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Das Halsband der Königin

Das Halsband der Königin

Titel: Das Halsband der Königin
Autoren: Alexandre Dumas
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Marie-Antoinette, die aufge-standen war. Aber ihre Knie zitterten, und ihre Hände waren eisig. Sie wagte kaum aufzublicken und gewahrte nur etwas Weißes, das sich ihr näherte und sich verneigte.
    »In die Kapelle, meine Herrn!« rief der König.
    Schweigend folgte die Eskorte den Majestäten. Die Messe begann. Über ihr Betpult geneigt, den Kopf in die Hände gelegt, hörte die Königin sie an.
    Olivier de Charny, auf dem aller Blicke ruhten, wirkte ernst und gefaßt wie an Bord inmitten der Feuergarben britischer Geschütze, nur litt er weit mehr.
    Philippe ließ seine Schwester nicht aus den Augen, und da er sie beben und schwanken sah, hätte er ihr mit einem Wort, einer tröstenden Geste gerne Ermutigung gegeben.
    Aber Andrée verleugnete sich nicht. Wohl roch sie einige Male an ihrem Fläschchen und hielt sich mit Mühe aufrecht wie ein fl ackerndes Licht, aber sie bezwang kraft ihres Willens den Gram, der sie verzehrte, seit sie an jenem unseligen Abend das Gespräch Charnys mit ihrem Bruder erlauscht hatte. Sie betete nicht, sie sandte keine Wünsche für die Zukunft zum Himmel; sie erhoffte nichts mehr von Gott und nichts mehr von den Menschen.
    Endlich richtete der Priester das Wort an das Brautpaar. Andrée sprach ihr Ja in einem Ton, der die Königin traf wie ein stechender Schmerz. Dann steckte Charny seiner Frau den goldenen Ring an den Finger, ohne daß Andrée seine Hand gefühlt hätte.
    Der König stand auf, die Messe war zu Ende. In der Galerie be-grüßten die Höfl inge das junge Paar. Herr de Suffren nahm die Hand der Jungvermählten und versprach ihr im Namen Oliviers alles erdenkliche Glück und geleitete sie in den Salon, wo der König sie erwartete. Ludwig küßte Andrée auf die Stirn, nachdem er seine Wünsche ausgesprochen, und schickte sie zur Königin.
    Der Hof zerstreute sich. Philippe nahm den Arm seiner Schwester und sprach ihr Mut zu diesem letzten schweren Gang zu.
    Sie fand Marie-Antoinette in ihrem Zimmer. Obwohl es schon Juni war, brannte ein Feuer im Kamin. Die Königin saß in ihrem Lehnstuhl. Als Andrée hereintrat, erhob sie sich wortlos und überreichte ihr einen offenen Brief.
    »Andrée, Sie haben mich gerettet. Ihnen danke ich meine Ehre; mein Leben gehört Ihnen. Im Namen dieser Ehre, die Sie so teuer erkauft haben, schwöre ich Ihnen, daß Sie mich in Zukunft Ihre Schwester nennen dürfen. Versuchen Sie es, ich werde nicht erröten.
    Ich lege dieses Schriftstück in Ihre Hände; es ist das Unterpfand meiner Dankbarkeit; es ist die Mitgift, die ich Ihnen gebe.
    Ihr Herz ist das edelste, das ich kenne; es wird mein Angebot zu würdigen wissen.
    Marie-Antoinette von Lothringen-Österreich«
    Andrée hob den Blick. Sie sah die Königin in Tränen, ihrer Antwort harrend.
    Langsam ging sie zum Kamin und warf den Brief ins Feuer.
    Dann verneigte sie sich tief und verließ den Raum stumm, wie sie gekommen war.
    Die Königin wollte ihr nacheilen, dann aber trat sie resigniert ans Fenster und blickte in den Hof.
    Charny, bleich wie ein Bräutigam des Todes, führte seine junge Frau zu den Reisewagen, die dort warteten. Andrée bestieg den ersten, nachdem sie von ihrem Bruder Abschied genommen und Charnys Verneigung ernst erwidert hatte. Dann fuhr sie ab.
    Sie kehrte zurück an den Ort ihrer Jugend.
    Charny tauschte mit Philippe einen Händedruck, und die Kutsche trug ihn nach seinen Gütern in der Picardie davon.
    Philippe sah den sich entfernenden Wagen eine Zeitlang nach, dann wandte er sich um und warf einen letzten Blick auf das Schloß, ehe er, wie Andrée, wie Charny, in den Wirbeln des her-anbrausenden Sturms verschwand, der den Thron dieses versunkenen Zeitalters entwurzeln sollte.
    Inhalt
    Zwei unbekannte Damen
    Ein Interieur
    Jeanne de La Motte-Valois
    Belus
    Die Fahrt nach Versailles
    Der Befehl
    Der Alkoven der Königin
    Das kleine Lever der Königin
    Auf dem Schweizer See im Trianon-Park
    Der Versucher
    Suffren
    Herr de Charny
    Die hundert Louisdor der Königin
    Der Kardinal Rohan
    Mesmer
    Fräulein Oliva
    Das kleine Haus
    Der Opernball
    Die Akademie des Herrn Beausire
    Der Gesandte
    Boehmer & Bossange
    Bei dem Zeitungsschreiber
    Wie zwei Freunde Feinde wurden
    Das Haus in der Rue Neuve-Saint-Gilles
    Das Oberhaupt der Familie Taverney
    Das übriggebliebene Pamphlet
    Bei der Königin
    Ein Alibi
    Herr de Crosne
    Die Versucherin
    Ehrgeiz und Liebe
    Herr Ducorneau begreift die Welt nicht mehr
    Illusion und Wirklichkeit
    Fräulein Oliva beginnt sich zu fragen, was man
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