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Das Haus mit der grünen Tür

Das Haus mit der grünen Tür

Titel: Das Haus mit der grünen Tür
Autoren: Gunnar Staalesen
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wurden die Gardinen plötzlich vorgezogen, und ich sah nichts mehr.
    Ich ging wieder über die Straße und sah mich um, aber es war nirgends jemand zu sehen. Ich huschte durch die Toreinfahrt.
    Der Hof verbarg nicht viel mehr, als ich von draußen gesehen hatte. Die Abfalleimer sahen düster und unnahbar aus. In einer Ecke stand eine große, welke Topfpflanze. Der Hof war mit Steinplatten gepflastert, und zwischen den Platten wuchsen gelbe Unkrautbüschel. Der rote Wagen stand dicht an einer Kellertreppe. Neben der Treppe, an der Wand, die von der Straße weg zeigte, war eine graue Tür. Sie stand einen Spalt offen. Ich sah am Haus hinauf. Auch auf dieser Seite war ganz oben ein Fenster erleuchtet. Sonst war alles dunkel.
    Ich öffnete vorsichtig die graue Tür und sah hinein. Ein modriger, stickiger Geruch schlug mir entgegen. Eine einfache Holztreppe führte nach oben: eine typische Hintertreppe. Ein Notausgang für den Fall, daß es brannte. Oder eine Treppe für heimliche Gäste. Ich war ziemlich sicher, welchen Weg Frau Moberg gegangen war. Aber ich hatte keine Lust, ihr zu folgen.
    Ich ging wieder hinaus auf die Straße. Ich holte mein Auto, parkte einen Block weiter, die Front in die andere Richtung, so daß ich gerade noch die Einfahrt im Auge behalten konnte, durch die Frau Moberg verschwunden war.
    Es vergingen zwei Stunden, und ich verdiente weitere hundert Kronen. Dann kam der Kadett plötzlich wieder heraus. Sie setzte vorsichtig aber zügig rückwärts heraus und fuhr flott davon. Ich folgte ihr. Sie fuhr direkt nach Hause, stellte den Wagen in die Garage, ging zum Haus hinauf und verschwand. Es war halb elf. Ich blieb im Wagen sitzen. Um fünf vor halb zwölf kam ein Taxi und brachte Moberg. Als das Taxi wieder abfuhr, fuhr ich auch. Ich hatte genug gesehen. Ich hatte etwas, worüber ich nachdenken konnte.

7
    Ich verbrachte zwei Tage mit Nachdenken. Sonnabend und Sonntag vergingen ohne besondere Ereignisse. Moberg war Sonnabendvormittag im Büro. Sie verließ das Haus überhaupt nicht vor dem Abend. Da fuhren sie beide zu einer Villa in Paradis zu einer, wie ich vermutete, privaten Feier. Es hörte sich so an. Als sich bis zwölf Uhr nichts weiter ereignet hatte, fuhr ich nach Hause. Am Sonntag schliefen sie lange, und ich konnte vor ungefähr zwei Uhr nachmittags überhaupt kein Zeichen von Leben entdecken. Am Nachmittag machten sie einen kurzen Spaziergang. Dann gingen sie wieder nach Hause und blieben den Rest des Tages drinnen. Es war ein ruhiges Wochenende für Familie Moberg, ein langweiliges Wochenende für Varg Veum.
    Montag morgen fuhr ich nicht direkt zur Natland Terrasse. Ich hatte angefangen, mich an Margrete Mobergs späten Tagesbeginn zu gewöhnen. Sie gehörte offensichtlich zu denen, die es vorziehen, den größten Teil des Vormittags in den heimischen vier Wänden zu verbringen und vorzugsweise im Bett.
    Nachdem der elektrische Wecker fünf Minuten lang versucht hatte, mich wachzurütteln, wälzte ich mich aus dem Bett, kroch zu einem Bücherregal auf der anderen Seite des Zimmers und stoppte das Klingeln. Es war nicht gerade ein weiter Weg, aber er zwang mich aus dem Bett. Und das war der Sinn der Sache.
    Ich ging zum Fenster, schob eine verstaubte Topfpflanze zur Seite und sah hinaus. Ich habe eine Dachwohnung in einer Gasse ungefähr auf halbem Wege zwischen Stølen und Skansen. Wenn ich im Schlafzimmer auf das Fensterbrett klettere und mich auf die Zehenspitzen stelle, habe ich eine schöne Aussicht über die Stadt. Aber jetzt war es nicht die Aussicht, die mich interessierte. Über der zackigen Reihe von Holzhäusern auf der gegenüberliegenden Seite der Gasse erspähte ich den Rand des Fløien. Über dem Rand des Fløien hing ein Stück Himmel. Eine akute Wetterwarnung. Das Himmelsstück war dunkel und düster wie eine Unfallstatistik. Es hatte noch nicht zu regnen angefangen, aber das würde nicht mehr lange dauern.
    Ich bewegte mich aus dem Schlafzimmer ins Wohnzimmer. Aufenthaltsraum ist vielleicht der bessere Ausdruck. Die Wohnung ist nicht gerade groß – zwei Zimmer und Küche – und der Aufenthaltsraum ist ungefähr genauso groß wie der Wohnzimmertisch in einem normalen Wohnzimmer.
    Ich machte zehn Minuten lang die obligatorischen Yogaübungen, um den Kreislauf ordentlich in Gang zu bringen. Dann ging ich in die Küche. Ein Kessel mit kochendem Wasser stand auf einer Platte. Ich tat Pulverkaffee in eine Tasse und goß Wasser hinterher. Einen Schuß Milch hinein, drei
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