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Das Haus Zeor

Das Haus Zeor

Titel: Das Haus Zeor
Autoren: Jacqueline Lichtenberg
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den größten Teil des Alten Wissens tilgte. Nur die Simes hatten ein paar Bruchstücke der alten Kultur gesammelt, bewahrt und weitergegeben, trotz der abscheulichen Nicht-Menschen, die versuchten, sie zu vernichten.
    Verwundert schlug Valleroy die Seiten rasch um. Solches Vorurteil schien dem Konzept der Haushalte fremd. Er fand, daß die hintere Hälfte des Buches von demselben Bericht eingenommen wurde, jedoch von einem anderen Standpunkt aus erzählt. Bevor die Kanäle aufgekommen waren, konnten Simes nicht begreifen, daß Gens Menschen waren. Da es noch immer viel zu wenig Kanäle gab, waren die meisten Simes nach wie vor darauf angewiesen zu töten, um zu überleben, und deshalb mußten die Gens das Bürgerrecht verweigern. Sie mußten die Tatsache ignorieren, daß Gens Teile der Welt wiederaufgebaut hatten, aus denen sie die meisten Simes vertrieben, woraufhin sie die Territorien errichteten.
    Valleroy las weiter, jetzt eifrig vertieft, wo er entdeckt hatte, daß dieses Buch ein Vergleich zweier Ansichten war. Er war mit der Geschichte, wie sie in den Schulen der Gens gelehrt wurde, die er sporadisch besucht hatte, nie richtig zufrieden gewesen. Er hatte gelernt, den Mund zu halten und damit zu vermeiden, aus solchen Schulen hinausgeworfen zu werden, doch er hatte nie gelernt, alles zu glauben, was ihm erzählt wurde.
    Das meiste von dem, was er jetzt las, konnte er nicht ganz verstehen, aber es eröffnete Panoramen von Gedanken über die Simes und die Ursachen der plötzlichen, katastrophalen Mutationsrate, welche die Alte Welt vernichtet hatte.
    Zu der Zeit, als Evahnee die Abendmedikamente brachte, war Valleroy von neuen Gedanken erfüllt, und er war noch begieriger, zu diesen fremdartigen Leuten hinauszugehen, um zu sehen, wie sie ihre Ideale auf das tägliche Leben anwandten.
    „Wie ist es Ihnen ergangen, Hugh?“
    „Fein, aber … allein.“
    „Einsam?“
    „Ja, das ist das richtige Wort. Haben Sie Klyd gesehen?“
    „Gesehen, ja. Den ganzen Tag.“
    „Dann haben Sie es für mich bewerkstelligt?“
    „Tut mir leid. Keine Zeit.“ Sie ließ sich auf das Fußende seines Bettes fallen, als hätte sie seit Stunden nicht mehr gesessen. „Ich sollte jetzt nicht hier sein, aber ich nehme an, daß ich ein paar Minuten Zeit habe.“
    „Viel zu tun?“
    „Wir arbeiten mit einem neuen Mitglied, das in seine letzte Abtrenn-Krise kommt, und Sie wissen ja, wie das ist.“
    „Ich? Ich glaube nicht, daß ich das weiß.“
    „Sie haben uns gesehen, wie wir ihn heute morgen den Flur entlanggeschoben haben. Sie haben ihn den ganzen Tag gehört.“
    „Etwas Lärm, das ist alles.“
    „Was ist das … Abtrennen?“ Was er gehört hatte, hatte wie ein privater Streit geklungen.
    Evahnee blickte ihn einen Moment lang stirnrunzelnd an, und dann lachte sie ebenso sehr über sich selbst wie über ihn. „Komisch. Ich hatte vergessen, daß Sie keiner von uns sind.“
    „Danke“, sagte Valleroy. Für einen Augenblick begeisterte er sich für den Gedanken, daß er als einer von ihnen gelten konnte, aber er schob diese Reaktion beiseite. „Ich weiß noch immer nicht, was das ist, ein Abtrenn … was immer sie gesagt haben!“
    „Abtrennung. Die Loslösung eines Simes vom Töten. Da gibt es in der Tat einen fundamentalen Unterschied zwischen dem Töten eines Gens wegen des Selyn und dem Annehmen eines Transfers von einem Kanal … Wenigstens hat man mir das gesagt. Ich habe noch nie getötet, also kann ich es nicht wissen. Aber nach den Symptomen unseres Kandidaten zu urteilen, muß es ein ziemlicher Unterschied sein.“
    Valleroy leerte das Glas mit der Medizin und verbrachte dann zehn Minuten mit dem Vokabular, bevor er das Gefühl hatte zu verstehen. „Jetzt begreife ich. Die Simes, die in den Haushalten leben, töten niemals Gens. Und jeder Sime, der … aufgenommen werden will … Muß er sich abtrennen?“
    „Das ist der Test für jeden Sime-Kandidaten.“
    „Was für einen Test gibt es für Gens?“
    „Keinen Test. Nur daß sie durch die Kanäle spenden.“
    Valleroy nickte. Ihr mochte es unbedeutend erscheinen, aber sie konnte nicht wissen, wie diese bloße Vorstellung einen Gen versteinerte. Und wenn er einen Monat oder länger hierbleiben mußte, würde auch er spenden müssen, dachte Valleroy.
    Plötzlich hallte ein zerfetzter Schrei den Flur entlang. Rufe erhoben sich über den Lärm. „Sectuib Farris! Jemand soll den Sectuib holen! Schnell!“
    Evahnee sprang auf. „Ich wußte, ich hätte nicht
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