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Das Herz aus Eis

Das Herz aus Eis

Titel: Das Herz aus Eis
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Büschelgras und den hartblättrigen Agaven war wie Pulver und staubte bei jedem Schritt des Wallachs auf. Nach einer Stunde waren Pferd und Reiter mit einer dicken Staubschicht bedeckt. Im Gesicht Villerias wurde sie durch den Schweiß zu einer widerlich klebrigen Masse.
    Stunde um Stunde ritt Villeria so durch das mexikanische Hochland. Er gönnte sich kaum eine Rast, kaute ab und zu an den harten Salzkeksen, ließ das Pferd an einigen sumpfigen Stellen Wasser trinken und trieb das Tier unbarmherzig weiter, dem fernen Golf von Mexiko entgegen, Veracruz, dem Hafen in ein neues Leben …
    Als der Abend dämmerte, erreichte er eine einsam liegende kleine Ranch. Er zog die Zügel an, stieg schwerfällig vom Pferd und dehnte befreiend die schmerzenden Glieder. Mißtrauisch erschien ein kleiner, stämmiger, unrasierter Bauer im Türrahmen des niedrigen Wohnhauses. Bewaffnet mit einem Gewehr, näherte er sich dem Fremden.
    »Später Besuch ist mir immer unwillkommen«, knurrte er und blieb in sicherer Entfernung stehen. »Sähe es lieber, Caballero, wenn Ihr aufsteigt und Euch zum Teufel schert!«
    Villeria antwortete nicht. Er führte sein Pferd ungerührt an den Brunnen und tränkte es an der schmalen, mit Wasser gefüllten Holzrinne. Dann füllte er seine beiden Wasserflaschen und schlürfte anschließend aus der hohlen Hand das köstliche Naß in sich hinein.
    Unwillig, aber abwartend beobachtete ihn der Alte. Seine Hand umfaßte nach wie vor fest den Griff des mächtigen Gewehrs. Das Schweigen des späten Reiters störte ihn ungemein. Ihm wäre ein lauter Wortwechsel und vielleicht auch eine kleine Schießerei weitaus angenehmer gewesen. Mit gerunzelter Stirn und kampflustig vorgeschobenem Kinn wagte er sich näher heran. »Na, wohin geht's denn?« fragte er. »Was ausgefressen und nun auf der Flucht?«
    Roberto drehte sich um und musterte den Bauern. »Wenn ich nichts sage, könnt Ihr ebenfalls das Maul halten«, antwortete er grob. »Aber da Ihr anfangt – wie steht's mit Brot und Fleisch?«
    »Wenn Ihr bezahlt …« Der Alte schüttelte zweifelnd den dreckigen Schädel.
    Villeria holte seine Geldbörse aus der Tasche und legte ein paar Münzen auf den Rand der Holzrinne. Verblüfft, aber gierig verfolgte der Bauer die Aktion.
    »So«, meinte Villeria und deutete auf das Geld. »Das wird wohl genug sein für Euer muffiges Fleisch. Macht schnell, Caballero, ich habe keine Zeit. Es sollte mir leid tun, Euren Leib kurz vor dem Erreichen eines natürlichen Todes noch zu durchlöchern.« Dabei legte er seinen Revolver auf den Brunnenrand und lächelte freundlich.
    Brummend trollte sich der Alte in das verfallene Gebäude und kam nach kurzer Zeit mit einem Batzen Pökelfleisch und einem klebrigen, halb verschimmelten Brot zurück. Flink legte er beides auf den Brunnenrand und wollte sich das Geld greifen, als Villeria ihm mit mächtigem Schwung das verschimmelte Brot an den Kopf warf.
    »Mieser Gauner!« schrie er. »Soll das ein Mensch essen? Allein schon deswegen sollte man dich über den Haufen knallen!« Er steckte das Geld wieder in die Tasche und hielt dem Bauern den Revolver vor die Nase. »Entweder – oder, mein Freund! Gute Ware gegen gutes Geld!« Er schnappte sich seinen Wallach, schwang sich in den Sattel und hieb von oben dem überrumpelten Alten den Griff seines Revolvers über den Schädel. Lautlos sackte der Bauer zusammen.
    »Besser ist besser«, murmelte Villeria und spornte sein Pferd an. »Wer schläft, kann nicht schießen.«
    In strengem Galopp ritt er wieder in die stille Nacht hinaus und fiel erst nach einer halben Stunde in einen ruhigeren Trab. Um seine Spuren zu verwischen, ritt er im Zickzack, ritt lange in einem fast vertrockneten Flußbett und vermied peinlichst befahrene Straßen oder Viehtreckwege. Er fand seinen Weg durch die wasserarme Steppe allein durch den Stand der Sterne.
    Nach etwa vier Stunden hielt er inmitten einer Lichtung zwischen Kakteenstauden an, stieg ab und breitete seine Wolldecken auf dem steinigen Boden aus. Er sattelte das Pferd ab und band es mit einem langen Strick an einem kräftigen Kaktus fest. Kaum hatte er sich hingelegt, überfiel ihn der längst fällige Schlaf wie ein Keulenschlag.
    In dieser Nacht brach von Mexiko-City und der Estanzia des Marques eine große Reiterschar auf, um den flüchtigen Mörder Jack Fenton alias Roberto del Villeria zu suchen.
    Der Haß der beleidigten Bianca und das Gebet um Rettung der still duldenden Juana begleiteten die
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