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Das Grab der Legionen

Das Grab der Legionen

Titel: Das Grab der Legionen
Autoren: Rolf Krohn
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anderen Schmarotzer.
    Der Senatsbeauftragte nestelte die silberne Spange von seinem Gewand, manipulierte daran herum und entnahm ihr ein Kügelchen, das er zerbiß. Mit einem unterdrückten, eigentümlich verkrampften Schrei sank er zusammen.
    Der Quästor wandte sich betreten ab. Alle widerten sie ihn an - der Spion nicht minder als seine Gefährten, und der Konsul erst recht! Römer? Schurken!
    Crispus beugte sich über den Liegenden und schaute in dessen starre Augen. Ein Geruch nach bitteren Mandeln stieg auf.
    „So weit, so gut", sagte ein Centurio. „Aber das Leben dieses Kerls war nur ein Teil der Forderungen... Willst du die Legionen entwaffnen lassen, Herr?"
    „Wir haben keine Wahl!"
    „Und wer ist Geisel, Konsul?”
    Der Senator blickte in die Runde. Niemand wagte, ihm in die Augen zu sehen. Das war auch unnötig, er spürte ihrer aller Angst in sich selbst. Wer? Mochten die Götter ihm raten... „Das Los wird entscheiden!" erwiderte er knapp.
    „Nein, du kannst nicht bei uns bleiben, Quästor", verkündete Avaros. „Du nämlich wirst in Rom ehrlich zu deinem Wort stehen, du vielleicht allein... Wählt als Geisel, wen ihr wollt, aber weder dich noch den Konsul selbst."
    Gracchus wußte sofort, von wem diese Einschätzung stammte. Weit entfernt, dafür dankbar zu sein, schaute er zu Flaccus. Doch der blickte ziellos ins Weite, wechselte hin und wieder ein leises Wort mit Eladu.
    „Sobald zwei wichtige Beamte oder hohe Offiziere ausgewählt sind, kann die Auslieferung der Waffen beginnen. Die Ordnung der Legionen mag sich dabei bewähren. Morgen früh werden wir die Kapitulations- und die Unabhängigkeitsurkunde aufsetzen", fuhr Avaros fort. „Bis auf Kleidung und Mundvorrat bleibt alles hier." Titus trat zu ihm, flüsterte dem Iberer etwas ins Ohr. „Gut, du hast recht. Selbstredend dürft ihr die Senatoren- und Ritterringe mitnehmen. Arevaken sind keine Räuber!"
    Für eine Weile erwog der Quästor, den abtrünnigen Flaccus in ein Gespräch zu ziehen. Natürlich war es sinnlos, ihm sein Bedauern für jenen Mord auszusprechen. Was nützte das noch? Immerhin mochte der ehemalige Centurio an der Großmut der Iberer Anteil haben. Er, Tiberius Gracchus, nahm sich vor, Aufrichtigkeit gegen Aufrichtigkeit zu setzen. Das wäre auch im Sinne des alten Flaccus gewesen und es war altrömisch, wenn auch keineswegs Scipio gemäß. Manches in Rom mußte unbedingt anders werden, oder das Reich barst in tausend Scherben. Die Niederlage war ein böses Omen. Zwei Legionen von Barbaren besiegt und wie durch ein Wunder nicht ausgelöscht...
    „Sie werden uns trotzdem betrügen, ich bin sicher. Oder glaubst du, unsere Gesandten kehren mit dem ratifizierten Vertrag zurück?" sagte Titus zu Eladu.
    „Ich bin doch kein Narr, daß ich das annehme!" murrte der.
    Titus antwortete ihm nicht. Er kannte Rom und hatte daher auf der Auslieferung der Waffen bestanden. Die Ballisten würden Numantia und die anderen Orte vor weiteren Stürmen schützen - ein für allemal. - Das Wort des Konsuls? Kein Wort galt länger als die Minute, in der es gesprochen wurde.
    Rega und die beiden Töchter würden noch viele Male Feinde vor Malegas Mauern sehen. Doch seit der römischen Niederlage am Duro und seit dem heutigen Tage galt auch etwas anderes: Die Arevaken vermochten die Legionen zu besiegen! Notfalls würden sie es wieder und wieder tun, und den Anzeichen nach hatten sie überall in der Römischen Republik Freunde. In Roms Gebälk knisterte es.
    Vielleicht können unsere Kinder ungehindert nach Rom fahren, und niemand beschimpft sie als Verräter. Aber dazu muß sich vieles ändern, zuviel vielleicht, als daß es möglich wäre. Aber ändert es sich nicht, dann wird Rom eines Tages schrecklich zugrunde gehen.
    Er folgte den anderen Abgesandten und verließ das rote Zelt.
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