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2591 - Im Auftrag der Superintelligenz

2591 - Im Auftrag der Superintelligenz

Titel: 2591 - Im Auftrag der Superintelligenz
Autoren: Michael Marcus Thurner
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1.
    Zwei Teile eines Wesens
     
    Ein wurmartiges Ding löst sich aus Lotho Keraetes Mund. Es rast auf mich zu. Mikru versucht mir zu helfen - vergeblich. Schutzschirme, Traktorstrahlen und Prallfelder - sie alle können das handlange Etwas nicht aufhalten.
    Ich erkenne, dass es nicht etwa organisch ist, sondern aus blaugrauem Metall besteht. Praktisch im gleichen Moment klatscht dieses Es gegen meine Schulter - gegen die Zellaktivator-Schulter! -, kriecht, wie von Tausenden kleinen Beinchen getragen, in den Halsteil meines SERUNS und bleibt am Schlüsselbein kleben, eng an mich geschmiegt.
    Ich will das Ding abstreifen, öffne den SERUN; doch es widersetzt sich meinen Bemühungen. Wo auch immer ich es berühre, daran zupfe oder zerre - es wird weich und nachgiebig und entzieht sich meinem Zugriff. Mein Schutzanzug reagiert nicht; er nimmt den Metallwurm nicht wahr.
    Ich fürchte, Lotho Keraete ist ihm zum Opfer gefallen, und zugleich hoffe ich, dass es nicht so ist, dass dieses Ding in irgendeiner Weise hilfreich ist, vielleicht ein kleines Hilfsmittel, das ES seinem Boten mitgegeben hat. Aber wenn dem so wäre - würde er mir dann helfen oder mich lediglich im Sinne von ES instrumentalisieren?
    Ich taste über den Wurm, der gar keiner ist. Er kommt mir formlos und inkonsistent vor; eine amorphe Metallmasse, die von einer Art Instinkt-Intelligenz angetrieben wird.
    Alles ringsum fühlt sich mit einem Mal schwammig an und so, als wäre ich diesem Universum ein kleines Stückchen weit entrückt. Der kleine Körper, der auf mir lastet, reißt mich mit sich. Woandershin. Sozusagen um die Ecke der Realität.
    Der Wurm flüstert mir zu: »Keine Sorge. Ich prüfe. Ich schmecke. Ich taste. Ich suche.«
    Will mir jemand vorwerfen, dass ich Sorgen habe und am liebsten in Panik verfallen würde? Aber ich weiß: Genau das darf ich nicht. Der Realitäts-Raum, in dem ich mich nun befinde, dämpft meine Empfindungen und bewirkt, dass ich die Geschehnisse nahezu teilnahmslos akzeptiere. Ich möchte gegen diese Schwammigkeit ankämpfen - und scheitere.
    »Ich bin 6B-8Y5889 Hoch. Nenn mich TiefenEins. Entspann dich. Ah ... wahrer, ah, wahrhafter Herzschlag!«
    Ich greife zu, versuche den metallenen Körper von mir zu lösen. Ich taste daneben. Ich habe jegliches Gefühl für mich selbst verloren.
    Warum unternehmen Perry, Icho, Mondra und die anderen Anwesenden nichts?
    Ich gebe mir selbst die Antwort: Weil sie zurückgeblieben sind, auf ihrer alten, langweiligen Wirklichkeitsebene, während ich woandershin versetzt wurde, in einen Bereich, der sich bloß um eine Marginalie von dem unterscheidet, den ich kenne - und dennoch ganz, ganz anders ist.
    »Ein leckeres Ding sitzt in deiner Schulter«, sagt TiefenEins. »Ich kenne solche Wunderwerke nur zu gut. Aber ach! - Wenn deines bloß funktionieren würde ... Ich könnte mich ernähren, könnte Lotho helfen, könnte ihn stabilisieren.«
    »Was ist mit Keraete?« Ich versuche, mich auf den Boten von ES zu konzentrieren. Er steht von seltsamen Rottönen umgeben unmittelbar neben Perry und atmet langsam, wie in Zeitlupe.
    »Hat ein bisschen was hinter sich, seineSysteme sind überlastet. Er benötigt eine Erholungspause. Aber er wird wieder, keine Sorge.«
    »Wer, besser gesagt: Was bist du?«
    »Eine Teileinheit des Boten«, antwortet TiefenEins. »Ein Sicherheitsmodul mit Eigenbewusstsein, das für den Fall der Fälle in Lothos Leib eingepflanzt wurde.«
    Die »Stimme« des Wurms klingt stolz.
    »Mein Körpermaterial ist höchst belastbar; ich kann selbst im Vakuum oder in der Korona einer Sonne für eine Weile überleben, und meine Lebenszeit misst bei geringfügiger Beanspruchung mehrere Jahrhunderttausende.«
    »Und Lotho ... «
    »Hörst du nicht zu? Ich bin sein Sicherheitsmodul. Angesichts aller Gefahren, die er meistern musste, war es notwendig, dass ich mich aus ihm löste. Er könnte sterben. Und wo würden dann all die Informationen bleiben, die er gespeichert hat?«
    Die Situation ist abstrus. Ich unterhalte mich mit einer Metallschnur, die sich an mich schmiegt und offenbar meinen Metabolismus erforscht.
    Ich versuche gelassen zu bleiben. Alles deutet darauf hin, dass der Wurm aus der Werkstätte von ES stammt. Und er ist ungewöhnlich redefreudig.
    »Kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen und zu meinen Freunden zurückbringen?«
    »In Ruhe sterben lassen, meinst du?«, wispert TiefenEins. »Ha! Und nochmals: Ha!«
    »Woher weißt du ... «
    Ich halte verärgert den
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