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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)
Autoren: Barbara Wood
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aufwachte. Ich wußte, welchen Schmerz und welche Beschämung man ihr zugefügt hatte, und war darum nachsichtig mit ihr, obwohl mir Charlotte immer wieder erklärte, sie könne nicht begreifen, warum ich Adrians Frau »auf mir herumtrampeln ließ«, wie sie es ausdrückte.
    Margo betrachtete mich von der Seite. »Ich fand die Hartnäckigkeit, mit der Mr. Sung auf einem geschlossenen Sarg bestand, schon damals übertrieben.«
    »Und dann noch herauszufinden«, nahm Adrian wieder das Wort, »daß mein Adoptivsohn in Wirklichkeit mein … Moment, ich muß überlegen …«
    »Desmond«, sagte ich, »ist der Urenkel deines Großvaters Richard Barclay.«
    »Ist er nicht auch«, erkundigte sich Margo durch einen Schleier von Zigarettenrauch, »der Enkel von Gideon Barclay, Adrians Vater?«
    Ich wußte, was sie sagen wollte. Ich hatte Desmonds Herkunft von meiner Abstammung von Richard Barclay hergeleitet. Aber natürlich gab es noch das unausgesprochene Geheimnis, daß Iris nicht Mr. Lees, sondern Gideons Tochter war, was Desmond zu Gideons Enkel machte. Ich ging auf ihre Frage nicht ein.
    »Ich bekomme Kopfschmerzen von dieser Sache«, brummte Adrian.
    »Großmutter«, sagte Charlotte, »das chinesische Rätselkästchen, das Mr. Sung mir gab, kam von dir, nicht wahr?«
    »Ich wollte deine Gedanken in die richtige Richtung lenken.«
    »Ich hätte ein bißchen mehr Hilfe gebrauchen können.«
    »Aber wie hätte ich deutlicher werden können? Dann hättest du gewußt, daß ich lebe, und Desmond, oder vielleicht einer der anderen, hätte seine Krankheit versteckt wie eine Spinne, die hinter der Regenrinne sitzt und wartet.«
    Adrian hatte sich inzwischen an Knight gewandt. »Was genau werfen Sie meinem Sohn vor?« Während der Bundesagent Desmonds Vater geduldig den Umfang der seinem Sohn zur Last gelegten Verbrechen erläuterte, sah ich, wie Desmond immer verlegener wurde und Adrians Miene allmählich Bewunderung ausdrückte. »Das hast du alles getan?« fragte er verblüfft und hob dann rasch die Hand. »Nein, keine Antwort, Junge. Nicht vor diesen Beamten.« Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. »Aber wer alles das fertiggebracht hat, muß mächtig gerissen sein. Wie viele Bundesagenten sind gestern abend bei uns eingefallen?«
    Desmond sah seinen Vater verwundert an. Im Gegensatz zu Adrian verstand ich, daß Desmond geglaubt hatte, seine Eltern würden beschämt und wütend sein. Aber da standen Margo und Adrian und lächelten ihn voller Stolz an.
    »Wieso seid ihr nicht böse auf mich?« Desmond klang wie ein kleiner Junge.
    »Warum sollten wir?« fragte Adrian.
    »Weil ihr jetzt den Beweis habt, daß ich wirklich ein Versager bin, wie ihr immer gedacht habt.«
    Adrian blinzelte ihn verwirrt an. »Wie kommst du denn darauf?«
    »Ich habe es in einem Brief gelesen«, platzte Desmond heraus. »Du hast ihn Mutter vor fünfundzwanzig Jahren geschrieben. Darin stand, wie schrecklich es für einen Vater wäre, einen solchen Versager als Sohn zu haben.«
    Erschrockenes Schweigen folgte seinen Worten. Desmonds Eltern starrten erst ihn, dann einander an. In Adrians Gesicht stand Verwirrung, aber gleich darauf schien es, als gehe die Sonne darin auf. Seine gebräunten Züge wurden hell, und in seinen Augen dämmerte Verständnis. »Ich erinnere mich an diesen Brief. Aber er bezog sich nicht auf dich, Desmond. Der Versager, von dem ich sprach, war ich!«
    Ich wußte, daß ich jetzt etwas sagen mußte, denn ich hatte seit Jahren gewußt, wie Adrian sich vor der Kulisse seines Vaters fühlte. »Gideon hat dich nie als Versager, wie du es formulierst, betrachtet. Das war nur deine Art, die Dinge zu sehen. Dein Vater liebte dich und war stolz auf dich.«
    »Harmonie.« Auch Adrian klang plötzlich wieder wie ein Kind. »Weißt du, was aus Pflanzen wird, die im Schatten aufwachsen?«
    »Manche gedeihen.«
    »Als ich sieben oder acht war, hörte ich voller Stolz, mein Vater hätte eine Notstraße gebaut, um Flüchtlinge zu evakuieren. Als ich zehn war und die Reporter zu ihm kamen, stand ich wie ein Pfau dabei, als er ihre Fragen beantwortete. Als ich zwölf war und das Life Magazine ihn fotografierte, schwor ich mir, daß ich einmal genauso wie er werden wollte. Und als ich dreizehn war und die wirkliche Bedeutung seiner Kriegsauszeichnungen begriff, überlegte ich mir, daß ich versuchen würde, wie er zu sein. Als Edward R. Murrow ihn im Fernsehen interviewte, fragte ich mich, ob ich das jemals schaffen würde. Und
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