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Das große Buch vom Räuber Grapsch

Das große Buch vom Räuber Grapsch

Titel: Das große Buch vom Räuber Grapsch
Autoren: Gudrun Pausewang
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er noch nichts von Oma Ata und ihrem Zirkus. Er hatte von den Polizisten nur abenteuerliche Gerüchte über Löwen und Elefanten im Sumpf gehört. Er wusste auch nicht, dass alle Grapsche samt Oma Lisbeth mit Oma Ata davongezogen waren.
    „Ich hab nämlich geheiratet, weißt du", sagte er schuldbewusst. „Da ist man beschäftigt. Und Hedwig mag nicht, wenn ich zu Freunden gehe. Vor allem zu Freunden, die Räuber sind."
    „Max", schrie Olli, „hast du etwa meine Tante Hedwig -?!" Er nickte traurig. „Ich wollte halt gern heiraten", seufzte er. „Aber welche Frau will schon einen Feuerwehrmann, der zu jeder Tagesund Nachtzeit bereit sein muss? Da kann man nicht wählerisch sein."
    „Hat sie noch immer den ausgestopften Uhu?", fragte Olli beklommen.
    „Er hängt in unserem Flur", murmelte Max. „Und die Sparschweine?"
    „Alles voll davon. Eins hab ich mal zerbrochen. Da hat sie mich in den Keller geschickt. Dort sollte ich mich schämen."
    „Kenn ich", sagte Olli traurig.
    „Ich bin kein Feuerwehrmann mehr und züchte auch keine Meerschweinchen mehr", seufzte Max und schnäuzte sich. „Hedwig will das nicht. Ich repariere jetzt nur noch Radios." Er zeigte auf das Melkmaschinchen. „Das da hab ich heimlich gebaut. Sie meint nämlich, solche Erfindereien seien nichts Solides, kosten nur Zeit und bringen nichts ein. Sie weiß natürlich nicht, dass ich hier bin. Sie glaubt, ich trage reparierte Radios aus. Deswegen kann ich nicht lange bleiben ..."
    „Für ein Omelett wird's doch langen - oder ?", rief Olli und stürzte an die Feuerstelle. Es wurde ein Riesenomelett. Während er sich hastig darüber hermachte, zeigte sie ihm stolz ihren Jungen. „Ein bisschen blass ist er", meinte Max. „Findest du nicht auch? Sogar die Haare."
    „Ich hab ihn schon auf die Ofentür in die Sonne gelegt", sagte Olli bekümmert, „mal auf den Bauch, mal auf den Rücken. Aber er nimmt keine Farbe an."
    „Ich mach mir Sorgen um dich", seufzte Max. „Du kannst doch hier nicht so allein mit dem Kleinen wohnen bleiben, vor allem im Winter! Das Problem ist nur, dass Hedwig kein Kindergeschrei verträgt."
    „Ich bleibe hier", antwortete Olli. „Stell dir vor, Tassilo käme heim und ich wäre weg!"
    Max wurde unruhig. Sie brachte ihn wieder über den Sumpf. Mit einem schlappen Handschlag verabschiedete er sich von ihr und schlurfte davon. Sie sah ihm traurig nach. Armer Max.
    Aber bald darauf geschah noch etwas: Der Juckenauer Briefträger rief über den Sumpf und winkte. Mit Ollo auf dem Arm lief Olli zu ihm und nahm eine bunte Ansichtskarte in Empfang. Aus Rio de Janeiro! Quarka hatte sie geschrieben:

    Uns allen geht es sehr gut. Gestern ist Sisal vom Seil gefallen, aber Papa hat druntergestanden und seinen Bart aufgehalten. Ich kann schon vier Sprachen. Oma Lisbeth hat gestern einen nagelneuen Schirm gefunden. Heute haben wir alle Durchfall, auch die Löwen. Bei Assilotl ist jetzt auch der letzte Milchzahn raus. Sei nicht traurig, die halbe Welt haben wir ja schon hinter uns. Herzliche Grüße von Quarka und von allen deinen anderen Grapschen, vor allem aber von Papa, der nach dir stöhnt...

    „Ollo!", jubelte Olli und hielt dem Kleinen den Sonnenuntergang mit Palmen vors Gesicht. „Sie haben geschrieben! Es geht ihnen gut. Nur noch die andere Hälfte der Erde, dann kommen sie heim!"
    Aber Ollo interessierte sich nicht für die bunte Karte und die Nachricht aus Übersee. Er starrte dem Briefträger nach, der in seiner blauen Uniform davonradelte.
    Olli machte sich allmählich Gedanken um ihren Sohn. Was sollte er werden? Sein Vater war Räuber, sein Großvater, sein Urgroßvater und sicher auch sein Ururgroßvater waren Räuber gewesen. Hatte er Begabung für diesen Beruf? Gewiss, es war kein feiner Beruf, und er führte leicht ins Gefängnis. Aber wenn Tassilo daheim gewesen wäre, hätte er aus seinem Sohn sicher einen guten Räuber machen wollen. Tassilos Wunsch konnte sie nicht einfach übergehen. Er war ja der Vater. Und so entschloss sie sich, wenigstens mal zu testen, ob Ollo das Rauben Spaß machte. Sie ging mit ihm auf den Wochenmarkt nach Juck am See, zeigte auf einen Stand mit Bananen und flüsterte ihm zu: „Lauf hin, klau dir eine und renn weg!"
    Ollo hörte nur mit halbem Ohr zu, denn er hatte einen Briefträger entdeckt. Und schon lief er los, aber nicht zum Bananenstand, sondern hinter dem Briefträger her. Olli hatte Mühe, ihn wieder an die Hand zu kriegen.
    „Wolltest du ihm seine Tasche rauben?",
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