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Das Herz des Loewen

Titel: Das Herz des Loewen
Autoren: Suzanne Barclay
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unverletzt. Neben ihr stand ein Mann in schimmernder Rüstung. „Ist Euch etwas zugestoßen?“ Besorgt neigte er sich zu ihr hinab.
    Angstvoll zuckte sie zurück, denn sie hielt ihn für Comyn.
    „Glaubt mir, ich wollte Euch nichts zuleide tun.“ Der Mann klappte das Visier seines Helms hoch, dann nahm er ihn ab und übergab ihn einem Knappen. „Seid Ihr in Ordnung?“ Ungeduldig strich er sein schwarzes Haar aus der gebräunten Stirn.
    Lion, war ihr erster Gedanke. Nein, dieser Mann hatte blaue Augen. Ross Carmichael.
    Oh Gott, er war so schön, wie ein Erzengel, aus lichten Höhen zur Erde herabgestiegen ... Schwarze Locken umrahmten das Gesicht mit den hohen Backenknochen, dem markanten, von dunklen Bartstoppeln bedeckten Kinn. Seine Lippen, sorgenvoll zusammengepresst, bildeten eine schmale Linie. Aber es waren die Augen, die Megan fesselten - von warmem Glanz beseelt, klar und strahlend blau wie der Sommerhimmel.
    „Könnt Ihr sprechen?“ Seine Stimme klang so sanft, dass sie sich fragte, ob er vielleicht nur ein Traum war. Sie wollte ihn berühren, dann merkte sie, dass ihre Hände immer noch in den Stofffiguren steckten, und zog sie rasch zurück.
    Doch er war schneller und umklammerte ihre Handgelenke. „Was ist das? Besondere Handschuhe? Eine neue Mode im schottischen Hochland?“
    „Das ist Lady Fiona.“ Ihre Wangen brannten wie Feuer. Sein Lächeln ließ ihr Herz schneller schlagen. „Puppen? Zum Theaterspielen?“
    „Damit vertreibe ich den Kindern die Zeit.“
    „Oh, das würde meinen Schwestern gewiss gefallen.“
    Vier Schwestern. Das wusste sie von Lion. Sie hatte überlegt, wie sie in einer Burg voller Menschen leben sollte, die ihrer Familie die Schuld an Lions Tod gaben. Nun sah sie eine Möglichkeit, die Zuneigung der Carmichaels zu gewinnen. „Ich würde sehr gern für sie spielen „Oh Megan!“ Aufgeregt drängte sich Chrissy zwischen den neugierigen Zuschauern hindurch. „Bist du verletzt?“
    „Ihr seid Megan Sutherland?“, fragte Ross, und sie nickte. Abrupt ließ er ihre Hand los, als hätte er sich verbrannt, und trat zurück. Seine Augen wirkten plötzlich so kalt wie ein Bergsee im Winter und jagten ihr einen eisigen Schauer über den Rücken. „Sollen sich die Sutherlands um ihresgleichen kümmern! “, stieß er hervor, machte auf dem Absatz kehrt und ging davon.
    Stöhnend schloss Megan die Augen.
    „Bist du verletzt?“, wiederholte Chrissy.
    „Mein Herz - es ist zerbrochen ... “
    „Spiel nicht Theater! “
    „Ich wünschte, es wäre so.“ Megan richtete sich auf und starrte Ross nach. „Er mag mich nicht. Er wird mich niemals lieben.“

2. KAPITEL
    Zum Teufel mit meinem rachsüchtigen Vater, dachte Ross, während er Zeus striegelte, zum Teufel mit dem kupplerischen König und Megan Sutherland. Zur Hölle mit ihren leuchtenden braunen Augen, ihrem scheuen Lächeln - und ihren Puppen ...
    Wieso spielte eine erwachsene Frau mit Puppen? War sie nicht ganz richtig im Kopf? Ross striegelte das Fell seines Hengstes noch heftiger. Versuchte der tückische Eammon, ihm eine schwachsinnige Braut anzudrehen, um den Carmichaels die wütenden Angriffe heimzuzahlen? „Ich soll wohl dieses zurückgebliebene Mädchen heiraten und meine Familie mit geistesgestörten Kindern besudeln“, murmelte Ross und vergaß, dass er ohnehin schon beschlossen hatte, diese Ehe abzulehnen.
    „Warum lasst Ihr Eure Wut an dem armen Zeus aus?“, fragte Owain trocken.
    „Tut mir leid, alter Junge“, entschuldigte Ross sich bei dem Hengst und tätschelte das seidige Fell. Das große graue Streitross, in England gezüchtet, verdiente es wirklich nicht, so schmählich behandelt zu werden, nur weil er sich über Megan Sutherland ärgerte.
    Eigentlich grollte er sich selbst, wegen des tiefen Kummers in ihren braunen Augen. Warum hatte er sie so schroff zurückgewiesen, wo er doch versucht gewesen war, die Frau zu trösten, die er verachtete? Weil sie so schön war ...
    Nicht nur schön - verführerisch. Die mandelförmigen, schräg gestellten Augen unter den sanft geschwungenen Brauen verliehen dem zarten Gesicht eine berückende sinnliche Ausstrahlung. Im schattigen Burghof hatten sie fast schwarz geschimmert. Solche Augen konnten einen Mann verleiten, seine Pflicht und seine Ehre zu missachten.
    Er hatte sie sofort begehrt - ohne ihren Namen zu kennen. Das erschreckte ihn. Seit Rhiannons Verrat hatte er sich ge-lobt, jene heiße, gefährliche Leidenschaft zu bezähmen, die seine kühle
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