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Das Grab der Legionen

Das Grab der Legionen

Titel: Das Grab der Legionen
Autoren: Rolf Krohn
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bedeutete er den Legionären, das dicke Balkentor zu öffnen. Schwerfällig drang die Sklavenkolonne in die Stadt.
    Unterdessen blieb der Centurio des Begleitschutzes ein wenig zurück. Seine Frage sollte ohne Zeugen beantwortet werden. „Weißt du vielleicht", erkundigte er sich bei dem Wachhabenden, als die anderen Legionäre außer Hörweite waren, „wie die Preise stehen? Manius brachte letztens eine Menge Sklaven her. Wie gut konnte er sie absetzen?"
    „Letzter Transport?" Der Wachoffizier überlegte. „Nein, das war ein anderer. Vor über einer Woche kam eine größere Zahl Sklaven aus Bilbilis - gefangene Banditen aus den Bergen. Manius war nicht hier, jedenfalls nicht seitdem."
    „Oh, dann ist etwas passiert! Gewiß haben die Arevaken die Schar überfallen. Ich werde es dem Lagerkommandanten melden", sagte er ohne Bedauern. Manius und er schätzten sich keineswegs, und der Tribun hatte stets Manius bevorzugt. Wenn der Zufall den lästigen Konkurrenten weggeräumt hatte, würde sich die Beute umso teurer verkaufen lassen. „Ich werde Jupiter ein Opfer darbringen", schloß er seine Überlegungen ab. „Er hat mich vor Manius' Schicksal bewahrt. Das ist mehr als einen einfachen Dank wert." Knapp verabschiedete er sich von dem Wachoffizier und folgte der Kolonne, um sich kurz vor dem Lagereingang an deren Spitze zu setzen.
    Die Gefangenen wurden auf gepflasterten Straßen, vorbei an geradlinigen Häuserzeilen, zum großen Appellplatz im Standquartier der Legionen getrieben, wo sie sich aufstellen mußten. Die Sieger umringten sie, denn nun kam das Wichtigste für die Legionäre: die Verteilung.
    Der Befehlshaber der Garnison Tarraco schritt herbei in einer silberglänzenden Rüstung mit vielen Medaillen auf der Brust. Der nachtblaue Mantel und die schönen schwarzen Federn am Bronzehelm ließen ihn in den Augen vieler Iberer fast wie einen Halbgott erscheinen. Niemals hatten sie so etwas Prächtiges gesehen.
    Freilich kam ihm keiner so nahe, daß er die kalten graugrünen Augen hätte erblicken können. Dagegen kannten die Legionäre sie desto besser und fürchteten den Befehlshaber mehr als alle Feinde.
    „Sieh einer an, der Quartus ist da", sagte der Offizier leutselig, als der Anführer der Eskorte den Arm zum römischen Gruß hochriß. „Nun, die Arevaken empfingen euch, scheint's, freundlich, wie sich das gebührt."
    „Gastgeschenke, Servius Alius." Der Angeredete riskierte einen Scherz. „Gerade will ich sie aufteilen. - Sicherlich bist du wegen der Briefschaften des Konsuls gekommen. Bitte, hier sind sie!" Er löste ein Paket vom Sattel und entnahm ihm mehrere Papyrusrollen und Wachstafeln.
    Servius Älius betrachtete die Siegel und steckte die Dokumente in eine Tasche des Mantels. „Laß dich nicht am Aufteilen der Beute hindern", meinte er gleichmütig.
    Quartus verschluckte ein ärgerliches Wort und rief: „Decurio Quintus!"
    „Jawohl!" Einer trat einen Schritt aus der Reihe.
    „Die Leute sollen sich das gewünschte Vieh heraussuchen. Meine beiden Beuteanteile zeige ich dir gleich. Absondern und wegbringen! Du bist für den reibungslosen Ablauf verantwortlich. Verstanden?"
    „Zu Befehl, Centurio!"
    „Daß mir das zügig geht! Ich habe die Nase voll von diesen Barbaren."
    Solch eindeutiger Weisung zum Trotz dauerte das Aufteilen der Sklaven ziemlich lange. Um jeden Gefangenen stritten die Legionäre und fluchten. Gedränge entstand.
    Plötzlich sprang einer der Iberer vor. Irgendwie hatte er seine Fesseln gelockert. Er entriß Quintus das Schwert und schlug den Überrumpelten nieder. Wütend schrien die Römer auf. Fünf Männer stürzten sich auf den Tapferen und überwältigten ihn sofort.
    Auch Servius Älius hielt seine Waffe in der Hand, um sich notfalls zu verteidigen. Jetzt steckte er sie wieder ein und entschied mit reglosem Gesicht: „Ans Kreuz mit dem da! Schade um den wackeren Quintus. Pluto sei ihm gnädig!"
    Nicht ohne Mühe wurde die Ordnung aufs Neue hergestellt. Gesenkte Speere und blanke Schwerter trieben die Sklaven zurück. Achselzuckend drehte sich Servius Älius um und ging grußlos davon.
    Auch Quartus entfernte sich, nachdem sein Anteil weggebracht worden war. Mochten jetzt die Legionäre ihr Eigentum aufteilen, wie sie wollten; ihm war es gleich.
    Die Legionäre schimpften lauthals; zu gut wußten sie, daß die meisten Sklaven kaum etwas einbrachten. Männer und auch - wie man gern sagte - ansehnliche Frauen standen hoch im Kurs. Davon aber fanden sich in der
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