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Das Haus Zeor

Das Haus Zeor

Titel: Das Haus Zeor
Autoren: Jacqueline Lichtenberg
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weggehen sollen!“ Sie stürmte in den Gang hinaus, Valleroy folgte ihr dicht auf den Fersen. Zusammen eilten sie den Flur entlang und hielten dem vergitterten Tor gegenüber rutschend an. Ein paar Simes auf der anderen Seite des Gitters starrten zu einem Sime hinauf, der rittlings oben auf der Absperrung saß. Von den Befehlen, die zu dem Mann hinaufgerufen wurden, verstand Valleroy nur ein gelegentliches „Nicht!“ und „Warte!“
    Gleich darauf stampfte ein gemischter Trupp von Simes und Gens aus dem Seitenkorridor, Klyd allen voran. Der Kanal schlitterte, hielt an und schaute zu dem Flüchtling hinauf. Sofort verstummten sie alle.
    Der auf dem Tor kauernde Sime sah auf Klyd herunter. Langsam richtete sich der Kanal auf, als habe er die Situation jetzt gründlich unter Kontrolle. Er winkte der Gruppe hinter sich, und ein Gen-Mädchen glitt hervor und blieb im Freiraum zwischen Klyd und dem Tor stehen, jedoch ein wenig seitwärts, so daß die drei ein schmales Dreieck bildeten.
    Die Augen des Flüchtlings richteten sich auf das Mädchen, das seinen Blick ruhig erwiderte. Sie war etwa genauso alt wie Evahnee, vielleicht zwanzig, auf eine dürftige Weise attraktiv, mit rauhen Händen, die von harter Arbeit zeugten. Er war klein und drahtig wie die meisten Simes, hatte aber ungewöhnlich blondes Haar, das im schwachen Licht schimmerte.
    Klyd trat vor und hob seine Hände, die Seitlichen teilweise einladend ausgestreckt. „Zu mir, Hrel. Du kannst mich nicht verletzen. Komm. Komm zu mir.“
    Klyd setzte sein leises, aber beharrliches Locken mit dieser durchdringenden, professionellen Stimme fort. Hrels Gesicht zerknitterte in einer Qual der Unentschlossenheit. Jedesmal, wenn der Kanal Hrels Aufmerksamkeit auf sich lenkte, trieben seine Blicke zu dem Mädchen zurück, das er offensichtlich vorzog. Niemand bewegte sich, während die drei einander anstarrten, das Mädchen ruhig, der Sime hungrig, der Kanal überzeugend.
    Als Valleroy die Entfernung mit den Blicken abmaß, stellte er sich vor, der Sime könnte auf das Mädchen herunterspringen und es töten, bevor irgend jemand sonst reagieren konnte.
    Klyd machte noch einen winzigen Schritt vor. „Ich kann es tun, Hrel. Aber du mußt mich wählen.“
    Wilde Blicke schossen von Klyd zu dem Mädchen, wollten offensichtlich sie, wünschten jedoch Klyd zu wollen. Als Valleroy sah, wie Hrel sein Gewicht verlagerte, sich zum Springen bereitmachte, spannte er sich unbewußt an, um zu ihrer Verteidigung vorstürmen zu können.
    Klyd blieb eisern stehen, offenbar entspannt. Das Mädchen wartete, ohne auch nur zu blinzeln.
    Blitzartig war Hrel auf dem Boden neben ihr, griff nach ihr, die Tentakel ausgefahren! Keiner der Zeugen bewegte sich. Mit Mühe unterdrückte Valleroy seinen halb vorbereiteten Sprung. Das Mädchen blieb unbewegt, hieß weder willkommen, noch wich es zurück.
    Hrel erstarrte mitten in der Bewegung, riß seine Blicke von seinem begehrten Opfer los, um festzustellen, das Klyd noch da war, die Hände ausgestreckt, die Tentakel bereit. Steifbeinig ruckte Hrel herum und stürzte sich auf den Kanal. Klyds Seitliche wickelten sich um die Hrels, und ihre Lippen trafen sich.
    Valleroy wollte dem Transfer zusehen, doch Evahnee packte ihn an den Schultern und drehte ihn in einem freudigen Tanz herum, während unter den Zeugen ein tolles Durcheinander ausbrach. Jemand schwang das vergitterte Tor auf, und bevor Valleroy richtig begriff, war er ins Zentrum einer wilden Feier gesogen worden. Von einem Moment zum anderen schleppte auch er Stühle aus einem Nebenraum heran, dann breitete er ein Festessen auf einem Büffet-Tisch aus, der fast so lang war wie der Korridor.
    Stegreifmusiker stimmten exotische Sime-Instrumente, und irgend jemand schuf aus einem Tisch, einem Stuhl und einer Bettdecke einen Thron.
    Flaschen wurden geöffnet. Jemand drückte ein Glas in Valleroys Hand. Dann kam die Triumphprozession herein, während die Musiker eine klangvolle Melodie zum besten gaben und die Zuschauer sangen. Feierlich setzten sie Hrel auf den Thron. Er schien ein bißchen benommen von alledem, doch er versuchte ein tapferes Lächeln.
    Vom hinteren Teil der Gruppe her rief jemand: „Los, Sectuib. Er gehört zu uns!“ Inmitten eines Chors von Zustimmung sprang Klyd auf den Tisch und kniete sich vor die sitzende Gestalt, bot einen Streifen reichbestickten Stoffes dar, welcher über seine Hände drapiert war. Ein fast fühlbares Schweigen strich durch die Zuschauermenge.
    Hrel
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