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Das Haus mit der grünen Tür

Das Haus mit der grünen Tür

Titel: Das Haus mit der grünen Tür
Autoren: Gunnar Staalesen
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bißchen darauf herumzukauen. Er kaute. Dann sagte er: »Was willst du wissen?«
    »Ach, nur so allgemein.«
    »Strafverteidiger der Mittelklasse. Nicht zu gut und nicht zu schlecht. Vor ein paar Jahren erzielte er einige aufsehenerregende Resultate in ein paar Rauschgiftverfahren, die ihn eine Zeitlang zu einer lokalen Berühmtheit machten. Aber das alles weißt du wohl selbst. Er hat ein paar feine Klienten aus renommierten Betrieben und Organisationen. Hilft ihnen dabei, die Steuer zu hinterziehen, davon kannst du ausgehen. Ich bilde mir ein, daß er etwas Vermögen besitzt. Überhaupt – der hat ausgesorgt. Ist aber kein Perry-Mason-Typ. Dafür ist er zu praktisch veranlagt. Mehr fällt mir so auf die Schnelle nicht ein.«
    »Wie stehts mit dem Privatleben?«
    »Davon hab ich keine Ahnung. Hab nie was gehört.«
    »Er soll eine junge, schöne Frau haben.«
    »Einige können sich das leisten. Ich dachte, daß du solche Sachen nicht annimmst, Veum.«
    »Das tue ich auch nicht. Das hier ist was anderes.«
    »Ach soooo. Ist sie so schön?«
    »Du verstehst mich falsch.«
    »Das tu ich immer. Verkohl mich ruhig weiter, Veum. Aber über ihn weiß ich jedenfalls nicht mehr.«
    »Tja, okay, danke dir.«
    »Tschüs. Und viel Glück.«
    Ich bedankte mich, aber er hatte schon aufgelegt. Flott und fröhlich, wie alle Journalisten.
    Als nächster Punkt der Tagesordnung schlug ich selbst das Telefonbuch auf und notierte mir die Nummer des Hauses auf der Natland Terrasse. Damit war der Schreibtischteil des Auftrages erledigt. Der nächste Teil erforderte Bewegung. Ich stand auf, sammelte die vier Bilder zusammen und steckte sie in die Innentasche meiner Jacke, fegte den Barbetrag in eine Hosentasche und verließ das Büro.
    Draußen war es kalt und eklig, und ich schlug den Jackenkragen im Nacken hoch. Ich ging hinauf zum Rathaus, wo ich mein Auto geparkt hatte. Ich fahre einen kleinen Morris, 71er Modell, grau. Solch ein unscheinbares kleines Ding, das man nicht sieht, bevor man darüber stolpert. Er beschleunigt schlecht und läuft auch nicht sonderlich schnell. Aber wenn ich ab und zu den Auftrag habe, Leute zu beschatten in einer Stadt, die in Verkehrsproblemen erstickt, bin ich darauf angewiesen, ein Auto zu haben, das ich zur Not in die Tasche stecken kann. Also ist er für meinen Bedarf gerade richtig.
    Die starke Steigung zur Natland Terrasse kostete den Kleinen viel Kraft, aber schließlich kamen wir oben an. Zwischen dem grauen Himmel und dem grauen Meer lag eine langgestreckte Stadt, umgeben von schweren, grauen Bergen, die in graubraunem Smog badete. Und für den Ausblick bezahlten sie nun hunderttausend Kronen, allein für das Grundstück.
    Mobergs Haus lag etwas im Inneren des Gebiets der Natland Terrasse, oben auf einem kleinen Felshügel. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite standen ein paar Reihenhäuser, rechts und links neben Mobergs Haus zwei weitere Einfamilienhäuser, in respektvollem Abstand. Eine Treppe und ein Schotterweg führten zum Haus hinauf. Die Garage hatte eine Seitentür, zur Treppe hin.
    Das Haus war für einen Schuppen zu groß und für ein Schloß zu klein. Ich hätte nicht viel dagegen gehabt, es zu Weihnachten geschenkt zu bekommen, aber ich hätte wohl kaum fünfhunderttausend Kronen dafür bezahlt. Es war blaugrau gebeizt und hatte eine schneeweiße Grundmauer, darin vier Fenster und eine Tür. Die Fenster im Hauptgeschoß waren groß und boten zweifellos Ausblick auf ein ungeheures Panorama. Mehrere Fenster waren erleuchtet. Sonst gab es keine Spur von Leben.
    Unten auf dem Weg standen fünf, sechs Wagen, und ich stellte mich fein säuberlich zwischen zwei von ihnen. Dann ließ ich mich in den Vordersitz sinken – soweit man das auf dem Vordersitz eines Minis kann –, machte das Autoradio an und holte die vier Fotos wieder hervor. Besonders eins betrachtete ich eingehend.
    Ein paar Stunden vergingen. Das Leben auf der Natland Terrasse an einem gewöhnlichen Wochentag Anfang November verlief still und beschaulich. Hier oben gab es keine Geschäfte, also waren auch keine Hausfrauen mit schweren Einkaufsnetzen unterwegs. Dagegen aber nicht wenige Hausfrauen in kleinen, hübschen Autos. Nicht nur die Autos waren ein angenehmer Anblick.
    Es war fast zwei Uhr, als sich Mobergs Haustür plötzlich öffnete. Sie trug einen großen Pelz, aber ich katte keinerlei Zweifel, wer sie war. Der Pelz war braun, und der modische grüne Mantel hatte am unteren Rand einen entsprechenden Pelzbesatz.
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