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Das Haus auf der Brücke

Das Haus auf der Brücke

Titel: Das Haus auf der Brücke
Autoren: Othmar Franz Lang
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Linde, mitten im Wohnzimmer, wir ließen einmal auch im Badezimmer einen Felsen stehen, auf Wunsch des Käufers natürlich. Aber ein Haus auf einer Brücke ist mir neu.«
    »Und deshalb hätten wir gern auch noch ein Fenster mehr, geht das?«
    »Aber selbstverständlich. Ich brauche nur der Firma in den hohen Norden hinauf zu telefonieren, dann wird Ihr Wunsch berücksichtigt. In welchem Raum wollen Sie das Fenster?« — »Im Wohnzimmer.«
    »Aber da besteht die eine Außenwand ohnehin schon fast nur aus Fenstern, es ist praktisch eine Glaswand.«
    »Ich weiß«, sagte Vater. »Wir wollen das Fenster auch nicht in irgendeiner Wand haben.«
    »Sondern?«
    »Im Fußboden.«
    Der Mann stützte sich auf eine Stuhllehne. »Ein Fenster im Fuß...«, sagte er dann mit leiser Stimme. »Ich werde anfragen, ob es geht.«
    »Du mußt sagen«, schaltete sich Mutti ein, »daß es nicht unbedingt geöffnet werden muß. Es kann nur eine fest eingelassene Scheibe sein.«
    »Natürlich«, sagte der Vater. »Kein Fenster zum Öffnen. Sonst fällt uns vielleicht einmal teurer Besuch in den Bach.«
    »Die Oma!« rief Bero.
    »Sei ruhig«, sagte Mutti.
    »Ein festes Fenster«, wiederholte der Verkäufer. »Ich verstehe, ein Durchblick. Dickes, durchsichtiges Glas.«
    »Wenn es nicht zu teuer kommt.«
    »Natürlich, ich werde mich erkundigen.«
    »Man erspart sich dann gewissermaßen das Aquarium im Haus«, erklärte der Vater, »man sitzt im Wohnzimmer und sieht den Forellen unten zu.«
    »Eine geniale Idee. Nur...«
    »Nur?«
    »Was machen Sie, wenn jemand über die Brücke will? Bitte, einen Fußgänger können Sie ja durch das Haus lassen, aber wenn ein Lastkraftwagen kommt?«
    »Die Brücke und der Weg, der zu ihr führt, werden aufgelassen. Etwas weiter unterhalb werden ein neuer Weg und eine neue Brücke gebaut.«
    »Jetzt bin ich beruhigt!« rief der Verkäufer. »Natürlich, jetzt sehe ich klar. Ich sah schon Autos durch Ihr Wohnzimmer fahren, denn theoretisch ginge es, mit den schönen großen, bis zum Fußboden reichenden Fenstern, die Sie zur Seite schieben können.«
    »Autos im Wohnzimmer«, sagte Mutti, »das fehlte mir noch.«
    »Aber lustig wäre es«, meinte Spinne. »Wir hätten dann das lustigste Haus weit und breit.«
    Dann setzte sich Vater hin und unterschrieb einen Vorvertrag.
    Ich sah Don und Spinne an und merkte, daß auch ihnen ganz feierlich zumute wurde. Auch Mutti war in Gedanken versunken. Plötzlich aber schrak sie zusammen und rief: »Um Gottes willen, wo ist Bero?« Wir sahen uns um. Bero war tatsächlich nichtzusehen. Wir liefen aus dem Wohnzimmer des Musterhauses, in die Diele, in die Küche, auf die Toilette und dann die Treppe hinauf zu den Schlafzimmern. Nirgends war Bero zu sehen.
    »Wenn er nur nicht ins Wasser gefallen ist«, sagte Mutti in der Aufregung.
    Vater beruhigte sie: »Aber das Haus steht doch noch gar nicht auf der Brücke.«
    Schließlich fanden wir Bero. Auf dem Boden der Speisekammer. Da standen nämlich in den Stellagen einige rote Schwedenpferdchen, und zu denen hatte er sich hingezogen gefühlt.
    Er spielte mit einigen Pferdchen seelenruhig auf dem Boden, hielt uns eines entgegen und sagte: »Soba« — das war sein Wort für solch —, »soba eins will ich haben.«
    Der Verkäufer schenkte ihm ein Pferdchen.
    »Wie sagt man nun?« fragte Vater, weil er hoffte, Bero würde sich bedanken.
    Bero war dankbar für die Anregung und sagte: »Noch eins.«
    Der Händler schenkte ihm noch ein rotes Pferdchen. »Gut, und wie sagst du jetzt?«
    »Einpacken«, sagte Bero. Denn nur was eingepackt war, hielt er für gesichert.
    Der Mann packte die Pferdchen ein.
    »Und wie sagt man jetzt?« fragte Vater. »Wiedersehen«, sagte Bero.
    »Du sollst schön >danke schön< sagen.«
    Bero lächelte sein gewinnendstes Lächeln und sagte: »Vielleicht morgen.«
    »Lassen Sie, ein heller Kopf, dieser Knabe«, sagte der Mann. »Wie ist denn das? Wird so ein kleiner Bengel nicht von seinen Geschwistern ein bißchen unterdrückt?«
    Don ließ sich in einen Sessel fallen. Spinne lachte laut auf, mir fehlten die Worte.
    Nur Mutti fand die richtige Erwiderung. »Sie hätten anders fragen müssen«, sagte sie. »Das Gegenteil ist eher der Fall.«
    Keiner von uns hatte gedacht, daß die Wochen vor dem Umzug so aufregend sein würden. Wenn Vater heimkam, setzte er sich sofort hin und rechnete, Mutter packte alles, was wir nicht in absehbarer Zeit brauchten, in Kisten und Kartons. Bero holte, wenn wir nicht sehr
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