Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus Zeor

Das Haus Zeor

Titel: Das Haus Zeor
Autoren: Jacqueline Lichtenberg
Vom Netzwerk:
beschäftigte Persönlichkeit … die ganze Zeit. Sie können nicht einfach in sein Büro marschieren und erwarten, Anspruch auf seine Aufmerksamkeit zu haben. Sie müssen einen Termin haben.“
    Valleroy knirschte enttäuscht mit den Zähnen. Er mußte Klyd sehen und mit der Suche nach Aisha beginnen. „Wie kann ich einen Termin bekommen?“
    Evahnee warf ihm einen ‚Seien-Sie-nicht-lächerlich’-Blick zu, der ihn dazu anstachelte, ungehalten herauszuplatzen: „Wenn ich Gast bin, wer ist dann Gastgeber?“
    „Der Sectuib natürlich.“
    „Dort draußen“, sagte er und deutete in unbewußter Nachahmung der Sime-Redeweise zum Gen-Territorium hin, „besucht ein Gastgeber seinen Gast gelegentlich.“
    Sie blickte ihn einen Moment lang genau an und zog sich dann zurück, wobei sie ein Kichern unterdrückte. „Ich werde versuchen, die Aufmerksamkeit Ihres Gastgebers auf Sie zu lenken. Solch ein Scherz könnte vielleicht gerade Erfolg haben. Aber denken Sie daran, der Sectuib ist …“ – sie tastete in der Luft herum, als suche sie die Worte – „… nun, er ist … der Sectuib! In vielen anderen Häusern tragen die geringeren Kanäle viel von der Routine-Last. Aber Klyd arbeitet jeden Tag als Spender, so daß jeder von uns alle paar Monate bei ihm an die Reihe kommt. Und seine Berührung ist wie …“ Sie verlor sich, hingerissen von einer fernen Vision des Paradieses.
    Valleroy warf ein: „Wie was?“
    „Oh“, sagte sie und schüttelte traurig ihren Kopf. „Sie würden es nicht verstehen. Aber Klyd arbeitet härter als jeder andere in Zeor. Seiner Berührung verdanken wir, daß wir sind … was wir sind.“ Sie ging und ließ Valleroy für den Rest des Tages in einsamer Ungeduld siedend zurück.
    Auf der einen Seite war er ein Gast. Aber auf der anderen war er tatsächlich eingesperrt, trotz der unverschlossenen Tür – allein wegen der Rolle, die er spielen mußte. Er war beraten – nicht gewarnt – worden, ohne einen Führer sich nicht zu weit von seinem Zimmer zu entfernen. Ein gerettetes Gen-Opfer würde nicht auf Schnüffeltour gehen.
    Als sich der Nachmittag dahinschleppte, nahm er sein Sprach-Notizbuch mit zum Fenster und skizzierte die gemischten Gruppen von Simes und Gens, die über den Hof hin und her stolzierten. Er versuchte, die einzigartige Atmosphäre des Haushalts einzufangen, und benutzte Klyds charakteristische Züge – Adlernase, empfindsame Lippen, besorgt gefurchte Stirn, ausdrucksstark das Kinn und die Kiefer –, um die Umrisse der Szenerie zu bilden. Das Ergebnis ließ ihn unzufrieden. Er riß das Blatt mit wachsendem Unmut über seine Hilflosigkeit in Stücke.
    Ungestüm zeichnete er einen grotesken Klyd mit Hörnern und Schwanz, Eselsohren und einem Spitzbart. Er fügte eine Karikatur von sich selbst hinzu, wie er mit höhnendem Grinsen eine lange Nase zog. Der Bleistift brach zwischen seinen Fingern entzwei. Er riß die Skizze in Fetzen.
    Morgen, entschloß er sich grimmig, würde er den stolzen Sectuib Farris zwingen, mit ihm zu sprechen! Der Kanal war sehr ängstlich gewesen, daß ihre Arbeitsbeziehung entdeckt werden könnte. Das war Munition. Valleroy hatte vor, sie zu verwenden … wenn nötig.
    Als diese Entscheidung getroffen war, ließ er sich mit seinen Sprachaufzeichnungen zu einer ernsthaften Paukerei-Sitzung nieder. Simelisch war nicht völlig sinnverwandt mit Valleroys vertrautem Englisch. Der Satzbau war oft verwirrend, besonders im Passiv. Dies war, wie die Grammatikbücher lehrten, das Ergebnis der unterschiedlichen Arten, in denen Simes die Wirklichkeit wahrnehmen. Doch selbst bei all ihren Unterschieden waren die Simes noch immer grundsätzlich menschlich. Ihr am häufigsten benutztes Vokabular betraf alltägliche menschliche Angelegenheiten. Durch die Jahre des Studiums bei der Bundespolizei und mit dem Hintergrund seiner Kindheitserfahrungen war Valleroy in der Lage, den Großteil der Bedeutung der Seiten eines Geschichtstextes für die fünfte Klasse, den er auf einem der Regale im Flur gefunden hatte, zu verstehen.
    Das Buch erzählte die Geschichte der Sime-Kriege ganz anders, als Valleroy sie in der Schule gelernt hatte. Den Simes zufolge waren es die Gens gewesen, die die Auflösung der Weltzivilisation der Alten verursacht hatten. Die Gens waren so unvernünftig gewesen, sich nicht in die Pferche zu begeben. Deshalb war das Abschießen und das Plündern Hunderte von Jahren weitergegangen, wodurch man fast alle Alten Gegenstände vernichtet und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher