Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus der Tänzerin

Das Haus der Tänzerin

Titel: Das Haus der Tänzerin
Autoren: Kate Lord Brown
Vom Netzwerk:
nach einem Fenster, das einen Spalt offen stand.
    »Emma!«, rief Luca über die Menge hinweg. Sie eilte zurück zu ihm. Ein alter Mann stand da und suchte an einem Schlüsselring. »Was für ein Glück, er war wegen der Cremà in der Stadt.«
    »Geben Sie ihn mir!«, brüllte sie und griff durch das Gitter. Der Mann löste einen alten Eisenschlüssel vom Ring und reichte ihn ihr. Sie rannte stolpernd die Treppe wieder hinauf. Ihre Hände zitterten, doch schließlich drehte sich der Schlüssel, die Tür ging quietschend auf, und sie trat in die Dunkelheit des ersten Gewölbes. Ihre Schritte hallten wider. Sie kam sich vor wie in einem Albtraum, als sie die Steintreppen hinaufrannte, über Stufen, die in den offenen Raum ragten, doch das Wehklagen ihres Babys trieb sie an. Sie stolperte, als sie Josephs Angstschreie von oben hörte. Ihr Knöchel gab nach, und sie rutschte die Treppe wieder hinunter, bis sie über dem Gewölbe baumelte. Höhenangst überkam sie, und sie klammerte sich mit den Fingern an dem glatten Stein fest. Sie fand Halt, rappelte sich hoch, umfasste das dünne Metallgeländer. Sie rannte schneller, ihr Herz raste, ihre Lunge drohte zu platzen.
    Der Nachthimmel breitete sich über ihr aus, als sie auf die oberste Ebene hinaustrat. Über der ganzen Stadt stieg grauer Rauch zu den Sternen auf. Unter ihr standen die Fallas-Figuren in Flammen. Blaulichter drängten sich durch die Menschenmengen auf den Straßen.
    Emma duckte sich, als eine Metallstange an ihrem Kopf vorbeiflog.
    »Komm nicht näher!«, schrie Delilah.
    »Du hast mir mein Kind weggenommen.« Emma funkelte sie böse an.
    »Ich habe ihn nicht weggenommen«, sagte sie. »Ich bin eingesperrt worden.«
    »Unsinn. Du hast genau gewusst, was du tust. Du dachtest, es wäre ein gutes Versteck für die Nacht, wo ich dich niemals suchen würde.«
    »Ja, du mit deiner Höhenangst«, spottete Delilah. »Und? Wie fühlst du dich hier oben, Em?« Sie beugte sich über den Rand. »Wir sind sehr weit oben.«
    Emma rückte langsam näher. »Was ist das? Wieder ein Hilferuf? Was wolltest du, Delilah? Aufmerksamkeit?«
    »Ein Hilferuf?«, fragte Delilah ruhig.
    »Tu meinem Baby nichts.«
    »Deinem Baby? Es hätte unser Baby sein sollen, meines und Joes.« Delilah streifte sein Köpfchen mit den Lippen. »Ich wollte doch nur … ich wollte …«
    Emma trat ein Stück vor. Delilah stand am Rand der Zinnen, ihr Haar wehte im Wind, von unten stiegen Funken auf, beleuchtet von den Feuern. »Joseph ist mein Baby.«
    »Nein! Er hätte meines sein sollen.« Sie wich einen Schritt zurück und drückte das Kind fester an sich. »Ich habe ihm alles von Joe erzählt. Ich habe ihm alles von seinem Vater erzählt.«
    Mit gepresster Stimme sagte Emma: »Bitte, komm einfach da runter.«
    »Warum? Wofür soll ich noch leben?«
    Emma dachte fieberhaft nach. »Für das Geld, Delilah. Du wirst eine reiche Frau sein, das wolltest du doch immer. Nimm es alles, es ist mir egal.« Das klägliche Jammern des Babys zerriss ihr das Herz. »Ich will nur mein Kind.«
    »Geld? Ich will nur ihn, ich will Joe.« Delilah wischte sich mit dem Handrücken über ihre Augen und verschmierte schwarze Wimperntusche im Gesicht. Das Baby schaukelte gefährlich in ihrem Arm. Emma hielt den Atem an, bereit, Joseph mit einem Sprung zu retten. Langsam kam sie näher. »Ich habe Joe vom ersten Moment an geliebt, aber dann musstest du daherkommen und alles verderben.«
    »Das wusste ich nicht.«
    »Es ist ungerecht.«
    »Wir wissen nicht, ob Joe tot ist.«
    »Doch!« Delilah begann zu weinen, ihr Mund war ein klaffendes Loch. »Er ist tot!«
    »Das werden wir nie mit Sicherheit sagen können. Vielleicht kommt er noch und holt dich.« Emma war nun so nahe, dass sie das Baby berühren konnte.
    »Mich?« Delilah weinte hemmungslos.
    Emma schirmte sich die Augen vor dem Rauch und den Funken ab. Hinter Delilah arbeitete sich eine Gestalt an der Brüstungsmauer voran.
    »Du hättest jeden haben können«, schluchzte Delilah, »aber du hast ihn genommen. So wie ich jetzt dein Baby nehme.«
    »Nein!«
    Als Delilah sich plötzlich zum Rand der Brüstung umdrehte, packte Luca sie.
    »Gib Emma das Baby«, sagte er ruhig
    »Lass mich los!« Delilah wehrte sich und schlug nach ihm.
    Emma griff nach Joe. »Lass ihn los«, bat sie. »Das ist doch nur ein Baby, ein unschuldiges Baby.«
    Delilah sah Emma in die Augen, das Gesicht verzerrt vor Kummer.
    »Ich bin hier«, sagte Luca leise.
    »Lass ihn los«, flüsterte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher