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Das Halsband der Königin

Das Halsband der Königin

Titel: Das Halsband der Königin
Autoren: Alexandre Dumas
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Verschlagenes.«
    »Wie mißtrauisch Sie sind, Andrée. Wer Ihnen gefallen soll, muß ganz untadelig sein. Ich fand diese Frau interessant, eindrucksvoll in ihrem Stolz wie in ihrer Demut.«
    »Welches Glück für sie, daß sie Ihnen gefallen konnte.«
    »Vorsicht!« rief die Dame und zerrte das Pferd zur Seite, das beinahe einen Lastträger niedergerissen hätte.
    Man hörte die Flüche des Mannes, der den Rädern mit knapper Not entronnen war, und aus der Rue Saint-Antoine ertönte aus manchem Mund ein böses murrendes Echo.
    Doch wider Erwarten passierte man das populäre Viertel ohne weiteren Zwischenfall. Das Gefährt führte eine brennende Laterne mit – eine Vorsichtsmaßregel, die damals noch nicht durch po-lizeiliche Vorschrift allgemeine Pfl icht war, und so feurig Belus ausholte, so sensibel reagierte er auf die geübte Hand der Lenkerin. In den vornehmeren Vierteln jedoch, in die man jetzt gelangte, bemerkte Weber von seinem Rücktritt aus entschieden erbitterte Passanten, die dem Gefährt nachzueilen drohten. Die Menge murrte nicht mehr, sie schrie. Die Dame, die die Zügel hielt, kümmerte sich wenig um die offene Feindseligkeit. Sie schnalzte mit der Zunge, und Belus ging vom gemäßigten zum gestreckten Galopp über. Die Passanten spritzten nur so zur Seite.
    Das Kabriolett erreichte das Palais-Royal. Hier konnte Belus zunächst nur mehr Schritt gehen, denn im Hof des Palais wärm-te sich eine Armee von Bettlern an großen Feuern und nahm von den Lakaien des Hauses aus irdenen Töpfen Suppe entgegen: doch weit zahlreicher als die Esser waren die Zuschauer draußen vor dem Palais. Was immer in Paris öffentlich vorgeführt werden mag, es fi ndet massenhaft Gaffer. Sie brachten das Gefährt schließlich ganz zum Stehen. Zuerst wurden verworre-ne Rufe laut, dann schwollen sie immer wütender an und forder-ten: »Nieder mit dem Kabriolett!«
    Schon griff man dem Pferd in die Zügel. Belus, solche Behand-lung nicht gewöhnt, stampfte und schäumte vor Unmut.
    »Zum Kommissar! Zum Kommissar mit den sauberen Püpp-chen!« tobte die Menge.
    Die tätlichen Angriffe und das anzügliche Geschrei von allen Seiten wurden so bedrohlich, daß die Ältere Weber auf deutsch zurief: »Wir steigen aus, Weber!«
    Kaum hatten die Damen das Kabriolett verlassen, als die Masse sich darauf stürzte und es zu zertrümmern begann.
    »Weber, um Himmels willen, verstehen Sie, was man uns vor-wirft?« fragte die Dame den Kutscher, der sich der Angreifer wak-ker zu erwehren suchte.
    In dem Augenblick antwortete eine fremde Stimme: »Man wirft Ihnen vor, Madame, eine Polizeivorschrift zu verletzen, die seit heute morgen in Kraft ist und die bis zum Frühling Kabrioletts in der Innenstadt verbietet, da sie für die Fußgänger die größte Gefahr bedeuten.«
    Die Dame erkannte in dem Sprecher einen jungen Offi zier, der offenbar nicht ohne Mühe sich herangedrängt hatte, um den ge-fährdeten Frauen beizustehen.
    »Mein Gott, davon hatte ich keine Ahnung; aber was nun? Man zerschlägt meinen Wagen.«
    »Lassen Sie ihn zerschlagen und machen Sie sich aus dem Staub, wenn ich Ihnen raten darf. Das Pariser Volk ist aufgebracht gegen die Reichen, die angesichts seines Elends ihren Luxus spa-zierenführen. Wenn Sie nicht zum Kommissar geschleppt werden wollen, benutzen Sie den Weg, den ich Ihnen bahnen will, und verschwinden Sie.«
    Diese Worte wurden so leichthin gesprochen, daß die beiden Damen sich nicht darüber täuschen konnten, auch von diesem Offi zier für reiche Mätressen gehalten zu werden.
    »Reichen Sie mir Ihren Arm, mein Herr«, sagte herrisch die Ältere, »und führen Sie uns zu einer Droschke. Weber, du bleibst!
    Rette mir Belus – und dich selbst, wenn du kannst.«
    Die Fahrt nach Versailles
    Der Droschkenkutscher, den der Offi zier ansprach, war auf seinem Sitz mehr erfroren als eingeschlafen.
    »Holla!« schrie ihm der junge Mann ins Ohr und rüttelte ihn.
    »Diese Damen wollen nach Versailles.«
    »Viereinhalb Meilen bei dem Glatteis?« entgegnete der Kutscher.
    »Unmöglich! Da gehen mir die Pferde kaputt. Und wenn man heil hinkommt, muß man auch noch zurück.«
    »Bieten Sie ihm einen Louisdor«, sagte die Jüngere leise zu dem jungen Mann.
    Der Offi zier machte dem Kutscher das Angebot.
    »Also gut«, knurrte er, »aber ich will mein Geld im voraus, das ist mein Recht.«
    Die Ältere begann in ihren Taschen zu suchen.
    »Mein Gott, Andrée, ich habe kein Geld bei mir. Haben Sie welches?«
    Die Angeredete fand
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