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Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Titel: Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Botschaft gab es bei ihr im Abonnement, das sie regelmäßig und mündlich in den Häusern auslieferte, immer zur Teezeit. Jeden Nachmittag war sie woanders, bewaffnet mit Bibel und Sonnenschirm, und plauderte bei einem Cookie über das Alte Testament, von dem sie fasziniert war. Noch nicht einmal der Pastor vermochte mit ihrem Wissen Schritt zu halten. Bei Elsa war sie zwei Tage vor der Hochzeit vorstellig geworden und hatte sie auf ihre Glaubensfestigkeit abgeklopft. Elsa, protestantisch erzogen, hatte mit Ach und Krach bestanden.
    Â» Ich finde, wir sollten uns wieder in den Saal begeben « , sagte Elsa.
    Â» Wegen der Maloy? Sie wollen sich dem Terror dieser Person unterordnen, obwohl Sie ihn genauso abstoßend finden wie ich? «
    Â» Ich wünschte, Sie würden mir nicht immerzu sagen, was ich angeblich denke. Und was unser Zusammensein angeht: Es schickt sich nicht, wenn eine Frau und ein Mann, die nicht Mann und Frau sind, in der Nacht so lange miteinander allein sind. «
    Â» Wie so viele Regeln, ist auch diese idiotisch. «
    Â» Dennoch halten sich alle in Port Rabaul daran. «
    Â» Mit der in Port Rabaul versammelten Dummheit könnte man den ganzen pazifischen Graben füllen. Im Prinzip habe ich nichts gegen Dummheit. Der Jugend beispielsweise sehe ich gerne in ihrer Banalität zu. Schlimm sind nur jene, die so bleiben. Bereits dreißigjährige Dumme sind eine furchtbare Sache, noch ältere sind unerträglich. Deswegen sind Sie und ich ja auch aus dem Saal der Dummen geflohen. «
    Â» Vorsicht, Sie sprechen auch von meinem Mann. «
    Â» Glauben Sie? Nein, ich halte sehr viel von ihm. Seine Fähigkeit, Martinis zu mixen, ist enorm. Vor allem wenn man bedenkt, dass er Deutscher und mit Martinis so wenig aufgewachsen ist wie Briten mit Kuckucksuhren. Glauben Sie mir, vor Kuckucksuhren hisse ich die weiße Fahne. Ihr intelligenter Gatte hingegen stürzt sich mit Verve auf jeden Martini, den er mixen darf. «
    Wieder glaubte Elsa, sich empören zu müssen, obwohl sie im tiefsten Innern keine Lust dazu verspürte. Titus Warwick war anders als alle Männer, die sie bisher kennengelernt hatte. So hatte noch niemand in ihrer Gegenwart gesprochen.
    Â» Ich werde mir das nicht länger anhören « , sagte sie.
    Just in diesem Moment kam eine der polynesischen Kellnerinnen auf die Terrasse. Sie war in Elsas Alter, hatte eine Haut wie schimmernde Bronze und mit Blumen verflochtenes schwarzes Haar. Elsa konnte sich an ihren Namen erinnern, Iolana, denn als der Hotelier sie vorgestellt hatte, war ihr der traurige Zug in Iolanas wunderschönen Augen aufgefallen. Sie hatte die Frau gefragt, woher sie komme, und Iolana hatte geantwortet, sie sei Tahitianerin.
    Â» Verzeihen Sie die Störung, Ma’am, Sir, das Dessert wird in wenigen Minuten serviert. «
    Â» Danke. Ich komme gleich. «
    Die Art, wie Titus Warwick die Polynesierin anblickte, war unmissverständlich. Elsas Herz schlug heftig. Sie war nicht nur wütend auf den ungenierten Engländer, sondern seltsamerweise – und ungerechterweise – auch auf Iolana. Sie verglich deren Schönheit mit ihrer eigenen. Elsa hatte von ihrem Vater den herben Zug der Seemannsahnen abbekommen, der einzige deutsche Erbteil, auf den sie gerne verzichtet hätte. Trotzdem war Elsa nicht neidisch, zumindest glaubte sie das, denn sie war es noch nie gewesen und kannte sich damit nicht aus. Ihre Wut auf Iolana rührte von einem anderen Gefühl her, und das irritierte sie.
    Â» Kein Wunder, dass die Gesellschaft Sie verachtet, Mister Warwick « , empörte sie sich.
    Ihr plötzlicher Ausbruch ließ ihn ungerührt. » Die Gesellschaft verachtet mich, weil ich jene Sünden begehe, von denen sie sehnsuchtsvoll träumt. Ich liebe nun einmal Frauen, die keinen Hutkoffer besitzen, einfache Frauen, Weiber … «
    Sie unterbrach ihn. » So langsam verstehe ich Ihre Vorliebe für Vulkane, das Urzeitliche scheint Ihnen allzu sehr im Blut zu liegen, Mister Warwick. Vielleicht ist es besser, wenn Sie nicht zum Dessert bleiben. Bitte respektieren Sie meinen Wunsch und gehen Sie, und vergessen Sie Ihre … Paulette nicht. «
    Sie verweigerte ihm jeden weiteren Blickkontakt und starrte zum Strand, wo im Lichte von Fackeln ein paar Mädchen Fangen spielten. Ihr Gelächter klang für Elsa wie die Melodie der eigenen Kindheit, die sie ebenfalls nur als Zuschauerin, nicht
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