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Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Titel: Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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hielten diese Etikette gegenüber einer Südseearistokratin ein –, machte in Elsas Augen seine anzüglichen Gesten teilweise wieder wett. Sie mochte Exzentriker – aber nur, solange sie ihr nicht den Hochzeitstag ruinierten. Da ihre Gäste empört waren, empörte auch sie sich ein wenig.
    Â» Ab heute einfach nur Frau Matthes « , erwiderte sie kühl und entzog ihm ihre Hand.
    Â» Prinzessin bleibt man ein Leben lang « , schmeichelte er. » Darf ich vorstellen: Paulette. Ich entdeckte sie kürzlich in einem hübschen Gässchen in Kimbe, der Hauptstadt Neubritanniens. Wir sind uns buchstäblich in die Arme gelaufen. «
    Ein Raunen ging durch die umstehende Gästeschar wie ein Windstoß durch Blattwerk. Nicht nur dass Titus Warwick eine Prostituierte zu einer Hochzeitsfeier mitbrachte, er benannte sie auch noch öffentlich als das, was sie war.
    Â» Von mir ebenfalls die besten Wünsche « , sagte Paulette in nahezu akzentfreiem Deutsch. Sie war eine schlanke, fast hagere, hochgewachsene Frau, gut einen Kopf größer als Elsa, mit dem Teint einer Bettlägerigen und dem entschlossenen Ausdruck einer Amazone. Zu Letzterem trug unter anderem das glatte, kurze, streng gescheitelte hellblonde Haar bei. Ihre Stimme war ein bisschen kalt, metallisch, hochmütig, so als wolle sie dem skandalgefütterten Raunen der Menschen um sie herum ihren Stolz entgegensetzen. » Ich hoffe, Titus und ich kommen nicht zu spät. «
    Â» Keineswegs « , erwiderte Elsa. » Wir sind noch beim Aperitif. « Sie wusste nicht, wie sie sich der Fremden gegenüber verhalten sollte, war unsicher, ob sie sich einfach nur irritiert oder auch verärgert geben durfte. Von ihrem Hochzeitstag hatte sie immer gehofft, er möge perfekt ablaufen, ohne Prostituierte.
    Bis dahin war alles so gut gegangen: das rechtzeitig aus Paris eingetroffene Kleid, kaum Absagen der geladenen Gäste, die feierliche Zeremonie in der kleinen protestantischen Kapelle von Port Rabaul, die segnenden Worte des Pastors, das üppige Kuchenbüfett … Mit dieser Hochzeit konnte Elsa vor die Welt treten und sagen: Ich habe alles richtig gemacht, ich bin kein naives, Hula tanzendes Mädchen, keine Kannibalentochter, nicht die Geliebte des Ersten Offiziers der » Bounty « , kein barbusiges, von Paul Gauguin porträtiertes Paradiesvögelchen – ich bin eine Deutsche, meines Vaters Kind.
    Eine Hure bei Tisch störte dieses Bild. Es könnte heißen: Was kann man anderes erwarten, wenn eine Hula-Prinzessin heiratet, als dass auf dem Fest Huren tanzen? Sie kam nicht umhin, Paulette insgeheim fortzuwünschen, zurück in das hübsche Gässchen in Kimbe. Sie wollte sie nie wiedersehen.
    Die Herren gingen bereits vor dem Dessert dazu über, ihr Blut mit Anisschnaps anzureichern, und die schon leicht angegrauten Damen rührten abseits davon mit Silberlöffeln in ihren ständig gefüllten Teetassen. Elsa war fest entschlossen, sich allen europäischen Gepflogenheiten zu unterwerfen, rührte ebenfalls fleißig, saß steif da und lauschte einer Konversation, die sich hauptsächlich um die Karrieren der Kinder der jeweiligen Damen drehte. Eine Stunde lang hörte sie mit angestrengtem Interesse zu, aber darüber wurde sie müde, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. Bei diesem Thema konnte sie nicht mitreden. Ihr einziger Beitrag bestand darin zu schmunzeln, wenn die anderen Damen schmunzelten. Einmal sagte sie sogar etwas, nämlich dass sie hoffe, ihre Kinder würden dereinst in Heidelberg studieren, sie habe gehört, das sei eine hervorragende Adresse. Daraufhin kehrte betretenes Schweigen ein, was ihr klarmachte, dass sie wieder einmal etwas Falsches gesagt hatte.
    Nach einer Stunde Konversation sehnte sie sich nach einem Moment des Alleinseins, nach Wind und Meeresrauschen. Eine weitere halbe Stunde lang konnte sie diese Sehnsucht unterdrücken, dann entschuldigte sie sich, ging erneut auf die Hotelterrasse und atmete tief durch.
    Es war längst finster. Vereinzelt schlängelten sich elektrische Lichter die umliegenden Hügel empor, und der Himmel war von einem glitzernden Gespinst bedeckt. Aus dem Dunkel heraus dröhnte der Ozean. In der Luft lag ein salziger Algengeruch, und je nachdem, woher die Brise wehte, wurde er von tropischen Düften abgelöst. Elsa schaute in die Nacht der Matupi Bay. Sie war ein riesiger geschützter
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