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Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen

Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen

Titel: Das Hipp-Prinzip - wie wir können, was wir wollen
Autoren: Claus Hipp
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gibt, die einer gewiss mit Freude und dem nötigen Engagement ausübt, in denen er aber nicht unbedingt seine persönliche Erfüllung finden kann. Doch was Ihr Lebensthema auch immer sein möge: Sie sollten dafür schon etwas stärker „brennen“ als für ein vorübergehendes Interesse oder Hobby.
    Als ich geboren wurde, war Bayern nahezu ein reines Agrarland, sieht man von München und weiteren größeren Städten ab. Außerdem hat unsere Familie mütterlicherseits Schweizer Wurzeln, und dieser Zweig unserer Familie hat ursprünglich Landwirtschaft betrieben. Als Bub habe ich während des Krieges und auch in den Jahren danach viel Zeit auf dem Bauernhof meiner Großmutter Beatrice verbracht. So kam ich von Kindesbeinen an in engen Kontakt mit der Landwirtschaft. Ohne mich jemals zu langweilen, konnte ich stundenlang den Menschen bei ihrer Arbeit zusehen und meinem Alter entsprechend durchaus auch ein wenig mit anpacken. Heu zu wenden, Futter zu bereiten oder eine Kuh zu melken gehört deshalb für mich zu den Dingen, die ich buchstäblich im Schlaf beherrsche. Es machte mich damals sehr stolz, mitarbeiten zu können und gebraucht zu werden. Auch für meinen jüngsten Enkel Quirin, der noch keine zwei Jahre alt ist, gehört es zu einer seiner Lieblingsbeschäftigungen, wenn er mithelfen darf die Kühe und die Pferde zu füttern. Auch das Handwerkliche am und auf dem Bauernhof faszinierte mich von Kind auf. Damals sind auf einem Bauernhof viele Dinge des täglichen Bedarfs sowie etliche Werkzeuge ja noch selbst hergestellt worden. Schließlich habe ich dann auch den ökologischen Gedanken quasi mit der Muttermilch aufgesogen – auch wenn „öko“ damals noch kein umgangssprachliches Präfix war. Aber ein sorgsamer und respektvoller Umgang mit allem Lebendigen, eine umfassende Verantwortung für die Natur, das war für mich nach der christlichen stets die zweite Botschaft.
    Schon als Schüler lernte ich in der Schweiz den Nationalrat Dr. Hans Müller kennen, einen Lehrer und promovierten Agrarwissenschaftler, der zusammen mit dem Arzt, Mikrobiologen und Bodenkundler Dr. Hans Peter Rusch zu den Mitbegründern des organisch-biologischen Landbaus zählt. „Landbau lernst du bei mir“, erklärte Müller kurz und bündig, worauf in den fünfziger und sechziger Jahren ungezählte Lehrstunden folgten. In deren Verlauf begriff ich immer besser, warum ein gesunder Boden die Grundlage einer gesunden Ernährung und einer nachhaltigen Landwirtschaft sind – und nicht eine an Masse und Preis, folglich am Einsatz von Kunstdünger, Turbosaaten und schwerer Maschinerie orientierte agrarindustrielle Bewirtschaftung.
    Letztere führt nahezu zwangsläufig zu riesigen Monokulturen, die den Boden irgendwann komplett auslaugen. Sie macht die Bauern abhängig von Düngemittel- und Saatgutkonzernen. Sie hat vor allem in der EU und in Nordamerika zu sinnloser Überproduktion, in deren Folge zu einem nachgerade surrealen Subventionsunwesen geführt. Auf der anderen Seite wurde nicht nur eine wettbewerbsfähige Agrarwirtschaft in nahezu allen Entwicklungsländern ruiniert, in den ärmsten Regionen der Welt führte das zu Bodenerosion, Verarmung, massiven Hungersnöten und Landflucht – während die wohlgenährten Bürger des Nordens in schöner Regelmäßigkeit von Lebensmittelskandalen erfahren. Und die nächste Steigerung dieses Wahnsinns steht schon auf der Agenda: Mithilfe einer schönfärberisch „grün“ getauften Gentechnik sollen unsere Nutzpflanzen endgültig in Designprodukte verwandelt werden.
    All das würde man vielleicht zu den peinlichen Schattenseiten des Fortschritts zu rechnen geneigt sein, wenn der agroindustrielle Komplex wenigstens hochproduktiv wäre. Doch jenseits einer Ideologie der Brutto-Tonnage, die jeder sozialistischen Planwirtschaft Ehre machen würde, stimmt nicht einmal dies. Die alten Ägypter und die Azteken in Mexiko haben vor Jahrtausenden mit ihren Ernten pro Hektar 15 Menschen ernährt. In den USA reicht die Ernte pro Hektar heute geradenoch für eine Person. Und bei uns sieht es nicht wesentlich besser aus. Wenn also gegenwärtig die Preise für landwirtschaftliche Produkte und für Lebensmittel rasant steigen, dann geht das eher zu geringeren Teilen auf die weiter wachsende Weltbevölkerung oder auf Dürren und klimatisch bedingte Bodenerosion zurück. Es zeigt vor allem, dass die industrielle Landwirtschaft uns in eine Sackgasse geführt hat. Unsere Bauern können von ihrer Arbeit schon heute
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