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Das Haus auf der Brücke

Das Haus auf der Brücke

Titel: Das Haus auf der Brücke
Autoren: Othmar Franz Lang
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mir steht. Dann steige ich ganz vorsichtig auf das Fensterbrett, die Harpune in der Rechten, das Seil in der Linken, das Messer im Mund, und im richtigen Augenblick, ganz genau im richtigen Augenblick, springe ich hinunter, setze mich rittlings auf den Hai, jage ihm die Harpune in den Leib, feßle seine Flossen und warte mit dem Messer in der Hand, was er dann tut.
    Wie er sich aufbäumt, gebe ich ihm den Gnadenstoß, damit er nicht unnötig lang leidet.«
    »Mensch«, sagte Max. »Und was tust du mit dem Riesenhai?«
    »Ich verkaufe ihn an ein Museum.«
    »Und was machst du mit dem Geld, das du dafür kriegst?«
    »Damit kaufe ich wieder kleine Forellen in der Fischzuchtanstalt.«
    »Ja, aber was machst du mit so vielen Forellen?«
    »Ich verkaufe sie.«
    »Dann hast du ja wieder Geld. Was machst du dann damit?«
    »Dann werde ich einfach Millionär.«
    Jetzt wußten sie nichts mehr zu sagen, und ich hatte meine Ruhe. Ich dachte mir aus, was ich machen würde, wenn ich Millionär wäre.
    Zunächst einmal würde ich wohl unsere Schule auf Glanz herrichten und den Sportplatz mit einer neuen Rasendecke versehen lassen. Eine Menge würde ich verbessern lassen, den Turnsaal, den Pausenflur und die Toiletten. Möglicherweise auch den Mathematiklehrer. Das alte Gerümpel aus dem Lehrmittelkabinett würde ich hinausschmeißen und für jedes Klassenzimmer einen Fernsehapparat kaufen. Und einen Computer, der mit den richtigen Ergebnissen aller Mathematikschularbeiten gefüttert ist. Auch ein Kühlschrank würde sich in jeder Klasse gut machen, hatte man Durst, ging man hin, öffnete ihn und holte eine Flasche Limo heraus. Allerdings dürften die anderen keinen Unfug mit den Trinkhalmen anstellen.
    Als ich heimging, war ich noch immer Millionär. Nur so in Gedanken. Unten wartete mein Schofför, riß die Tür zum Mercedes 600 auf, ich stieg ein, ließ mich auf den Sitz sinken und überreichte die Schulmappe meinem Sekretär und sagte: »Bitte, erledigen Sie das, Möller. Um vier erzählen Sie mir etwas über Alexander den Großen«, oder was sonst halt gerade dran war.
    Es mußte herrlich sein. Zu Hause, in meinem Zimmer auf der Brücke, würde ich mir einen Fußboden aus Glas machen lassen, damit man, wenn man sich hinsetzt, in den Bach sehen konnte. Die paar Schlingpflanzen am Ufer und vor allem die vielen Forellen, die sich im klaren Wasser tummelten. Es mußte natürlich ganz dickes Glas sein, damit es sich nicht allzusehr durchbog und am Ende brach. Natürlich konnte man keinen Teppich auflegen, weil sonst der ganze Effekt mit dem Bach verlorenging. Höchstens, jemand erfand einen vollkommen durchsichtigen Teppich. Vater, dem ich dann die Sache vorschlug, fand die Idee mit dem Fußboden aus Glas ziemlich versponnen. »Wir sind doch keine Millionäre«, sagte er.
    Da erst fiel mir ein, daß ich auch keiner war.

    Dann schauten wir uns Fertighäuser aus Holz an. Ein skandinavisches gefiel uns am besten. Es war auch in den Ausmaßen so, daß es direkt auf die Brücke paßte. Unten waren ein hübsches großes Wohnzimmer, die Küche, eine Vorratskammer und die Toilette und ein kleineres Zimmer, oben waren die Schlafzimmer und das Bad.

    »Das ganze Haus riecht nach nordischen Wäldern«, sagte Mutti, obwohl wir noch nie nordische Wälder gerochen hatten.
    Und Spinne meinte: »Eigentlich müßten Rentiere zum Fenster hereinsehen.«
    Vater war über die vielen Einbauschränke begeistert. Mutti über die Küche. Don interessierte sich für die Schall- und Wärmeisolierung, ich für den Feuerschutz. »Wie lange ist die Bauzeit?« fragte Vater.
    »Wenn Sie das Fundament haben, nicht ganz eine Woche. Es sind in der Hauptsache Fertigwände.«
    »Das Fundament hätten wir«, sagte Vater, und wir grinsten alle.
    »Mit Keller?« fragte der Mann, der die Fertighäuser verkaufte.
    »Nicht direkt.«
    »Und Wasser haben Sie auch?«
    »Ziemlich viel sogar.«
    »Elektrisches Licht?«
    »Auch.«
    »Zufahrtsweg ? «
    »Ist vorhanden«, sagte Vater, »bis zum Fundament.« Wir konnten uns kaum mehr vor Lachen halten. »Und wo soll das Haus hinkommen?«
    »Auf die Brücke über den Mühlbach.«
    »Auf die Brü...?« fragte der Mann. »Über den Mühl...? Sie meinen wohl neben die Brücke?«
    »Nein, drauf.«
    »Mitten auf die Brücke?«
    »Mitten auf die Brücke.« Der Vater zeigte ihm den Kaufvertrag über die Brücke.
    »Ein seltsamer Einfall«, sagte der Mann. »Wir haben schon ein Haus um einen Baum herum gebaut. Sie verstehen, eine alte
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