ach, und weswegen hast du dich dann hier als ärmlicher Buchhalter eingeschlichen?»
    «Das ist meine Lieblingsrolle», hatte er selbstzufrieden grinsend erklärt. «Damit teste ich, wie Leute behandelt werden, die nicht unbedingt der Klientel entsprechen.»
    Veronika hatte sich plötzlich unbehaglich gefühlt. Deutlich erinnerte sie sich an Lous kaum verhüllte Verachtung und sein arrogantes Gebaren. Als hätte er ihre Gedanken gelesen, hatte Hinrichsen nachdenklich gesagt: «Es ist immer wieder interessant, wie mir die Menschen begegnen, wenn sie mich für den armen, alten Hinrichsen halten! Unser kleiner Conte war da keine Ausnahme – obwohl in seinem Fall noch so einiges andere mitgespielt haben dürfte.»
    Auf Veronikas Nachfragen hatte er eisern geschwiegen, und jetzt fragte sie sich natürlich, was er damit gemeint haben könnte. Ihr unterschwelliges Misstrauen gegenüber dem chamäleonartigen Lou war also nicht ganz aus der Luft gegriffen gewesen!
    Sie ertappte sich dabei, wie sie glücklich vor sich hin summte. Hinrichsens Angebot, sich von ihm aufkaufen zu lassen, befreite sie von allen dringlichen Sorgen: Als Teil seines Konzerns war ihre Zukunft gesichert. La Villa würde das Stammhaus eines neuen Zweigs werden. Er hatte ihr den Posten einer Direktorin angeboten mit einem Gehalt, das ihr astronomisch hoch erschienen war.
    Auch Mascha brauchte sich keine Sorgen mehr zu machen. Hinrichsen hatte versprochen, ihr ebenfalls eine hochdotierte Stelle anzubieten. Und Jenny war ja entschlossen, ein neues Leben anzufangen. Welche Ironie, dass jetzt, wo sie bald im Besitz von Erwins Geldern wäre, sie diese gar nicht mehr brauchte!
    Wer hat, dem wird gegeben – da war wohl wirklich etwas dran.
    Hinrichsen hatte sie gebeten, sein Inkognito zu wahren, und so standen sie in der Küche und bereiteten unter seiner Anleitung das Abendessen zu, als Mascha und Godunow endlich auftauchten.
    «Du wirst dir eine neue Köchin suchen müssen», rief Mascha und umarmte Veronika stürmisch. «Wünsch mir Glück!» Stolz hielt sie die linke Hand in die Höhe und ließ einen dicken Diamanten im Licht funkeln. Veronika erwiderte die Umarmung und suchte über Maschas Schulter hinweg Godunows Blick. Der Mann stand in der Küchentür, auf dem Gesicht das leicht abwesende Lächeln, das Verliebte auszeichnet, und nickte bestätigend. «Ich habe Maschenka gebeten, meine Frau zu werden», sagte er, und hob die Arme. In jeder Hand hielt er eine vor Kälte beschlagene Champagnerflasche. «Stoßt mit uns an, meine Freunde. Alle! Dies ist der glücklichste Tag meines Lebens.»
    Mascha schniefte und wischte sich über die Augen. «Ist er nicht süß?», flüsterte sie Veronika ins Ohr, ehe sie sich von ihr löste und Godunow energisch befahl: «Alexej, geh und öffne schon einmal die Flaschen.» Dann wandte sie sich an Veronika und Hinrichsen. «Und ihr verschwindet sofort aus der Küche. Dies ist mein letztes Essen, und das werde ich selber kochen.» Mit diesen Worten griff sie sich ihre Schürze und schob die beiden entschieden hinaus.
    «Das ging jetzt aber etwas plötzlich, nicht wahr?», meinte Hinrichsen, während er Godunow eine weiße Leinenserviette reichte.
    «Ja, es kommt ein bisschen überraschend», bestätigte Veronika, die gerade die besten Kristallkelche aus der Vitrine holte. «Ihr habt euch doch erst gestern zum ersten Mal gesehen.»
    «Großtante Olga meinte, wenn das Schicksal schon schubst, dann sollte man sich auch schubsen lassen!» Godunow strahlte über das ganze Gesicht. «Warum warten und zögern? Ist nicht die russische Art.» Der Champagner schäumte aus dem Flaschenhals, und er beeilte sich, ihn in die Gläser zu füllen. «Ich weiß genau, dass ich Maschenka will, und Maschenka will mich. Alles klar?» Er hob das Glas.
    Veronika überlief es heiß und kalt: «Halt!», schrie sie fast vor Entsetzen. «Diese Gläser werden aber nicht gegen die Wand geworfen!»
    Godunow hielt verblüfft inne. «Warum sollte ich mein Glas an die Wand werfen? Ich wollte nur einen
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