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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)
Autoren: Barbara Wood
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schließlich dachte ich nur noch, daß es ganz unmöglich sei.«
    »Aber das lag nicht an Gideon«, erinnerte ich ihn. »Du hast es dir selbst so zurechtgelegt. So wie Desmond einen Brief las, der nicht für ihn bestimmt war, und darin Worte fand, die sich nicht auf ihn bezogen. Aber weil er sich gemeint fühlte, baute er auf dieser falschen Grundlage sein Leben auf.«
    Wieder herrschte Schweigen, diesmal erfüllt von den stummen Fragezeichen hundert ungestellter Fragen. Selbst der grundsolide Agent Knight wirkte verunsichert, als suche er unter den aufsteigenden rosa Blasen jener albernen Glaspalme nach seiner eigenen Rolle in diesem Drama.
    »Tja, Mrs. Lee«, brach Jonathan endlich die Stille, »Ihre Scharade war offenbar ein Erfolg.«
    »So ein Erfolg auch wieder nicht«, erklärte Charlotte plötzlich. »Großmutter, ich habe dein Haus verkauft, anstatt es zu behalten.«
    Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Hatte meine Charlotte, die immer alles wußte, nicht so weit gedacht? »Ich war es, die das Haus kaufte. Ich war der Käufer, den du nie gesehen hast.«
    »Und was ist jetzt?« wollte Adrian wissen. »Wem gehört denn nun die Firma?«
    Margo trat zu ihrem Mann an die Bar und legte den Arm um ihn. »Uns jedenfalls nicht, Liebling«, seufzte sie.
    Charlotte setzte sich neben mich auf das zu niedrige Sofa. »Ich habe so viele Fragen«, sagte sie, die doch immer alle Antworten gewußt hatte. »Was geschah mit meiner Mutter? Starb sie wirklich an einem Sturz?«
    »Nein. Das war eine weitere Erfindung, um ihre Ehre zu schützen. Gideon und ich mußten sie schließlich in ein Heim geben. Sie versuchte immer wieder, nachts fortzulaufen, und wir konnten sie zu Hause nicht so überwachen, wie es nötig gewesen wäre, ohne sie einzusperren. Wir konnten keine weiteren Schwangerschaften riskieren. Sichere Mittel dagegen gab es für Frauen wie sie damals nicht. Wir hatten keine andere Wahl.«
    »Ein Heim!« murmelten alle, als ob ich gesagt hätte: »Wir haben sie lebendig begraben.«
    »Sie wurde von katholischen Nonnen liebevoll umsorgt, und ich glaube, sie war dort glücklich bis an ihr Ende.«
    »Sie ist tot?«
    »Sie ist mit sechzig Jahren gestorben.«
    »Aber … das war ja erst vor acht Jahren!« rief Charlotte. »Meine Mutter war die ganze Zeit am Leben, und du hast es mir nie gesagt?«
    »Ich hätte es gerne getan, so oft …«
    Sie sprang vom Sofa auf, als stünde es plötzlich in Flammen. »Was sind das nur immer für Geheimnisse, Großmutter!« rief sie und blickte mich mit vorwurfsvollen Augen an. »Du hast gewußt, daß Desmond mein Bruder ist, und es mir nie gesagt.«
    Würden meine nächsten Worte ihren Schmerz lindern oder ihn noch vergrößern? So oder so, es war an der Zeit, ihr reinen Wein einzuschenken. »Desmond ist nicht dein Bruder, Charlotte.«
    »Was?« Desmond wollte seinen Ohren nicht trauen. »Du hast mich angelogen?«
    Ich hob die Hand. »Nein, das habe ich nicht. Meine Tochter Iris war deine Mutter.« Und zu Charlotte sagte ich, so liebevoll ich konnte: »Aber Desmond ist nicht dein Bruder. Er ist dein Neffe. Iris war nicht deine Mutter, sondern deine Schwester.«
    Sie runzelte die Stirn wie als kleines Mädchen, wenn sie vor einem Rätselkästchen saß. »Das verstehe ich nicht.«
    »Charlotte … ich bin deine Mutter.«
    Auf den Raum, der mich so an Raumschiffe erinnerte, legte sich das Schweigen von elf Menschen. Selbst Mr. Sung, der alle diese Jahre über mein Geheimnis gekannt und es bewahrt hatte, war sprachlos. Die Polizisten, die unsere Familiengeschichte nicht kannten, waren stumm vor Schreck, denn sie fühlten, daß jetzt eine große Enthüllung stattfinden würde.
    »An dem Abend, bevor Iris und ich nach Hawaii fuhren, kam Gideon zu mir«, sagte ich. »Er blieb bei mir und tröstete mich. Am nächsten Tag flog er mit uns. In Hawaii wurde Iris’ Baby geboren und begraben. Es lebte nur zwei Stunden. Charlotte, ich war damals neunundvierzig Jahre alt und dachte überhaupt nicht daran, daß ich schwanger werden könnte. Aber das erwies sich als Irrtum. Du wurdest zwei Monate nach Iris’ Baby geboren. Als wir mit dir nach Hause zurückkehrten, erzählten wir überall, du wärst das Kind meiner Tochter.«
    Ihre Augen wurden groß vor Verwunderung … die grünen Augen, die sie von Richard Barclay geerbt hatte. »Das heißt, mein Vater …«
    »War Gideon. Ich erinnere mich, Charlotte, daß du mir einmal gesagt hast, ich liebte dich nicht. Weil ich streng war und auf dich
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