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Das Grab der Legionen

Das Grab der Legionen

Titel: Das Grab der Legionen
Autoren: Rolf Krohn
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versuchte.
    Flüchtig nur streiften Tetos Gedanken die Frage, weshalb man ihn nicht einfach erschlagen habe. Er ahnte nicht, daß dies zur Geschäftspraxis der Legionäre gehörte. Man tötete keinen Gefangenen, dessen Verkauf einen Gewinn - und seien es auch nur ein paar Denare - versprach. Beute sehenden Auges wegzuwerfen war fast ein Verbrechen.
    Nachlässig bewachten die Sieger ihre Gefangenen. Wie sollte ein Gefesselter etwas ausrichten, wenn die Aufpasser nebenher gingen oder ritten! Die meisten Bewachten hatten sich in ihr Schicksal ergeben. Das freie Leben hatte ein grausames Ende gefunden. Selbst ein rascher Tod ward ihnen verwehrt.
    Stunden verstrichen. Langsam schleppte sich der trostlose Zug durch die Ödnis. Zeitweise war Teto nicht voll bei Bewußtsein, so sehr schmerzte ihm der Kopf. Sogar in klaren Momenten wußte er kaum mehr seinen Namen. Schwarzer Nebel verhüllte alles.
    Als sich der Tag neigte, trafen sie in einem befestigten Lager ein. Hier erhielt jeder Gefangene ein karges Mahl aus schlechtem Korn und etwas Wasser. Viel Zeit zum Ausruhen gewährten die Römer ihren Sklaven nicht. Noch vor Sonnenuntergang trieb eine andere Abteilung Legionäre die Unglücklichen auf einem ausgefahrenen Weg in Richtung der iberisch-römischen Grenze.
    Mehrmals hatte Teto den Namen Minendo gehört. Er kannte ihn nicht. Oder doch? Es fiel ihm so schwer, sich zu erinnern...
    Tag für Tag schleppten sich die Sklaven die Heerstraße entlang. Eine Bewacherschar kaufte sie der anderen ab, um sie ihrerseits verhandeln zu können.
    Man passierte das Versorgungsmagazin in Ocilis, zog an Arcobriga und Bilbilis vorbei. Fremde Namen, fremde Orte...
    Überall stießen weitere Sklaven zum Transport. Mancherorts waren es nur einer oder zwei, bisweilen ein Dutzend und mehr.
    Nertobriga folgte, Salduvia, Ilerda... Die Tage gingen dahin, Teto zählte sie nicht mehr.
    Zahllose verschachtelte weiße Kästen, von einer hohen Mauer umgeben. Darüber auf steilem Felsen die Zitadelle, von uneinnehmbaren Wällen geschirmt. Einige Villen in blühenden Gärten. Dahinter das blaßblaue Meer unter dem gleichfarbenen Himmel.
    Dies war Tarraco, die Residenzstadt des römischen Statthalters für die eine Hälfte Iberiens. Hier überwinterten die Legionen, mit denen ein ferner Senat das widerspenstige Land unterwerfen würde. Damit Rom der Erdkreis gehöre!
    In den letzten Tagen hatte der Regen nachgelassen, und nun blieb er völlig aus. Die Sonne verschenkte ihre Wärme freigebig auch an die zerlumpten und durchfrorenen Sklaven. Milde und gleichmäßig wehten die Winde, bunte Blüten prunkten zu beiden Seiten der Straßen, über die sich der Elendszug wälzte.
    Immer näher kamen nun Mauern und Häuser. In ihren ärmlichen Kleidern traten die Bewohner der Vorstadt vor die Hütten, um gleichgültig oder mitfühlend zuzuschauen, wie Frauen und Kinder von den Männern getrennt und nach hinten gezerrt wurden. Unbeachtet verhallte das Wehgeschrei. Der Zug formierte sich neu.
    Eine Holzbrücke führte über den wenige Schritt breiten Graben, der Tarracos Mauern umfing. Mehrere Legionäre bewachten den Zugang.
    Müde und verständnislos sah Teto dem Treiben zu. Die Sprache der Römer beherrschte niemand von den Gefangenen so gut, daß er der Unterhaltung folgen konnte.
    „Wie sieht es mit der Beute aus?" fragte der Postenführer und rieb Daumen und Zeigefinger mit bezeichnendem Grinsen aneinander.
    „Mäßig, sehr mäßig", erwiderte der Kommandeur der Eskorte. „Die Arevaken sind der ärmste Stamm der Iberer. Was will man da finden! Wir hatten unsere liebe Not, Pferdefutter und ein paar Sklaven aufzutreiben. Schau sie dir an - kräftig sind die Kerle nicht."
    „Die Starken werden sich nicht gefangengegeben haben."
    „Sehr wahr. - Und jetzt laß uns ein! Ich will endlich mal in einem Bett liegen und nicht jede Stunde von blindem Alarm aufgescheucht werden."
    Der andere zog die Mundwinkel herab. „Du kennst doch den Befehl, Bewaffnete dürfen in eine Festung nur eingelassen werden, wenn sie eine schriftliche Order vorweisen können. Hast du ein Dokument?"
    „Aber du weißt doch, wer ich bin!" unterbrach ihn der Centurio.
    „Im Dienst kenne ich keinen!"
    Wütend suchte der Ankömmling in seinem Sattelgepäck und fand nach einiger Zeit eine Rolle. Er reichte sie dem Wachhabenden.
    „Na also. - Ist gut." Dieser nickte nach einem prüfenden Blick auf die Order - das Lesen hatte er ohnehin nie erlernt - und gab sie zurück. Mit einer Geste
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