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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago
Autoren: Gisbert Haefs
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Bomilkar hatte sie kurz nach seiner Versetzung aus Iberien kennengelernt; inzwischen war die Tochter sechzehn und lebte ein paar Straßen weiter westlich, wo sie bei einer reichen Familie hellenischer Metöken im Haushalt und als Kindererzieherin arbeitete. Der vierzehnjährige Sohn zog als Tierpfleger und Treiber mit einem punischen Händler, dessen Karawanen regelmäßig zwischen Qart Hadasht und Ägypten unterwegs waren.
    Aspasias Wohnung lag im dritten Stock eines fünfgeschossigen Gebäudes, Teil eines Blocks, der nach Norden an die Große Straße grenzte, die vom Hafen zum Tynes-Tor führte. Um den Innenraum des Gevierts liefen hölzerne Wandelgänge, zu denen sich die Wohnungen öffneten, und an jeder der vier Seiten stieg eine Treppe vom Hof bis hinauf zum Dach. Aspasia verschloß die schweren Holzläden des Eingangs; als sie vor Bomilkar treppab ging, bemerkte er im hellen Morgenlicht, daß die grauen Flecken im kurzen schwarzen Haar geheckt haben mußten und Nachwuchs gezeugt hatten.
    Im Hof, in dem es Gemeinschaftsbäder, Gärten, Ställe für kleine Tiere und zahlreiche Schuppen und Werkstätten gab, hielt er Aspasia fest, drehte sie mit sanfter Gewalt so, daß er in ihre Augen sehen konnte, und sagte halblaut:
    »Mich befällt der Drang, ein Versäumnis gutzumachen.« Sie lächelte schräg. »Welches der zahlreichen? Ist dir noch ein neuer, feiner Name für Körperteile eingefallen?«
    »Diesem unserem liebsten Spiel habe ich nichts hinzuzufügen. Aber ich habe in der Nacht an dir dies und jenes genossen und beides sowie andere Dinge gepriesen.« Er küßte ihre Augen. »Erst jetzt komme ich dazu, dir zu sagen, daß ich auch die Spuren liebe, die die für Zeit zuständigen Götter um deine Augen hinterlassen haben.«

    Sie fuhr mit der Rechten in den Ausschnitt seines kitun , legte die flache Hand auf seine Brust und schob ihn von sich. »Das vertreibt die Falten zwar nicht, macht mir aber das Altern erträglicher. O honigzüngiger Knabe – denk an meine Warnungen. Und laß mich gehen; ich muß arbeiten.«
    Sie traten durch den gewölbten Gang auf die Straße der Stempelschneider, bogen nach rechts ab und kamen nach wenigen Dutzend Schritten zur Großen Straße. Bomilkar wartete, bis Aspasia die schweren Ketten von den Läden entfernt und den Halbkeller geöffnet hatte, der Werkstatt und Verkaufsraum zugleich war. Aus der Garküche nebenan stank es nach gestrigem Fisch und vorgestrigem Bratöl.
    »Mögen die grünen Götzen der Gedeihlichkeit mit dir sein, Schönste der Schönen«, sagte er.
    Aspasia wandte sich um und schaute zu ihm und zur Straße hinauf. »Immer wenn du so redest, hast du etwas zu verbergen. Zum Beispiel den Unwillen, zuzugeben, daß die Warnungen berechtigt sind.«
    Er ächzte übertrieben. »Was könnte ich vor dem Scharfblick verbergen, der dich so unausstehlich macht? Wir sehen uns.« Er hob die Hand, lächelte und ging.
    In der Gasse der Lastträger, die von einer der Straßen zum Hafen abzweigte, fand er Duush und Zililsan bei der Arbeit. Die Werkstatt mit Innenhof, wo Karren gebaut und ausgebessert wurden, war wie üblich voller Gerümpel. Duush lockerte eben Bogeneisen, um den hölzernen Viertelkreis zu prüfen, der bald Teil eines Rades sein sollte. Der Numider blickte grinsend auf.
    »Ah, der Häuptling ist da. Wie schön; nun können wir sagen, der Tag habe begonnen.«
    Zililsan legte den weißen Weichstein weg, mit dem er auf einer Holzplatte herumgekritzelt hatte. Er warf einen Blick in den Hof; außer den drei anderen Arbeitern, die zu diesem Tarnunternehmen gehörten, war niemand zu sehen.
    »Schnell die wichtigen Dinge«, sagte er. »Die Römer sind heute früh ausgelaufen, mit der Leiche. Die beiden, die in
der Stadt waren, haben die üblichen Leute besucht; vorsichtig, wie sich’s gehört.« Er nannte drei Namen: Männer, die als römische Spitzel bekannt waren.
    »Nichts Neues also. Und sonst?«
    »Unsere Freundin aus der Schänke…«
    »Vor allem deine.« Duush klang halb gehässig, halb neidisch. »Du riechst nach ihr. Waschen wäre nicht schlecht.«
    »Neider haben scharfe Nasen. Bah.« Zililsan wischte sich ein Grinsen aus dem Gesicht. »Maqusa sagt, nachdem du mit dem Römer verschwunden warst, ist jemand furchtbar unauffällig dagewesen, hat nach euch gefragt wie nach lieben alten Freunden und ist wohl noch Richtung Gästehaus geschlurft.«
    »Hat sie ihn beschrieben?«
    »Ein Mann mit kräftigen Muskeln. Narbe an der Wade.«
    Bomilkar nickte. »Der hat
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