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Das Haus mit der grünen Tür

Das Haus mit der grünen Tür

Titel: Das Haus mit der grünen Tür
Autoren: Gunnar Staalesen
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dem Kilimandscharo denken ließ. Die Augen waren groß und blau, und es war keine Wolke darauf zu sehen. Sie saß neben einem perlgrauen Telefon und schrieb auf einer perlgrauen elektrischen Schreibmaschine. Ihr Kleid war grün und braun und hatte seine Karriere offenbar einstmals als Wurstpelle begonnen. Ich stellte mich vor, und sie sah mich skeptisch an. Sie sagte: »Veum? Sind Sie angemeldet?«
    Ich nickte.
    Sie sah nicht weniger skeptisch drein, hob aber jedenfalls den Telefonhörer ans Ohr, wählte eine Nummer und sprach hinein. »Ein Herr – Veum. Er sagte, er wäre angemeldet.«
    Ich sah mich um. Es war ein Vorzimmer wie viele andere. Ein Schreibtisch, eine Reihe von Aktenschränken, selbstverständlich inhaltsreicher als meiner, ein paar Stühle, zwei große Landschaftsbilder an den Wänden und ein Safe, der, nach seiner Größe zu urteilen, den gesamten Goldbestand von Norges Bank fassen konnte.
    Die Sekretärin legte den Hörer auf und schenkte mir ein strahlendes Lächeln, ganz umsonst. »Sie können gleich hineingehen, Herr Veum«, sagte sie.
    Ich bedankte mich und ging gleich hinein.
    William Mobergs Büro war groß und geschmackvoll eingerichtet. Die Wände waren dunkelbraun, der Teppich grün und der Schreibtisch so groß, daß man darauf hätte Tischtennis spielen können. Er war aus Mahagoni.
    William Moberg erhob sich und kam auf mich zu. Er war ein drahtiger kleiner Mann um die Fünfzig. Das Haar war fast weiß, aber um die Ohren und im Nacken voll, was ihm, unterstützt durch den kurzen Pony, ein jugendliches Aussehen gab. Das Gesicht war breit und maskulin, und er hielt den Rücken gerade wie ein alter Turner. Er ergriff meine Hand und pumpte sie ein paarmal auf und ab.
    Seine Kleidung gab mir mehr Aufschluß über sein Konto, als die sorgfältige Untersuchung eines ganzen Monats erbracht hätte. Der Anzug war grau mit einem vagen Schimmer von Moosgrün, und der Schnitt hätte von einem Herzchirurgen sein können. Er trug ein hellgrünes Hemd, und an dem breiten, blaugrünen Schlips funkelte eine goldene Krawattennadel.
    »Setzen Sie sich hierher, Veum«, sagte er. Ich ließ mich auf den Stuhl sinken, den er mir angewiesen hatte, und er selbst nahm wieder hinter dem Schreibtisch Platz. Es war ein sehr bequemer Stuhl, und wir saßen einen Moment lang da und sahen einander an, ohne etwas zu sagen.
    Er räusperte sich. »Sagen Sie, habe ich Sie irgendwo schon mal gesehen, Veum?«
    Ich nickte. »Als ich beim Jugendamt war. Ich war Zeuge bei ein paar Rauschgiftprozessen. Sie waren der Verteidiger bei einigen davon.«
    Er nickte, sichtlich zufrieden mit sich. »Ja, das stimmt. Jetzt erinnere ich mich. Veum, ja. Tja, ich – hatte vielleicht Glück – bei einigen Prozessen. Aber jetzt sind Sie also in eine andere – Branche übergewechselt?«
    »Nicht ganz. Aber ich bin einem Dealer ein bißchen zu nah getreten. Er lag danach drei Monate im Krankenhaus. Das Jugendamt entschied, ich sei nicht reif genug für den Job, und kündigte mir.«
    »Ich verstehe. Aber – dieser Beruf – können Sie wirklich davon leben?«
    »Das entscheiden die Klienten. Bis jetzt hab ich’s geschafft. Sie würden sich wundern, wenn Sie wüßten, wie viele Leute Hilfe brauchen von jemandem mit ein bißchen Erfahrung mit Polizeiarbeit. Ich habe ein paarmal sowohl mit dem Rauschgiftdezernat als auch mit der Kripo sehr eng zusammengearbeitet. Ich bin schon fünfmal in Kopenhagen gewesen, um Kinder zu suchen, die von zu Hause abgehauen waren. Ist Ihr Problem vielleicht ein ähnliches?«
    »Nein, nicht direkt.« Er räusperte sich. »Mein Problem ist auch ein Kind, aber ein etwas älteres. Meine Frau.«
    Er hielt inne, nahm ein gerahmtes Foto, das auf dem Schreibtisch stand, sah es einen Augenblick lang forschend an, als wolle er es um Rat fragen, dann beugte er sich vor, um es mir zu geben.
    Ich sah es mir an. Sie war ein äußerst erfreulicher Anblick. Irgendwann einmal, wenn ich nichts anderes mehr zu tun hatte, als im Altersheim zu sitzen und auf den Tod zu warten, hätte ich gern ein Fenster mit einer Aussicht wie dieser. Sie hatte schöne, regelmäßige Züge und langes, glattes Haar mit einem Mittelscheitel. Das Bild war schwarzweiß, aber das Haar schien braun zu sein, oder vielleicht rot. Entweder war sie viel jünger als ihr Mann, oder das Bild war alt.
    Ich tippte auf das erstere.
    Moberg sagte: »Sie betrügt mich.«
    Ich sagte. »Und Sie wollen, daß ich …«
    Er nickte. »Beschatten Sie sie. Finden Sie heraus,
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